Montag 07 November 2016, 10:50

Guillermo Ochoa: "Das ist ein besonderes Spiel"

Guillermo Ochoa braucht man eigentlich niemandem mehr vorzustellen. Die gesamte Welt konnte die spektakuläre Glanzparade, mit der er bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Brasilien 2014™ Neymars Schuss abwehrte, live verfolgen. Die Aktion wurde damals mit der legendären Parade von Gordon Banks verglichen, die dieser 34 Jahre zuvor gegen Pelé abgeliefert hatte.

Seitdem ist das Leben für den mexikanischen Torhüter weitergegangen, und mittlerweile steht die entscheidende Phase des Qualifikationswettbewerbs bevor, der zu seiner vierten WM-Teilnahme führen könnte.

Derzeit bereitet sich Memo mit seinen Teamkameraden aus der mexikanischen Nationalmannschaft auf die wohl wichtigste Partie der letzten beiden Jahre vor: Zu Beginn der letzten und entscheidenden Qualifikationsrunde der Nord-, Mittelamerika- und Karibik-Zone, der sogenannten Hexagonal, trifft das Team nämlich in Columbus auf den Erzrivalen USA. Die U.S.-amerikanische Stadt war für El Tri bislang eine uneinnehmbare Festung.

Es gibt wohl kaum einen kompetenteren Ansprechpartner als den 31-Jährigen, der bereits 78 Länderspiele bestritten hat, vier davon bei Weltmeisterschaften, um den Klassiker der CONCACAF-Zone zu analysieren. Und genau das tat der Torwart des spanischen Klubs FC Granada im Exklusiv-Interview mit FIFA.com.

Wie gehen Sie und Ihre Teamkameraden das entscheidende Duell mit den USA an?** *Das ist traditionell ein schwieriges Spiel. Auswärtsspiele in der Hexagonal* haben generell einen hohen Schwierigkeitsgrad, und das gilt natürlich umso mehr für einen so hochklassigen Gegner wie die USA, der über gute Spieler verfügt. Ich hoffe, dass wir mit dem richtigen Fuß in die Begegnung starten werden.

Das Spiel findet in Columbus statt, wo Mexiko bislang noch nie gewinnen konnte... Das ist ein Stadion, in dem die Amerikaner sich wohl fühlen, in diesem Umfeld und diesem kalten Klima. Das sind Bedingungen, an die wir nicht wirklich gewöhnt sind. Dadurch wird es für uns schwer, aber das gehört nun einmal zum Fussball. Sie spielen ihre Karten aus, genau wie wir die Höhenlage und Größe des Aztekenstadions zu unseren Gunsten nutzen.

Mexiko hat unter dem Kolumbianer Juan Carlos Osorio nur ein Spiel verloren. Dennoch gibt es im Land kritische Stimmen in Bezug auf die Mannschaft... In Mexiko ist es nicht einfach, Planungen umzusetzen. Es ist sehr schwierig, Kontinuität zu gewährleisten und vor allem die Ruhe zu bewahren, die für eine Nationalmannschaft so wichtig ist, die immer nur kurz zusammenkommt. Die Medien des Landes sind sehr kritisch. Wir Spieler bewahren die Ruhe, auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass die aktuelle Situation aufgrund der Ereignisse bei der Copa América etwas angespannt ist.

In diesem Turnier ist Mexiko nach einer historischen 0:7-Niederlage gegen Chile ausgeschieden. Ist es den Spielern schon gelungen, diese Pleite abzuhaken?** **Im Inneren wissen wir, dass dies eine andere Geschichte ist. Das ist abgehakt, und wir müssen gelassen bleiben, weil wir diese Qualifikation bislang problemlos gemeistert haben und wollen, dass es auch so bleibt.

