Dienstag 21 April 2020, 04:11

Olunga will mit seinem Land Geschichte schreiben

  • Michael Olunga ist der erste Kenianer in der J.League

  • Sein Gastspiel bei Kashiwa Reysol ist eine einzige Erfolgsgeschichte

  • Er spricht über Katar 2022 und seinen unglaublichen Achterpack

Wo Michael Olunga auftaucht, purzeln Rekorde. Bei seinem kurzen Gastspiel bei Girona in der ersten spanischen Liga wurde er nicht nur zum ersten Hattrick-Torschützen des Klubs in der höchsten Liga des Landes sondern auch zum ersten Kenianer, dem dies gelang.

et5n2ztw1vjmgwiwfbbs.jpg

"Wer heute in Kenia etwas über die J.League hört, denkt ganz sicher sofort an mich", freut sich Olunga im Gespräch mit FIFA.com. "Das finde ich toll, denn ich will die J.League als Ganzes in Afrika unbedingt bekannter machen. Das wäre sehr gut für die Entwicklung des Fussballs in Japan."

Olunga hat in gut 40 Einsätzen für Kashiwa Reysol beeindruckende 32 Tore erzielt. Welche Erklärung hat er dafür?

"Ich schreibe den Erfolg meiner harten Arbeit zu. Man muss konzentriert bleiben, selbst wenn man meint, dass schon alles verloren ist. Letztlich muss man daran glauben, dass man großartige Dinge erreichen kann. Es gibt viele großartige Spieler auf der Welt. Mit einem gesunden Selbstvertrauen, das ich für die wichtigste Eigenschaft eines Spielers halte, kann man auf dem Platz wahre Wunder vollbringen."

"Ich kam von einem Einsatz im Nationalteam für das letzte Saisonspiel zurück", erinnert er sich. "Natürlich hätte ich nie damit gerechnet, in diesem Spiel acht Tore zu erzielen. Mein Ziel war eigentlich ein Hattrick denn ich lag in der Torschützenliste mit 19 Toren nur auf Platz vier. Mir war klar, dass ich etwas Besonderes leisten musste, denn ein Hattrick ist ja im Fussball nicht unbedingt an der Tagesordnung."

Olungas gute Eingewöhnung in Japan ist seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit seinen Teamkameraden und Trainern zu verdanken, und auch seinem Willen, so viel wie möglich über die Kultur zu erfahren. Und auch bei der Ernährung setzt Olunga auf japanische Spezialitäten. Sein Lieblingsgericht ist Unagi (japanischer Süßwasser-Aal). Er spricht voller Leidenschaft über das Niveau des japanischen Fussballs und schwärmt mit glühenden Worten von der Teilnahme des Teams an der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™, als die Japaner um ein Haar Belgien aus dem Turnier geworfen hätten.

Auf die Fussball-Weltbühne will er es nun mit Kenia schaffen. Die Harambee Stars haben sich noch nie für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ qualifiziert. Wenn die Qualifikation fortgesetzt wird, trifft Kenia in Runde 2 in Gruppe E auf Mali, Uganda und Rwanda.

"Jeder Spieler träumt doch davon, bei einer WM zu spielen", so Olunga. "Schauen wir uns diese Teams einmal an: Uganda und Mali waren beim CAF Afrikanischen Nationen-Pokal 2019 dabei und haben das Achtelfinale erreicht. Wir hingegen sind nach der Gruppenphase ausgeschieden. Wenn man es so betrachtet, sind wir also eines der schwächeren Teams in der Gruppe."

"Doch im Fussball ist vieles in Bewegung. Jedes Team spielt auswärts und zu Hause. In dieser Hinsicht haben alle Teams die gleichen Vorteile und Chancen wie die Gegner. Es geht darum, hart zu arbeiten, den Heimvorteil zu nutzen und Möglichkeiten zu finden, gute Resultate zu holen. Und manchmal braucht man eben auch ein kleines bisschen Glück. Aber man darf nicht vom Glück allein abhängig sein. Wir werden mit vollem Einsatz trainieren und versuchen, gute Ergebnisse zu holen."

