Dienstag 06 Oktober 2020, 03:19

Héctor Moreno: "Deutschland? Eines der besten Spiele der Geschichte der Nationalmannschaft"

  • Hector Moreno denkt zurück an Erfolge und WM-Teilnahmen mit El Tri

  • Der mexikanische Verteidiger über seine Entscheidung, nach Katar zu gehen

  • Moreno spricht über die Klasse der Stadien für Katar 2022 und die Vorbereitungen des Landes

Hector Moreno gehört zu den bekanntesten Namen im mexikanischen Fussball. Der robuste Verteidiger ist einer von nur 15 Spielern, die mehr als 100 Einsätze für El Tri absolviert haben. Seine fussballerische Karriere begann mit einer goldenen Spielergeneration, die 2005 die FIFA U-17-Weltmeisterschaft gewann. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt gehört Moreno zum Stammpersonal der A-Nationalmannschaft seines Landes. Er war bei den Endrunden der letzten drei FIFA Fussball-Weltmeisterschaften™ und zwei FIFA Konföderationen-Pokalen dabei und hat zwei Mal den CONCACAF Gold Cup gewonnen.

Auf eine solche Bilanz wäre wohl jeder Spieler zu Recht stolz und könnte sie als würdige Ausbeute einer großartigen Karriere sehen. Doch der 32-Jährige ist überzeugt, dass er noch mehr zu geben hat und hat sich vorgenommen, seine internationale Karriere erst mit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ enden zu lassen. Dort spielt er bereits seit einem Jahr für den Klub Al-Gharafa.

Moreno sprach vor seiner Abreise nach Europa exklusiv mit FIFA.com. Dort stößt er für die bevorstehenden Freundschaftsspiele gegen die Niederlande und Algerien zum Nationalteam. Im Interview sprach der Mexikaner über seine Erfahrungen in Katar, äußerte sich zum Stand der WM-Vorbereitungen und erinnerte sich an wichtige Stationen seines Weges mit dem Nationalteam, insbesondere die drei bisherigen WM-Teilnahmen und die Hoffnung auf eine vierte im Jahr 2022.

FIFA.com: Nach vielen Jahren in Europa sind Sie jetzt nach Asien gegangen, in die Golfregion. Was hat Sie motiviert, sich in dieses Abenteuer in Katar zu stürzen?

Hector Moreno: Es gab viele Gründe, diesen wichtigen Schritt zu dieser Zeit zu machen. Der wichtigste Grund war das Angebot, das ich von Al-Gharafa bekam. Der Klub will wieder um Titel mitspielen und eine junge Spielergeneration fördern, an die ich viel von meiner Erfahrung aus Länderspielen und Spielen in Europa weitergeben kann. Und das Team brauchte auch einen erfahrenen Verteidiger. All diese Faktoren haben mich bewogen, diese Entscheidung zu treffen.

Was für einen Eindruck hatten Sie von Katar und der Stars League, bevor Sie im Sommer 2019 dorthin wechselten?

Ich habe Kontakt zu vielen Leuten aufgenommen, die in Katar spielen, und alle haben von der Stärke der Liga und der intensiven Konkurrenz geschwärmt. Auch von der technischen Entwicklung sind alle sehr positiv angetan. Und Katar hatte gerade den AFC Asien-Pokal 2019 gewonnen. Ich habe zudem erfahren, dass zahlreiche große Spieler, die in ihren Heimatländern als Legenden gelten, ebenfalls nur gute Eindrücke hatten. Und dabei spreche ich nicht von Spielern, die aus dem Nichts kamen. Außerdem habe ich natürlich auch an den familiären Aspekt gedacht, denn diese Entscheidung betrifft ja auch meine Familie. Letztlich waren wir völlig überzeugt, dass es diese Erfahrung wert ist und wir nach all der Ermutigung hierher kommen sollten.

