Dienstag 23 März 2021, 02:28

Rodríguez: "Werden für Rückkehr auf die Weltbühne kämpfen"

  • Traum vom Profifussball und WM-Teilnahme in Russland mit 20

  • "Das ganze Land hat mitgefiebert. Das war unsere erste WM"

  • Ziele: Mit Panama an der WM 2022 in Katar teilnehmen und in Spanien glänzen

José Luis Rodríguez hat schon von klein auf davon geträumt, Fussballer zu werden. Er hatte sein Ziel laut eigenen Angaben schon immer klar vor Ausgen. Rodríguez wuchs in einem gefährlichen Stadtviertel von Panama auf, doch das tat seinem Ehrgeiz keinen Abbruch: "In meinem Viertel spielten alle gern Fussball." So begann die Geschichte eines Spielers, den in seinem Heimatland mittlerweile jeder kennt.

Im Alter von 16 Jahren gab er in Panama sein Profidebüt. Wenig später wurde er anlässlich eines Concacaf-Turniers ins Nationalteam des Landes berufen. Damit war der Anfang gemacht, wobei seine Mutter alles andere als glücklich über die Entwicklung war: "Sie warf mir vor, dass ich die Schule vernachlässigen würde, und erklärte, ich müsse eine Entscheidung treffen", so der Spieler im Exklusiv-Interview mit FIFA.com.

Seine Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten: Er schaffte den Sprung nach Europa, vertrat sein Land bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018™ und eroberte sich schnell einen Platz im Herzen seiner Landsleute.

Es geschah im dritten Gruppenspiel gegen Tunesien. Beim Spielstand von 0:0 wurde sein Schuss von einem Gegenspieler abgefälscht, und der Ball landete zum 1:0 im Tor. Damit ging Panama zum ersten Mal in einem WM-Spiel in Führung. Rodríguez feierte den Treffer frenetisch, und mit ihm das ganze Land: "Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Als ich sah, dass der Ball ins Tor ging, bin ich einfach losgelaufen. Ich war zufrieden und habe mein Glück herausgeschrien. Mein Teamkameraden kamen auf mich zu und sagten: 'Auf geht's, wir können es schaffen.'"

Der Treffer wurde zwar als Eigentor des Tunesiers Yassine Meriah gewertet, doch der 22-jährige Linksfuß sieht sich selbst als Torschützen: "Ich habe immer gesagt, dass das mein Tor war. Wenn ich nicht aufs Tor geschossen hätte, wäre der Ball nicht vom Gegner abgefälscht worden und es hätte kein Tor gegeben. So sieht das auch ganz Panama."

Diese WM und das Tor waren das Sprungbrett für den Außenstürmer, für den es seither steil bergauf geht. Zunächst wechselte er in die zweite Mannschaft von KAA Gent, später öffnete sich das Tor nach Spanien. Deportivo Alavés hatte Interesse an ihm und nahm ihn unter Vertrag. Damit ging für ihn ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Er nahm sich vor, zu kämpfen, um seinen Traum zu verwirklichen, in Europa weit zu kommen und mit der Nationalmannschaft seines Landes neue Höhenflüge zu erreichen.

Doch es war kompliziert. Schließlich ist es für einen Jugendlichen von 18 Jahren nie leicht, sein Land, seine Familie und seine Freunde zu verlassen und auf der anderen Seite des großen Teichs ein neues Leben zu beginnen. "Das ist mir sehr schwer gefallen. Ich war es gewohnt, bei meiner Mutter zu leben und war noch nie zuvor von ihr getrennt gewesen. Das erste Jahr war wirklich hart. Ich habe oft an meine Freunde und meine Familie gedacht. Ich hatte einen Sohn, und es hat mich sehr belastet, dass ich ihn nicht sehen konnte."

Doch in diesen schwierigen Momenten diente ihm sein großes Ziel immer wieder als Motivation. "Ich wusste genau, was ich in meinem Leben erreichen wollte. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder, ich kehrte in mein Stadtviertel in Panama zurück und würde denselben Weg einschlagen wie einige meiner Kumpels. Das war kein guter Weg. Oder ich würde für meinen Traum kämpfen, Fussballer werden und so weit kommen wie irgend möglich."

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2019 gelang ihm der Sprung nach Spanien, und Rodríguez findet nur positive Worte. "Nach der WM war die Chance bei Alavés ein Hauptgewinn. In der zweiten Mannschaft lief es für mich sehr gut: Als ich ankam, spielten wir in der Tercera División , und dann sind wir in die Segunda B aufgestiegen. Viele Leute haben mich spielen sehen und sich sehr positiv über mich geäußert, und der Klub war sehr zufrieden."

