Mittwoch 04 Juli 2018, 03:43

Southgates England vertreibt die Elfmeterdämonen

  • England gewinnt erstes Elfmeterschießen bei einer WM

  • Gareth Southgate hofft, dass dieses Ergebnis zukünftige Nationalspieler inspirieren kann

  • Seine eigenen "Elfmeter-Dämonen" lassen sich nicht vertreiben

Von Laure James, Teamreporterin England


Gareth Southgates Spieler haben einen seit langem bestehenden Mythos widerlegt: England kann bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ kein Elfmeterschießen gewinnen. Abgekämpft und mit zahlreichen Blessuren, aber dennoch in Hochstimmung feierten die Spieler ausgelassen mit den Fans im Spartak-Stadion. Schließlich hatten sie gerade vom Elfmeterpunkt aus den Einzug ins Viertelfinale perfekt gemacht und damit ein Trauma beendet, das so viele Engländer vor ihnen belastet hatte.

Geplant war die Sache allerdings anders: Southgate hatte seine Spieler instruiert, das Spiel innerhalb von 90 Minuten über die Bühne zu bringen, doch nach Yerry Minas spätem Ausgleichstreffer machten sich Zweifel breit. Viele Fans machten sich bereits auf das Unvermeidliche gefasst und schrieben in den sozialen Medien: "Wir wissen alle, wie das enden wird." Und dann durften sie erleben, wie dieses neue England der Geschichte die Wende gab.

Wir wollten wissen, ob es am Ende gut war, die Führung aus der Hand zu geben, um den legendären Elfmeterfluch zu brechen.

"Ich glaube für das Selbstbewusstsein dieser Mannschaft und zukünftiger englischer Nationalmannschaften war es ein wirklich wichtiger Moment", so Southgate. "Dabei geht es nicht nur darum, dass wir das Elfmeterschießen gewonnen haben, sondern dass wir es am Ende der Partie enorm schwer hatten in einem Stadion, in dem fünfmal so viele gegnerische Fans vertreten waren wie eigene. Unsere Fans waren fantastisch, aber aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit hat es sich angefühlt wie ein Auswärtsspiel. Wir haben mit den Spielern darüber gesprochen, dass sie ihre eigene Geschichte schreiben sollen. Dieses Spiel wird in die Annalen eingehen. Die Spieler haben gesehen, dass sie nicht an alte Muster anknüpfen müssen. Daher war es ein toller Abend für alle im Team."

Das Elfmeterschießen selbst war Spannung pur. Kieran Trippier, der wieder eine starke Leistung bot, ließ sich nicht davon aus dem Konzept bringen, dass Jordan Hendersons Elfer kurz zuvor gehalten worden war und verwandelte sicher. Am Ende jagte Eric Dier die Kugel nach einem Anlauf im Trippelschritt an David Ospina vorbei in die Maschen und machte damit den Sieg perfekt. Jordan Pickford wird von den England-Fans sicher noch lange besungen werden. Die Glanzparade, mit der er Mateus Uribes Schuss im Spiel hielt, wurde auch von Southgate in den höchsten Tönen gelobt.

"Das war eine Spitzenparade", so der Trainer. "Er hat eine enorme Präsenz im Tor. Er hat unseren Plan im Elfmeterschießen perfekt umgesetzt. Wir hatten ihre Schützen analysiert, und ich rechne es meinen Mitarbeitern und ihm hoch an, dass sie diese Informationen aufgenommen und richtig aufbereitet haben."

Seine eigenen "Elfmeter-Dämonen" wird Southgate jedoch so schnell nicht los. Bei der UEFA EURO 1996 hatte er einen Elfer gegen Deutschland vergeben, und die Erinnerung kam jetzt wieder hoch, nachdem England sich in Gruppe G für das Achtelfinale qualifiziert hatte. England kann mit einer Gewohnheit brechen, doch die Geschichte lässt sich nicht mehr umschreiben.

"Leider werde ich das wohl nie los werden", räumt er ein. "Das werde ich ein Leben lang mit mir herumschleppen. Aber heute ist ein ganz besonderer Moment für dieses Team. Er wird hoffentlich auch zukünftigen Generationen Selbstvertrauen geben."