Dienstag 14 April 2020, 11:26

Deutschland gewinnt Klassiker gegen England

  • 27. Juni 2010: Deutschland - England (4:1)

  • Deutschland sorgte für die höchste WM-Niederlage der Three Lions

  • DFB-Auswahl holt am Ende Bronze

Deutschland zog mit einem Paukenschlag ins Viertelfinale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ ein. Die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw bezwang vor 40.510 Zuschauern im Free-State-Stadion von Mangaung/Bloemfontein die Engländer mit 4:1 und sorgte damit für die höchste Niederlage der Three Lions in der WM-Geschichte.

Spielinfo

Deutschland – England 4:1 27. Juni 2010 Free State Stadium, Mangaung/Bloemfontein (Südafrika)

Torschützen: 1:0 Miroslav Klose (19. Minute), 2:0 Lukas Podolski (31.), 2:1 Matthew Upson (36.), 3:1, 4:1 Thomas Müller (66.,69.)

Aufstellungen:

  • Deutschland: Manuel Neuer – Philipp Lahm (C), Arne Friedrich, Per Mertesacker, Jérôme Boateng – Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira – Thomas Müller (72. Piotr Trochowski), Mesut Özil (83. Stefan Kießling), Lukas Podolski – Miroslav Klose (72. Mario Gómez)

  • England: David James – Glen Johnson (87. Shaun Wright-Phillips), John Terry, Matthew Upson, Ashley Cole – Frank Lampard, Gareth Barry – James Milner (64. Joe Cole), Steven Gerrard (C) – Jermain Defoe (71. Emile Heskey), Wayne Rooney

Hintergrund

Das direkte Aufeinandertreffen dieser beiden Fussballnationen war und ist stets ein Garant für Hochspannung und Emotionen pur, auch wenn beide Teams in Südafrika in der Gruppenphase wechselhafte Leistungen zeigten. Die Engländer (für die bis zum Duell zwei Tore sowie ein Sieg und zwei Unentschieden zu Buche standen) glaubten immer noch fest an ihren Favoritenstatus bei diesem Turnier. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, mussten sie sich aber unbedingt noch steigern, vor allem was den Spielfluss und die Chancenverwertung anbelangt.

Die DFB-Auswahl erlebte in der Vorrunde eine Art Wechselbad der Gefühle. Dem glanzvollen 4:0-Auftaktsieg über Australien folgte eine weitaus weniger überzeugende Vorstellung gegen Serbien (0:1), bevor man sich mit einem knappen 1:0-Erfolg gegen Ghana den Einzug in die nächste Runde sichern konnte. Dennoch erwies sich die jüngste deutsche Nationalmannschaft, die seit 76 Jahren bei einer FIFA WM am Start war, in Südafrika 2010 als würdiger Nachfolger ihrer erfolgreichen Vorgänger.

Spielverlauf

Der ewige Klassiker war in den Anfangsminuten vom gegenseitigem Respekt geprägt. In der 20. Spielminute setzte Torwart Manuel Neuer zu einem weiten Abstoß an und schickte Miroslav Klose auf die Reise. Der Torjäger lief alleine vor James auf und hatte keine Mühe, zur Führung einzuschieben. Nach 31 Minuten scheiterte der überragende Klose nach einem feinen Pass von Thomas Müller noch an James, doch eine Minute später machte es Lukas Podolski besser.

Im Wissen, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, reagierten die Engländer: Innenverteidiger Matthew Upson sprang in der 37. Minute infolge einer Flanke von Steven Gerrard höher als die gesamte deutsche Abwehr und köpfte wuchtig zum Anschlusstreffer ein. Die englischen Hoffnungen auf einen Sieg gegen den Erzrivalen waren plötzlich wieder allgegenwärtig.