Und welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem ersten Jahr hier tatsächlich gemacht? Wie beurteilen Sie die Vorbereitungen des Landes auf die Ausrichtung der nächsten FIFA Fussball-WM™?

Man sieht an jeder Ecke, wie intensiv sich das Land und die Städte in jeder Hinsicht auf die Ausrichtung der Weltmeisterschaft in zwei Jahren vorbereiten. Alles wirkt schon jetzt nahezu fertig und bereit für das große Turnier. Ich bin sicher, dass alle Fans, die hierher kommen, ein fantastisches Erlebnis genießen werden. Sie werden eine großartige Zeit haben und können sogar zwei Spiele am Tag besuchen, was wirklich einzigartig ist.

Sie hatten schon Gelegenheit, in einigen der Stadien zu spielen, die auch für die WM genutzt werden. Was für ein Gefühl war das und können Sie sich schon die Atmosphäre bei der WM 2022 vorstellen?

Ja, ich hatte das Glück, schon in einigen der Stadien zu spielen. Wie gesagt, das Land ist in jeder Hinsicht bereit, dieses Turnier auszurichten. Drei Stadien sind bereits in Betrieb und mehrere weitere werden sehr bald fertig sein. Die Außenfassaden sind fantastisch und laden zum Hineinkommen ein. Und auch die Innenanlagen sind großartig, so etwas sieht man nur selten. Ich fühle mich auf diesen Plätzen sehr wohl. Die Atmosphäre sorgt dafür, dass man sein Bestes geben will. Es können perfekte Spieltemperaturen sichergestellt werden. Wir haben die letzte Saison im Sommer beendet und die neue vor drei Monaten begonnen. Die Kühltechnologie ist fantastisch. In den WM-Monaten November und Dezember werden alle sehen, wie schön und angenehm das Wetter ist. Ich rufe alle auf, ohne zu zögern hierher zu kommen.

Stehen mexikanische Teamkameraden und Offizielle mit Ihnen in Kontakt und stellen Fragen über Katar?

Ja, viele. Sie fragen mich alles Mögliche, über die Stadien und die Spielfelder, das tägliche Leben, einfach alles. Ich poste einige Fotos auf Instagram und bin sicher, wenn wir uns diese Woche im Trainingslager sehen, werden wir auch viel darüber sprechen. Vor einiger Zeit kam eine Delegation des mexikanischen Fussballverbands nach Katar, um die Anlagen zu besichtigen. Sie waren von ihren Eindrücken begeistert und ich bin sicher, alle andern werden das auch sein.

Sie hoffen auf eine vierte WM-Teilnahme, da Sie jetzt schon in Katar leben und in den Stadien spielen?

Ja, daher muss ich mich auch voll und ganz konzentrieren. Ich will um einen Platz im Nationalteam kämpfen. Ich weiß, dass wir eine herausragende junge Spielergeneration haben, aber ich glaube auch an meine Fähigkeiten und an das, was ich zum Erfolg des Teams beitragen kann. Ich werde jedenfalls in den kommenden zwei Jahren mein Bestes geben, um ein Mitglied des WM-Teams zu werden. Doch jetzt liegt der Fokus erst einmal auf den Qualifikationsspielen und darauf, sich einen Platz bei der WM-Endrunde zu sichern.

Die WM-Qualifikation in der CONCACAF-Zone läuft dieses Mal anders ab. Was sagen Sie dazu und welchen Verlauf erwarten Sie?

Mexiko ist immer das stärkste Team in unserer Konföderation. Doch bei jeder neuen Qualifikation und bei jedem Turnier sehen wir, wie sehr sich alle anderen Teams weiterentwickeln und verbessern, nicht zuletzt weil viele Spieler jetzt in Europa spielen. Der Wettbewerb wird dieses Mal intensiver sein und es wird für kein Team leicht werden. Doch das sehen wir sehr positiv. Denn es treibt uns an, noch intensiver zu arbeiten und unser Bestes zu geben, um so zu spielen, wie es Mexiko gebührt.

