Samstag 04 April 2020, 08:00

#WorldCupAtHome: Argentinien feiert gelungene Revanche

  • #WorldCupAtHome: Klassiker Brasilien – Argentinien

  • Achtelfinalpartie der FIFA Fussball-WM Italien™

  • Wann? Samstag, 4. April, ab 18 Uhr

In der Achtelfinalrunde der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Italien 1990™ ragte der Superclasico zwischen den südamerikanischen Nachbarn und Erzrivalen Brasilien und Argentinien besonders heraus. Die Argentinier waren als Titelverteidiger des Turniers von 1986 in Mexiko nach Italien gereist und fest entschlossen, mit dem damaligen Rekordweltmeister Brasilien (drei Titel) gleichzuziehen. Es entwickelte sich ein intensives Derby zwischen den beiden Teams. Die Brasilianer dominierten die Partie von Beginn an, doch die Argentinier hielten dem Druck stand und gingen dann zehn Minuten vor Schluss sogar in Führung, als Maradona den Ball bei einem Vorstoß mit einem genialen Zuspiel zu Caniggia brachte, der den einzigen Treffer der Partie erzielte und die Albiceleste damit ins Viertelfinale beförderte.

Spielinfo

Brasilien – Argentinien 0:1

24. Juni 1990 | Turin, Stadio delle Alpi (ITA)

Torschütze: Claudio Caniggia (81.)

Aufstellungen:

  • Brasilien: Claudio Taffarel, Ricardo Gomes ©, Ricardo Rocha, Jorginho, Branco, Dunga, Mauro Galvao (85. Renato Gaucho), Alemao (83. Silas), Valdo, Muller, Careca

  • Argentinien: Sergio Goycochea, Oscar Ruggeri, Juan Simon, Julio Olarticoechea, Pedro Monzon, Jose Basualdo, Ricardo Giusti, Pedro Troglio (61. Gabriel Calderon), Jorge Burruchaga, Claudio Caniggia, Diego Maradona

Hintergrund

Argentinien und der legendäre Diego Maradona hatten seit acht Jahren auf dieses Gelegenheit gewartet. Bei der FIFA Fussball-WM Spanien 1982™ war Maradona im Duell gegen Brasilien des Feldes verwiesen worden und sein Team hatte die zweite Niederlage in drei WM-Spielen gegen Brasilien kassiert. Nun gelang der Albiceleste ein Sieg, den manche für ebenso bedeutsam hielten wie die zwei bisherigen WM-Titel. Selbst auf ihren Reisen ins Nachbarland zur WM 2014 besangen die argentinischen Fans diese Partie noch und erinnerten die Brasilianer an die bittere Niederlage und den Anteil Maradonas.

Von den Kadern der Teams von 1982 waren indes nur noch zwei Spieler übrig, nämlich Maradona und Gabriel Calderon. Der legendäre Argentinier nutzte somit die einzigartige Gelegenheit optimal für seine auch ganz persönliche Revanche. Vier Jahre zuvor hatte Maradona Argentinien in Mexiko zum Titel geführt und dabei unvergessliche Leistungen gezeigt.

  • Das brasilianische Starensemble war wie üblich als einer der Favoriten zum Turnier 1990 angereist. Die Brasilianer gewannen alle drei Gruppenspiele, während Argentinien sich nach einer Niederlage zum Auftakt gegen Kamerun, einem Sieg gegen die Sowjetunion und einem Remis gegen Rumänien nur als einer der besten Gruppendritten für die nächste Runde qualifizierte.

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Spielverlauf

Brasilianische Dominanz: Wie erwartet nahm Brasilien von Beginn an das Heft in die Hand. Careca prüfte Goycochea gleich in der Anfangsphase ein erstes Mal. Die Brasilianer hielten den Druck weiter hoch und spielten eine Chance nach der anderen heraus. Rocha konnte eine Großchance nicht nutzen und Dunga setzte nach Flanke von Branco einen Kopfball nur an den Pfosten. Die Argentinier konnten sich kaum einmal befreien und verloren immer wieder den Ball. Zudem gab es bei jeder Ballberührung Maradonas Buhrufe, die der damalige Star des SSC Neapel im Stadion des Rivalen Juventus Turin allerdings erwartet hatte. Außerdem wurde Maradona von den Brasilianern sofort angegriffen. Nicht selten wurde er umgerempelt oder verlor den Ball. Eine der seltenen Chancen war ein Kopfball Ruggeris, der allerdings das Ziel verfehlte.