England war dem Ausgleich nun näher als Deutschland seinem dritten Tor, aber die Akteure von Joachim Löw ließen sich nicht einschüchtern. Für den 20 Jahre alten Müller sollten die wohl faszinierendsten Momente seiner noch jungen Karriere kurz darauf Realität sein. 67 Minuten waren gespielt, als er selbst einen Konter einleitete, das Leder dann an seinen Vereinskollegen Schweinsteiger weiterspielte, zum Spurt über das halbe Feld ansetzte und schließlich kurz vor der gegnerischen Strafraumgrenze wieder angespielt wurde, um James keine Chance zu lassen. Nur 180 Sekunden machte Deutschlands Nummer 13 mit seinem Treffer den 4:1-Endstand perfekt.

Der Star

36 Jahre nachdem Gerd Müller bei der FIFA WM 1974 letztmals auf der Fussball-Weltbühne für Furore sorgte, war am Kap der Guten Hoffnung nun Namensvetter Thomas in dessen Fußstapfen getreten. Der damals 20-jährige Jungstar wurde nicht nur mit der Hyundai-Auszeichnung "Bester Junger Spieler" geehrt, sondern holte sich nach Namensvetter Gerd 1970 und Miroslav Klose 2006 den "Goldenen Schuh von adidas" für den besten Torschützen der WM.

"Er hat unglaubliche Qualitäten. Er verkrampft nie, trotz seiner jungen Jahre zeigt er keinen Hauch von Nervosität. Er hat die Fähigkeiten, auch im Strafraum die Chancen eiskalt auszunutzen. Mit welcher Kaltschnäuzigkeit er die Tore macht, ist schon phänomenal", lobte Bundestrainer Joachim Löw seinen Schützling nach der England-Partie.

Zitate

"Deutschland hat ein fantastisches Team und hat den Sieg verdient. Wir fahren nach Hause und müssen analysieren, was schief lief und warum wir nicht weiter gekommen sind. Als Team haben wir heute versagt und sind von einem guten Gegner bezwungen worden. Sie waren vor dem Tor abschlussstark und haben weniger Fehler gemacht als wir. Dafür sind wir bestraft worden." Steven Gerrard (Mannschaftskapitän, England)

"Der Hauptfaktor für unseren Sieg war der Teamgeist. Jeder hat sich für jeden aufgerieben, wir haben gemeinsam an einem Strang gezogen. Das war ausschlaggebend!" Miroslav Klose (1:0-Torschütze, Deutschland)

"Wir sind zufrieden. Wir haben grandios gegen erfahrene Engländer gespielt. Das hat schon Spaß gemacht, da zuzuschauen. Heute haben wir mit viel Überzeugung gespielt, mit viel Mut. Die ersten zwei Tore haben uns gut getan. In der Halbzeit haben wir gesagt, dass wir auf jeden Fall auf das dritte Tor spielen müssen. Wir wussten, dass die Engländer aufmachen müssen und wir unsere Chancen bekommen. In der 2. Halbzeit haben wir eiskalt zurückgeschlagen." Löw

"Wir haben gut gespielt, Deutschland ist eine der größten Mannschaften hier. Wir haben einige Fehler gemacht, die haben sie mit Kontern ausgenutzt. Die kleinen Dinge entscheiden immer über die Ergebnisse. Nach dem dritten Gegentor waren wir etwas niedergeschlagen. Der Fehler war, nach eigenem Freistoß den Konter zum Tor zu bekommen." Fabio Capello (Trainer, England)

Und danach?

Die DFB-Auswahl zeigte auch in der Runde der letzten Acht gegen das von Diego Maradona trainierte Argentinien eine herausragende Leistung (4:0), ehe gegen den späteren Weltmeister aus Spanien das Aus im Halbfinale folgte (0:1). Am Ende stand Platz drei dank eines 3:2-Sieges gegen Uruguay im Spiel um Bronze. Vier Jahre später allerdings holte sich die Löw-Elf um Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm den verdienten WM-Titel. Die Three Lions schieden in Brasilien 2014 erstmals in der WM-Geschichte in der Gruppenphase aus.