So wurde in dieser Saison der Weg für eine Leihe an den Zweitligisten CD Lugo geebnet: "Das war bis jetzt die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Ich bin zufrieden, weil ich mittlerweile ein wichtiger Spieler im Team geworden bin", erklärt er.

Doch sein Ehrgeiz ist damit noch längst nicht befriedigt: "Nächstes Jahr will ich in der ersten Liga spielen und mich dort durchsetzen, hoffentlich bei Alavés", meint er mit Blick auf das Team, bei dem er unter Vertrag steht und für das er im Juli vergangenen Jahres gegen Real Madrid sein Debüt gab.

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Die Erfahrung in Europa war auch mit Blick auf Panamas Nationalteam, mit dem er diese Woche in die WM-Qualifikation startet, extrem wertvoll. "Die ersten Spiele werden schwer werden. Wir müssen den Einzug in die zweite Runde schaffen und dann schauen, dass wir uns für die Finalrunde qualifizieren. Das Team ist hoch motiviert und wird alles geben."

Panama startet in Gruppe D der Concacaf-Qualifikation mit den Partien gegen Barbados (am 25.) und Dominica (am 28.). Beide Spiele finden in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik statt. "Ich hätte natürlich gern im eigenen Land gespielt", meint er, hält diese Lösung angesichts der Pandemie aber für die vernünftigste.

Er weiß genau, dass die Gegner es seinem Team nicht leicht machen werden. Seine Analyse fällt folgendermaßen aus: "Ich war in letzter Zeit nicht beim Nationalteam und konnte keine Spiele verfolgen. Nach unserer Ankunft wird der Trainer uns Videos zeigen, und wir werden die Gegner etwas besser kennenlernen. Sie werden genauso wie wir auf Sieg spielen."

Dank der Erfahrung, die er in den letzten Jahren sammeln konnte, hat seine Stimme in der Kabine der Canaleros Gewicht. Das merkt man, wenn er von den Zielen spricht: "Wir können nicht mehr nur spielen, um dabei zu sein. Wir müssen an uns glauben, und wenn sich die Chance bietet, auf die Weltbühne zurückzukehren, werden wir kämpfen. Sollte uns die Rückkehr gelingen, wollen wir versuchen, mindestens ein Spiel zu gewinnen."

Rodríguez und die Menschen in seinem Land denken noch immer gern an die WM in Russland zurück: "Das ist eine sehr schöne Erfahrung, mit der ein Traum wahr geworden ist. Das ganze Land hat mitgefiebert. Für mich war das ein unglaublich tolles Erlebnis. Bei einer WM dabei zu sein – als Stammspieler. Ich weiß noch, wie wir in das volle Stadion eingelaufen sind, die Nationalhymne gehört haben ... da gingen mir viele Dinge durch den Kopf."

Im nächsten Schritt geht es jetzt darum, in das Langstreckenrennen der WM-Qualifikation zu starten, um an diese schönen Erlebnisse anknüpfen zu können.

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José Luis Rodríguez im Kurzporträt

Die Worte seiner Mutter vor dem Wechsel nach Europa: "Sie wollte, dass ich weiter zur Schule gehe und studiere, aber ich habe ihr gesagt, dass ich Fussballer werden möchte und nach Belgien gehen kann. Es war mein Traum, in Europa zu spielen, und ich bat sie, mich zu unterstützen. Das hat sie getan."

Sein Idol: "Cristiano Ronaldo. Ich verfolge ihn schon von klein auf. Ich bewundere seine Arbeitsmoral, er ist mein Vorbild. Ich verfolge sein Leben, seine Entwicklung und die Anstrengungen, die er unternehmen musste und noch immer unternimmt. Diesen Weg versuche ich auch zu gehen."

Was fehlt vom Leben in Panama? "Das Essen meiner Mutter."

Welches Essen? "Reis mit Linsen und Kokos und gegrillte Koteletts"

Gibt es etwas aus Panama, das Sie gern in Spanien hätten? "Irgendetwas? Meine Mutter. Es wäre schön, wenn sie mit mir leben könnte."

Über die Möglichkeit, an Rommel Fernández' [ehemaliger Fussballer, der 1993 verstorben und Namensgeber von Panamas Heimspielstätte ist] Erfolge in Spanien anknüpfen zu können: Das wäre für mich eine große Ehre. Für meine Familie, meine Freunde, mein Stadtviertel und für Panama. Rommel Fernández kam aus demselben Stadtviertel wie ich und ich hoffe, eines Tages seine Statistiken und Erfolge in Spanien erreichen und übertreffen zu können. Er war ein sehr bedeutender Spieler.

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