Historisch gesehen gab es an der Spitze immer einen Zweikampf zwischen Mexiko und den USA, doch für die letzte WM 2018 in Russland konnten sich die USA nicht qualifizieren. Das liegt daran, dass sich die anderen Teams stetig weiter entwickeln, beispielsweise Costa Rica und Honduras, aber auch Panama, die es alle zur letzten WM geschafft haben.

Wo wir gerade von Russland 2018 sprechen: Mexiko konnte endlich gegen Deutschland gewinnen, nachdem es bei den Weltmeisterschaften zuvor drei Mal gegen die DFB-Auswahl verloren hatte. Erzählen Sie uns von diesem Spiel, der Atmosphäre im Stadion und die Siegesfeiern.

Es war natürlich ein tolles Gefühl für alle Spieler und eines der besten Spiele in der Geschichte der Nationalmannschaft. Wir wussten, dass es gegen den Titelverteidiger schwer würde. Daher haben wir sehr clever und gut gespielt. Die Stimmung war wunderbar, insbesondere nach unserem Tor. Die mexikanischen Fans haben mit ihren Gesängen und Anfeuerungen für eine fantastische Atmosphäre gesorgt. Aber ich erinnere mich auch, dass wir nicht abgehoben sind. Noch am gleichen Abend haben wir über unser nächstes Spiel gegen Südkorea gesprochen und wie es uns den Weg in die zweite Runde ebnen konnte.

Sie sind als Gruppenzweiter (aufgrund der Tordifferenz hinter Schweden) in die zweite Runde eingezogen und dort auf Brasilien getroffen. Auch dieses Achtelfinale haben Sie verloren und sind somit in dieser Runde ausgeschieden. Hat sich das Achtelfinale mittlerweile zu einem Komplex für Mexiko entwickelt?

Das war sehr unglücklich, leider. Ich wünschte ich wüsste, warum. Ich erinnere mich auch noch an das Achtelfinale 2014 gegen die Niederlande. Bis zur letzten Minute stand es unentschieden. Und dann haben die Niederländer einen Elfmeter bekommen und gewonnen. Aber wie auch immer, das motiviert alle Spieler nur noch mehr, 2022 in Katar besser abzuschneiden. Wir werden alles geben, um uns zu qualifizieren und dann entschlossen in die Endrunde gehen, denn wir haben eine perfekte Mischung aus erfahrenen Spielern und großen Talenten im Team. Wir wollen, dass dies eine historische WM-Teilnahme wird.

Sie haben Mexiko zu vielen großen Titeln verholfen, angefangen mit der FIFA U-17-WM 2005 und zwei CONCACAF Gold Cups. Was für ein Gefühl ist es für einen Spieler, seinem Land auf diese Weise Ruhm und Ehre zu erkämpfen?

Das ist einfach das beste Gefühl der Welt. Wie Sie wissen, sind Mexikaner überaus leidenschaftliche Fussballfans. Sie können sich also vorstellen, wie es ist, wenn man einen Titel für das Land gewinnt. Das ist einfach fantastisch. Ich erinnere mich noch an das Finale 2005 gegen Brasilien, als wäre es gestern gewesen. Zum Auftakt meiner internationalen Karriere ein WM-Titelgewinn mit einem 3:0 gegen Brasilien… Alles, was damals auf dem Platz geschah, war großartig für uns. Und was danach kam, ist in die Geschichte eingegangen. Dieses Turnier hat meine Karriere und mein Leben enorm beeinflusst.

Was den Gold Cup angeht, gehört Mexiko stets zu den Favoriten. Ich bin stolz, dass ich bei zwei unserer letzten drei Titelgewinne Teil des Teams war (2011 und 2019). 2015 konnte ich wegen einer Verletzung nicht teilnehmen. Ich hoffe, dass wir die nächste Auflage wieder gewinnen können.