Samstag 22 August 2020, 09:50

Vom Wrestling-Champion zum Fussball-Idol

  • Norjmoo Tsedenbal, der Kapitän der Mongolei, erzielte das weltweit erste Tor in der WM-Qualifikation für Katar 2022

  • Er führte das Team erstmals in die zweite Runde

  • Der Freistoß-Spezialist dürfte schon bald Rekordtorschütze seines Landes werden

Hätte er nicht seine große Leidenschaft für den Fussball entdeckt, hätte sich Norjmoo Tsedenbal wohl in einer anderen Sportart einen Namen gemacht. Denn schon als kleiner Junge zeigte er enormes Talent in den traditionellen mongolischen Sportarten Ringen, Bogenschießen und Pferderennen.

"Alle Mongolen lieben diese Sportarten", so der heute 31-jährige Kapitän der mongolischen Nationalmannschaft gegenüber FIFA.com. "Den Kindern in der Mongolei wird das Ringen sozusagen in die Wiege gelegt. Das war bei mir nicht anders."

Tsedenbal gehörte zu den Besten in diesen traditionellen Sportarten und gewann bei Schulmeisterschaften mehrere Titel im Ringen und Pferderennen. Als die Mongolei dann 1998 dem asiatischen Kontinentalverband AFC und der FIFA beitrat und der Fussball stärker in den Mittelpunkt rückte, entdeckte Tsedenbal seine Liebe zum runden Leder.

Auch hier machte er schnell enorme Fortschritte. Schon im High-School-Team zeigte er beeindruckende Leistungen und so wurde er 2009 für die Qualifikation zur Ostasien-Meisterschaft erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Seitdem hat er 30 Länderspiele bestritten und sieben Treffer erzielt.

Ein historischer Treffer

Mittlerweile hat sich Tsedenbal fest als Fussball-Legende etabliert und liegt nur noch einen Treffer hinter dem Rekordtorschützen der Mongolei, Lumbengarav Donorov. Besonders beeindruckend wirkt seine Ausbeute, weil er drei seiner Tore in der Qualifikation für die FIFA Fussball-WM Katar 2022™ erzielte, in der die Mongolei Geschichte schrieb.

Das Team startete mit Tsedenbal als Kapitän in die Qualifikation, nachdem der damalige deutsche Trainer Michael Weiss ihm am letzten Tag eines Trainingslagers in Thailand die Armbinde überreicht hatte. Er zahlte das Vertrauen des Trainers umgehend zurück: Tsedenbal trug zwei Tore zum 3:2-Gesamtsieg gegen Brunei Darussalam bei, mit dem die Mongolei erstmals in die zweite Qualifikationsrunde einzog.

Sein erster Treffer war ein gefühlvoll verwandelter Freistoß im Hinspiel, mit dem er sein Team auf den Weg zum 2:0-Heimsieg brachte. Da es sich um das weltweit erste WM-Qualifikationsspiel für 2022 handelte, ging Tsedenbal als erster Torschütze auf dem Weg zum Weltturnier in Katar in die Geschichte ein.

Im Rückspiel in Brunei taten sich Tsedenbal und Co. enorm schwer und lagen zur Pause mit 0:2 zurück. Kurz nach dem Wiederanpfiff erhielten die Mongolen einen Elfmeter. Tsedenbal übernahm die Verantwortung und versenkte den Ball, womit er das Weiterkommen seines Teams besiegelte.

"Es war ein großartiges Gefühl, erstmals über die erste Runde der WM-Qualifikation hinauszukommen", so der Kapitän über den denkwürdigen Moment. "Ich bin sicher, unser erstmaliges Weiterkommen wird einen enormen Einfluss auf die Entwicklung des Fussballs in der Mongolei haben. Dieser Erfolg hat den mongolischen Fussball auf ein ganz neues Niveau gehoben", so der Kapitän weiter. "Die Kinder in der Mongolei schauen gewöhnlich Spiele der englischen Premier League oder der spanischen Liga. Doch seit diesem Tag verfolgen sie unsere Spiele, stehen hinter uns und feuern uns an. Die Zahl der Fussballfans wächst sehr schnell."

Neben seinen Pflichten als Kapitän zeigte Tsedenbal auch in der zweiten Runde seine Verlässlichkeit bei Standardsituationen. Er erzielte sein drittes Tor im Wettbewerb per verwandeltem Elfmeter bei der 1:2-Niederlage gegen Tadschikistan. Damit wurde er zum besten Torjäger des Teams, obgleich er als Verteidiger spielt.

"Ich habe die Verantwortung für Standardsituationen übernommen", so Tsedenbal, der als sein fussballerisches Idol David Beckham nennt. "Um einen Freistoß oder Elfmeter erfolgreich ausführen zu können, muss man seine Emotionen unter Kontrolle bekommen. Es besteht natürlich immer Druck, aber ich habe viel Aufwand betrieben und dies intensiv trainiert, damit ich damit umgehen kann."

Ambitionen mit Klub und Nationalteam

Tsedenbals Erfolge auf Klubebene in der Mongolei sind überaus beeindruckend. Zu Beginn seiner Karriere spielte er für den FC Ulaanbaataryn Unaganuud, mit dem er 2009 als Kapitän die mongolische Meisterschaft gewann. Es folgte ein Wechsel zum FC Ulaanbaatar City, wo er ebenfalls die Kapitänsbinde trug und den MFF Cup und den Supercup gewann.

Mittlerweile spielt er für den zwölfmaligen Meister FC Khaan Khuns-Erchim und hat sich auch hier ambitionierte Ziele gesetzt. "Ich werde im September 32 Jahre alt. Ich will meinem Team zum Meistertitel verhelfen, damit wir unser Land im nächsten Jahr beim AFC Cup vertreten können", so Tsedenbal.

Die Mongolei hat noch drei Spiele in der laufenden WM-Qualifikationsrunde zu absolvieren. Tsedenbal hofft, dass dabei ein weiterer internationaler Durchbruch möglich ist. Der Wettbewerb gilt zugleich als Beginn der Qualifikation für den AFC Asien-Pokal 2023 und Tsedenbal peilt in der Gruppe mit Japan, Myanmar, Tadschikistan und Kirgisistan das Weiterkommen an.

"Derzeit liegen wir mit drei Punkten auf dem letzten Platz. Aber ich hoffe, dass uns noch ein paar gute Resultate gelingen, so dass wir am Ende den vierten Platz belegen und damit in die nächste Runde der Qualifikation für den AFC Asien-Pokal einziehen."

"In den letzten Jahren hat der Fussball in der Mongolei enorme Fortschritte gemacht. In meiner Kindheit konnten wir nur auf staubigen Bolzplätzen spielen, aber heute haben wir Kunstrasenplätze. Der mongolische Fussballverband hat das Spiel sehr gut weiter entwickelt und Fussball wird immer beliebter. Eine neue, vielversprechende Generation rückt nach und ich denke, dass der Fussball eines Tages den gleichen Status haben wird wie die traditionellen mongolischen Sportarten."