Die Qualifikation für Brasilien 2014 hat sich für Mexiko allerdings sehr schwierig gestaltet, und das Team wäre um ein Haar ausgeschieden. Was ist damals passiert?** **Traditionell ist es für uns immer entscheidend gewesen, die Heimspiele zu gewinnen. Das ist uns im letzten Qualifikationswettbewerb nicht gelungen. Wir haben schön gespielt, hatten viel Ballbesitz und sind auch gut vor das gegnerische Tor gekommen. Aber dann hat uns der letzte Schub gefehlt, das Quäntchen Glück. Der Ball wollte einfach nicht über die Linie. Je mehr Spielzeit verstrich, desto stärker wurden die Gegner. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben. Die Gegner haben es uns auch nicht einfacher gemacht, weil sie sich hinten reingestellt und auf Konter gelauert haben. Wir sind zuversichtlich, dass sich das ändern wird.

Mexiko hat einen negativen Trend gestoppt, als das Team 2015 auswärts gegen die USA gewonnen und damit das Ticket für den FIFA Konföderationen-Pokal 2017 gelöst hat. Gibt dieses Ergebnis neues Selbstvertrauen? Der Fussball ist eine Momentaufnahme. Damals ist es für Mexiko gut gelaufen, aber das heißt nicht automatisch, dass es auch in Zukunft so sein wird. Jedes Spiel ist anders. Die Teams, die Spieler, die Situationen unterscheiden sich. Wir dürfen nicht mit übersteigertem Selbstvertrauen an die Sache herangehen, schon gar nicht auswärts gegen die USA. Wir fangen wieder bei null an.

Danach steht ein weiteres kniffliges Auswärtsspiel gegen Panama auf dem Programm… Ja, zwei schwierige Partien, aber ich sehe das Ganze positiv. Es freut mich, dass wir zuerst auswärts antreten, denn wenn uns hier ein paar gute Ergebnisse gelingen, ist die WM bei unseren Heimspielen schon viel näher gerückt.

Ihr Klub, der FC Granada, hat einen schwierigen Saisonauftakt hinter sich. Wie geht es Ihnen persönlich damit? Physisch bin ich 100-prozentig fit, und ich arbeite gemeinsam mit der Mannschaft gelassen daran, nach dem schlechten Start wieder in die richtige Spur zu kommen. Wir haben Tore kassiert, und da stehst du als Torhüter natürlich manchmal im Fokus, aber mir ist bewusst, dass ich nicht allein auf dem Platz stehe. Eine Fussballmannschaft hat elf Spieler.

Ist es in so schwierigen Situationen möglich, den Hebel umzulegen und sich auf die Nationalmannschaft zu konzentrieren? Tatsächlich geht es nicht darum, einen Hebel umzulegen. Ich arbeite jeden Tag daran, meine Sache so gut wie möglich zu machen. Im Laufe der Jahre, in denen ich in der Nationalmannschaft und in der Primera División aktiv war, habe ich gelernt, dass es darauf ankommt, konzentriert zu bleiben, die Ruhe zu bewahren und in jeder Situation alles zu geben.

Außer Ihnen verfügen auch viele Ihrer Teamkameraden mittlerweile über reichlich Erfahrung. Glauben Sie, dass für Mexiko nun auf Weltniveau die Zeit gekommen ist? Diese Nationalmannschaft lechzt nach Erfolgen, nach Errungenschaften und hat den Wunsch, etwas Großes zu erreichen. Bei der WM waren wir nah dran, aber ich glaube, wir haben aus dieser Erfahrung gelernt. Wir verfügen über experimentierte Spieler in einem guten Alter. Das ist für die nahe Zukunft positiv für Mexiko. Wir wollen so weit wie möglich kommen. Das ist unsere Herangehensweise.

Und gegen die USA könnten Sie den Anfang machen, oder?** **Ja, zweifellos! Das ist das wichtigste Spiel der mexikanischen Nationalmannschaft in der Zone. Das repräsentativste der CONCACAF. Es ist etwas ganz Besonderes für die Mexikaner, für die U.S.-Amerikaner und für unsere in den USA lebenden Landsleute. Was könnte es Besseres geben, als mit einer so anspruchsvollen Partie zu beginnen – und sie zu gewinnen!