Sonntag 20 August 2017, 09:31

O'Neill: "Ein Platz bei der WM wäre phänomenal"

  • Nordirland hofft auf erste WM-Teilnahme seit Mexiko 1986

  • Im vergangenen Monat erreichten die Nordiren ihre historisch beste Position in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste

  • Nationaltrainer Michael O’Neill betont die starke Bindung im Team

Kurz vor Michael O’Neills 13. Geburtstag feierte Nordirland den wohl größten Moment seiner WM-Geschichte. Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 1982™ überraschte das kleinste beim Turnier vertretene Land die gesamte Fussballwelt und besiegte Gastgeber Spanien durch einen Treffer von Gerry Armstrong mit 1:0. Die Schützlinge von Billy Bingham schafften danach sogar den Sprung in die zweite Runde, den ihnen niemand zugetraut hatte.

35 Jahre nach Armstrongs Siegtor gegen die Roja hofft Trainer O’Neill, selbst ein Kapitel WM-Geschichte schreiben zu können, indem er Nordirland erstmals seit Mexiko 1986 wieder zu einer WM-Endrunde führt.

"In Nordirland erinnert sich einfach jeder an dieses Spiel gegen Spanien, an das Tor von Gerry und an die Rote Karte gegen Mal ", so O’Neill gegenüber FIFA.com. "Ich erinnere mich noch sehr genau, wie ich beim Spiel völlig gebannt vor dem Fernseher saß und dass die Atmosphäre in Valencia einfach unglaublich war. Ich war unglaublich nervös. Damals hat wohl niemand ernsthaft geglaubt, dass wir Spanien bei der WM schlagen könnten.

"Mich hat sehr beeindruckt, wie entschlossen das Team die Führung verteidigt hat, selbst als sie nur noch zu zehnt waren."

Ähnlich entschlossen, kämpferisch und selbstbewusst wie das nordirische Team bei der WM 1982 in Spanien präsentiert sich nun auch die aktuelle Spielergeneration unter O’Neill. Bei der UEFA EURO 2016 waren die Nordiren erstmals seit 30 Jahren wieder bei einem großen internationalen Turnier dabei, und auch hier übertrafen sie mit dem Einzug ins Achtelfinale die Erwartungen. Und auch in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ zeigen sie bislang sehr solide Leistungen.

Die mit großem Abstand führenden Deutschen noch von der Spitze zu verdrängen dürfte schwierig sein, doch O’Neills Schützlinge peilen den zweiten Platz in Gruppe C an und hoffen, es über die Playoff-Runde nach Russland zu schaffen.

"Es wäre einfach phänomenal, wenn wir dort dabei wären. Aber bis dahin haben wir noch viel Arbeit vor uns. Wenn wir den zweiten Platz schaffen, werden wir uns noch gegen ein sehr gutes Team durchsetzen müssen, um das Ticket nach Russland zu lösen", so O’Neills Einschätzung. "Aber wir sind gut aufgestellt und wir waren im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft dabei, also haben wir wertvolle Turniererfahrung.

Ich denke, wenn wir es nach Russland schaffen, dann wird schon allein unser Teamgeist dafür sorgen, dass wir ein denkwürdiges Turnier erleben."

Aufwärtstrend Die Entwicklung der nordirischen Nationalmannschaft unter O’Neill lässt eine Rückkehr auf die WM-Bühne jedenfalls durchaus realistisch erscheinen. Denn unter dem Trainer, der sein Amt im Februar 2012 antrat, haben sich die Nordiren in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste enorm nach oben gearbeitet. Nach der historisch schlechtesten Platzierung im September 2012 ging es nur noch aufwärts, bis im Juli mit Rang 22 die bislang beste Platzierung aller Zeiten erreicht war.

Damit liegen die Nordiren derzeit vor traditionellen Fussballnationen wie den Niederlanden, Nigeria und der Tschechischen Republik. Eine Verbesserung um mehr als 100 Plätze in der Weltrangliste wäre für jedes Land ein geradezu dramatischer Erfolg. Dies gilt noch mehr für Nordirland mit seinen gerade mal 1,8 Millionen Einwohnern und ohne große Stars.

"Im Moment spielen nur fünf nordirische Nationalspieler in der englischen Premier League. So wenige Spieler in der höchsten englischen Spielklasse hatten wir glaube ich noch nie", meint O’Neill. "Als ich noch aktiv war, lag diese Zahl meist deutlich höher.

"In unserem Kader stehen größtenteils Spieler aus der zweiten englischen Liga (Championship) und der schottischen Premier League. Es spricht sehr für dieses Team und die mannschaftliche Geschlossenheit, dass wir uns unsere aktuelle Position erarbeiten konnten. Wir sind im Vergleich mit einigen Ländern hinter uns nur ein kleines Land mit wenigen Profispielern."

Nordirland mag zwar ein kleines Land sein, doch immer noch ein Riese im Vergleich mit Fussballzwerg San Marino, dem nächsten Gegner in der WM-Qualifikation (1. September). Drei Tage später folgt dann das wichtige Spiel gegen die Tschechische Republik, den härtesten Rivalen im Rennen um den zweiten Platz.

"Wir wissen, dass wir das Spiel gegen San Marino ernst nehmen müssen. Das kann durchaus ein unangenehmer Gegner sein, der uns das Leben ganz sicher nicht leicht machen wird", so O’Neill. "Auswärts gegen San Marino und dann zu Hause gegen die Tschechische Republik – diese zwei Spiele sind ähnlich wie in der EM-Qualifikation, als wir auf die Färöer-Inseln fuhren und anschließend Ungarn zu Gast hatten. Die dabei gemachten Erfahrungen werden uns zugute kommen."

Die Nordiren können sich beim Spiel in San Marino ebenso auf ihre lautstarken, leidenschaftlichen und stets gut gelaunten Fans verlassen, wie auch im folgenden Heimspiel gegen die Tschechen in Belfast. Die Green and White Army begeisterte 2016 in Frankreich mit Gesängen wie "Will Grigg’s On Fire" und "Sweet Caroline". Nun hoffen die Anhänger, im kommenden Jahr auch in Russland dabei zu sein.

"Man kann es an der Körpersprache der Spieler erkennen, wenn sie für Nordirland spielen", so O’Neill. "Zwischen dem Team und den Fans besteht eine sehr enge Bindung. Ich halte das für einen sehr wichtigen Faktor für unsere zukünftigen Erfolge."