Olunga ist recht optimistisch, was die Zukunft der fussballerischen Entwicklung in Kenia angeht.

"Der kenianische Fussball hat sich in den vergangenen Jahren enorm verbessert", so seine Einschätzung. "Die letzte Teilnahme am CAF Afrikanischen Nationen-Pokal (vor 2019) war 2004. Wir haben volle 15 Jahre gebraucht, um es wieder auf die kontinentale Bühne zu schaffen. Die Kluft war zwischenzeitlich sehr groß."

"Es gab eine Umstellung in der Führungsspitze und die neue Leitung versucht jetzt, neue Ideen einzubringen und auch die Trainer besser zu schulen und neue Aspekte umzusetzen. Ich denke, dass die neuen Leute den kenianischen Fussball wirklich umgestaltet haben. Allerdings sind wir noch nicht so weit, wie wir eigentlich 2020 schon sein wollten. Doch wir erkennen positive Entwicklungen. Ich denke, dass wir eine großartige Zukunft haben werden."

bmbt8cwl4mei4klamnrb.jpg

Olunga wuchs als großer Fan und Bewunderer des Niederländers Robin van Persie auf, der wie er ein Linksfuß ist. Vor einigen Wochen, noch zu Beginn der COVID-19-Pandemie, feierte er seinen 26. Geburtstag. Nach einer starken Saison beim kenianischen Klub Gor Mahia wechselte er zum schwedischen Klub Djugardens. Schon dort stellte sich der Erfolg nicht sofort ein, wie auch später in Japan.

"Die ersten sechs Monate in Schweden waren nicht ganz leicht. Ich kam mitten im Winter aus Afrika nach Schweden. Die Temperaturen waren ein echter Schock, und der Kulturschock kam noch hinzu. Außerdem war das Spieltempo in Europa ziemlich hoch. Es gab also eine ganze Reihe von Aspekten, die mir nicht unbedingt zugute kamen. Doch mit solchen Situationen muss man als Spieler eben klarkommen. Man versucht, sich so schnell wie möglich einzugewöhnen, denn es herrscht ein harter Wettbewerb. Nur elf Mann können spielen. Diese Erfahrung hat mich stärker gemacht."

Sein Wechsel nach Japan erforderte eine neuerliche Anpassung, auf die er allerdings besser vorbereitet war. Seine Offenheit der japanischen Kultur gegenüber und seine Erfolge auf dem Platz haben ihn zu einem echten Publikumsliebling bei Kashiwa Reysol gemacht.

"Die Fans von Reysol haben einen Gesang für mich, basierend auf 'Jambo-Hakuna Matata' von Boney M., das ist ein bekanntes Lied in der Suaheli-Sprache",so Olunga. "In Kenia singt man es, um Ausländer willkommen zu heißen. Man singt das Lied für Neuankömmlinge und zeigt ihnen damit, dass Kenia ein friedliches Land ist. Hakuna Matata bedeutet, dass es keine Probleme gibt."

"Als die Fans einen Gesang für mich machten, haben sie wahrscheinlich über Google nach Liedern in Suaheli gesucht und genau dieses gefunden! Als sie es das erste Mal bei einem Spiel gesungen haben, gefiel es mir sehr gut, weil es meine Kultur widerspiegelt. Ich will noch mehr zum Erfolg des Teams beisteuern, denn dieses Lied in der Suaheli-Sprache lässt mich die Kultur spüren. Daher liebe ich diesen Fan-Gesang."

Zurzeit rackert sich Olunga Tag für Tag allein ab und absolviert sein persönliches Trainingsprogramm. Doch er weiß, dass er eines Tages wieder vor seinen Fans spielen wird und sie wieder gemeinsam singen werden.