Stille bei Bilardo: Nach dem Pausenpfiff machten sich die Argentinier auf den Weg in die Umkleide. Hier warteten die Spieler auf Anweisungen von Bilardo, doch zum Erstaunen der Spieler sagte der Trainer in den 15 Minuten nicht ein Wort. Erst auf dem Weg zurück aufs Feld sagte er: "Jungs, wenn ihr weiter so spielt und den Ball immer verliert, werden wir definitiv verlieren."

Deutliche Steigerung: Bilardos Ansage war ebenso einfach wie klar und tatsächlich spielten die Argentinier im zweiten Durchgang besser. Zwar dominierte Brasilien auch weiterhin die Partie, doch das Tor von Goycochea stand nicht mehr so sehr unter Druck. Auf der anderen Seite fanden Maradona (durch eine Verletzung an der Ferse gehandicapt) und seine Teamkameraden immer häufiger den Weg in Richtung Taffarel. Burruchaga hatte plötzlich etwas Platz und ließ einen Schuss los, den der Torhüter gerade noch zur Ecke abwehren konnte. Calderon kam dem Ausgleich ebenfalls nahe, doch Gomes konnte in letzter Sekunde noch stören.

Spätes Entscheidungstor: In den letzten Minuten überwand Maradona alle Hindernisse, seine Verletzung ebenso wie die Buhrufe der Fans – und er riss die brasilianische Verteidigung auf. Er bekam den Ball im Mittelfeld, ließ seine Gegner Alemao und Dunga ins Leere laufen und setzte zu einem Alleingang an, bei dem er drei Gegenspieler auf sich zog. Alle erwarteten, dass der Linksfuß seinen Sturmlauf aufs Tor fortsetzen würde, doch er spielte mit dem rechten Fuß einen genialen Pass auf Caniggia, der Taffarel aussteigen ließ und das Siegtor erzielte.

Kurz darauf hätte Argentinien sogar noch das 2:0 erzielen können, als Basualdo allein durchbrach, doch Gomes brachte ihn zu Fall und wurde dafür des Feldes verwiesen. Taffarel hielt noch einen direkten Torschuss von Maradona, doch am Ende jubelten die Argentinier über ihren knappen Sieg.

Der Star

Claudio Caniggia war erst ein Jahr nach Argentiniens Titelgewinn in Mexiko 1986 in die Nationalmannschaft gekommen. Bei den Turnierauflagen der Copa América 1987 und 1989 hatte er die hohen Erwartungen nicht erfüllen können. Im Auftaktspiel gegen Kamerun saß er noch auf der Bank, doch in den Partien danach stand er jeweils in der Startformation. In der Partie gegen Brasilien zeigte er seine Brillanz, als er den Laufweg von Maradona erahnte und in den freien Raum lief, wo er den Ball bekam und nur noch Taffarel vor sich hatte. Mit einer enormen Selbstsicherheit spielte er den brasilianischen Schlussmann aus und schoss den Ball dann ins leere Tor. Mit diesem Schuss eroberte Caniggia die Herzen aller Argentinier. Und auch im Halbfinale gegen Italien gelang ihm ein Tor, gegen Walter Zenga, der bis dahin in allen Spielen eine weiße Weste behalten hatte. Durch den Ausgleich gegen Italien gelangten die Südamerikaner ins Elfmeterschießen und zogen ins Finale ein, das Caniggia allerdings wegen seiner Gelbsperre verpasste.

Zitate

Die Brasilianer haben das Spiel über weite Strecken kontrolliert und uns kaum Räume gelassen. Bei meinem Alleingang sah ich den weißen Blitz "Caniggia", und obwohl ich den Ball mit meinem schwächeren rechten Fuß spielen musste, konnte ich ihn durch die Beine von Ricardo Rocha zu Caniggia spielen. Ich lag am Boden und schrie: "Halt drauf, halt drauf!", aber das machte er nicht. Er machte zuerst eine kleine Bewegung nach rechts, dann nach links und umspielte den Torhüter. Dann erst schoss er den Ball ins Tor. Dank ihm haben wir gesiegt." Diego Maradona

Und danach?

Nachdem die Argentinier in der Gruppenphase noch deutliche Schwächen gezeigt hatten, glaubte kaum jemand daran, dass sie gegen die Brasilianer bestehen würden – doch der Sieg über die Seleção änderte alles. Inspiriert durch diesen historischen Erfolg setzte sich die Albiceleste auch gegen Jugoslawien und Italien durch (in beiden Fällen im Elfmeterschießen) und erreichte das Finale gegen Deutschland. Hier allerdings ließ Andreas Brehme mit seinem verwandelten Elfmeter kurz vor Schluss den Traum der Argentinier von einem dritten Weltmeistertitel zerplatzen.