Montag 05 Dezember 2016, 12:57

Der unüberwindbare Peter Shilton

"Bei Torhütern gerät so manches in Vergessenheit. Man hat großes Glück, wenn gelungene Paraden immer wieder gezeigt werden und man sich daran erinnert. Meistens erinnern sich die Leute nur an die Fehler."

Entsprechend scheint es angesichts der allgemeinen Wahrnehmung, dass Torhüter eine überaus undankbare Aufgabe haben. Es gibt zahlreiche sehr gute Torhüter, die wieder und wieder mit ihren Paraden für Erfolge und Siege sorgten, und deren enorme Leistungen dann dennoch durch einen einzigen Fehler oder Konzentrationsmangel überschattet werden.

Daher ist Peter Shilton sehr zufrieden, dass er bis heute so geschätzt wird – als Englands wohl bester Torhüter aller Zeiten und als Rekordhalter der meisten Spiele ohne Gegentor bei WM-Endrunden. Er gehörte zu dem Team, das einer Wiederholung des bisher einzigen WM-Titelgewinns Englands von 1966 am nächsten kam. Dank seiner Klasseleistungen blieb er in nahezu 60 Prozent seiner Spiele bei WM-Endrunden ohne Gegentor.

Der Spieler Heute ist Shilton weltweiter Botschafter für Seattle Sport Sciences, Inc. und ISOTechne. In seiner aktiven Karriere war er fast 20 Jahre lang für die englische Nationalmannschaft aktiv. Erstmals stand er 1970 für die Three Lions zwischen den Pfosten, nur wenige Monate nachdem England den Weltmeistertitel in Mexiko verloren hatte. Danach streifte er allerdings erst wieder 1982 die Torwarthandschuhe für England über. Bis heute ist er mit 125 Einsätzen Englands Rekordnationalspieler, was damals auch Weltrekord war. Sein letztes Länderspiel bestritt Shilton bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Italien 1990™. Das Spiel um Platz drei verloren die Engländer damals gegen den Gastgeber. Dennoch war Platz vier die zweitbeste englische Platzierung aller Zeiten. Gleichzeitig war es Shiltons 17. WM-Endrundenspiel, auch das ein nationaler Rekord. Zuvor hatte er bereits 1982 in Spanien und 1986 in Mexiko für England zwischen den Pfosten gestanden. Vor seiner ersten WM hatte er sich im Tor noch mit Ray Clemence abgewechselt. Nachdem sich Trainer Ron Greenwood für Shilton entschieden hatte, revanchierte sich dieser mit tadellosen Leistungen

Der Rekord Früher war es für Torhüter bedeutend schwerer, in WM-Spielen eine weiße Weste zu behalten. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass es bei den letzten fünf Endrunden fast doppelt so viele Zu-Null-Spiele gab, wie bei den ersten fünf Turnierauflagen. Entsprechend lange dauerte es, bis sich hier eindrucksvolle Zahlen ergaben. So schaffte beispielsweise der legendäre brasilianische Schlussmann und zweifache Weltmeister Gilmar immerhin sieben WM-Endrundenspiele ohne Gegentor - das letzte davon 1966 gegen Bulgarien.

Erst zwölf Jahre später erreichte der nächste Torhüter diese Marke, nämlich der Niederlände Jan Jongbloed 1978 in Argentinien. Eine Woche später erhöhte der deutsche Sepp Maier den Rekord beim torlosen Unentschieden gegen Italien auf acht Spiele. Nur vier Tage später wurde diese Rekordmarke auch von dem Brasilianer Leao erreicht, der gegen Argentinien eine weiße Weste behielt.

Erst 1990 in Italien zog dann Shilton mit einem 0:0 gegen die Niederlande mit den beiden gleich, nur um fünf Tage später mit dem 1:0-Sieg gegen Ägypten den neuen Rekord allein zu übernehmen. Erst bei der Halbfinalrunde der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™ übernahm der Franzose Fabien Barthez mit dem 1:0-Sieg gegen Portugal den Rekord.

Die Erinnerungen "Wenn man in einem Team spielt, will man als allererstes den Erfolg des Teams. Ich war dabei nur derjenige, der hinten für die Rettungstaten zuständig war. Eines meiner wichtigsten Werkzeuge dabei war mein Mund. Ich habe stets und immer versucht, meine Defensive zu dirigieren und sie alle gelobt – 'großartiges Tackling', 'toller Kopfball' und so weiter. Es gab Spiele, da funktionierte das so gut, dass ich nur einen einzigen Ball halten musste."

"1982 war schon merkwürdig, denn wir bestritten fünf Spiele und kassierten nur ein einziges Gegentor. Zwölf Jahre lang hatten wir auf die Rückkehr zur WM gewartet und mussten dann trotzdem nach der zweiten Finalrunde nach Hause fahren. Das war ein sehr merkwürdiges Gefühl. Wir hatten doch unsere Aufgabe erfüllt, aber es trotzdem nicht ins Halbfinale geschafft. Das Spiel gegen Deutschland war stark von der Taktik geprägt. Gegen Spanien habe ich eine ganze Reihe guter Paraden gezeigt und war sehr stolz darauf, uns im Spiel gehalten zu haben. Aber wir haben eben selbst keine Tore erzielt."

"1986 lief es in unserem ersten Spiel gegen Portugal gar nicht gut für uns. Wir haben nicht gut gespielt. Die Portugiesen konnten einen Ball auf der Linie klären und das Gegentor war durch einen individuellen Fehler von unserem Verteidiger Kenny [Sansom, Anm. d. Red.] verursacht. Den Turnierauftakt hatten wir uns ganz anders vorgestellt."

"Gegen Polen haben wir es dann viel besser gemacht und der Rest ist Geschichte. Gary Lineker erzielte einen Hattrick. Doch auch in dieser Partie war in den ersten Minuten ein Pole ganz allein auf mich zugestürmt und ich habe es mit einer guten Parade geschafft, den Ball zu halten. Wären wir mit 0:1 in Rückstand geraten, wer weiß. Das war für mich eine der wichtigsten Paraden bei Weltmeisterschaften. Die meisten Leute werden sich daran kaum erinnern können, aber ich schon, denn diese Parade war wichtig für unser Selbstvertrauen."

"1990 hätten wir gegen die Niederlande gewinnen müssen. Wir haben gut gespielt und ich hatte eigentlich nicht allzu viel zu tun. Auch als ich gegen Ägypten den Rekord brach, hatte ich nicht viel zu tun. Aber als Torhüter denkt man stets 'Nur ein Gegentor, ein Schuss, ein Fehler und wird sind vielleicht raus aus der WM.' In solchen Spielen wünscht man sich viele eigene Tore, damit man etwas entspannen und die Partie genießen kann. So lange es aber 0:0 steht und die letzten Minuten noch nicht vorbei sind, weiß man, dass ein einziger Konter alles zunichte machen kann. Dann ist man ganz schnell auf der Heimreise. Diesem Druck muss man dort hinten standhalten."

"Ich habe acht Jahre lang unter Bobby Robson gespielt. Als ich Rekordnationalspieler wurde, war ich sehr stolz darauf. Wir haben eine sehr gute WM gespielt und waren dem Finaleinzug ganz nahe. Es war großartig, nach einem solchen Erfolg aufzuhören und ich hielt es für den richtigen Moment."

"Man muss Barthez Respekt dafür zollen, dass er meinen Rekord gebrochen hat. Natürlich ist es schön, wenn man selbst einen Rekord hält, doch man muss auch Beifall zollen, wenn jemand den Rekord dann bricht." Peter Shilton