Donnerstag 17 November 2016, 10:05

David und Diego

'Zehn heldenhafte Löwen und ein dummer Junge' - so lautete die berühmte Schlagzeile des Daily Mirror, die David Beckham nach der Rückkehr von der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Frankreich 1998™ lesen musste. England war gerade gegen Argentinien bei der WM ausgeschieden und der junge Mittelfeldspieler stand in der Kritik, weil er sich nach einer Tätlichkeit gegen Diego Simeone eine Rote Karte eingefangen hatte.

Auch das Boulevardblatt Daily Mail widmete seine Titelseite David Beckham und seinem "idiotischen Aussetzer" und selbst Nationaltrainer Glenn Hoddle konnte sich nicht dazu durchringen, seinen Spieler zu verteidigen. "Ich hatte schwer an Hoddles Interview zu schlucken", schrieb Beckham später in seiner Biografie. "Er machte mir nicht direkt einen Vorwurf, aber er machte durchaus seine Überzeugung klar, dass mein Fehler England den Sieg gekostet habe. Er machte seine Verärgerung deutlich und trug damit definitiv zu dem Kesseltreiben bei."

Dieses Kesseltreiben wurde in den folgenden Wochen immer schlimmer und gipfelte schließlich in der öffentlichen Verbrennung von Beckham-Postern und sogar Todesdrohungen gegen den Spieler. Dennoch zählte Beckham diese schmerzliche Rote Karte vor einigen Monaten als "einen der fünf wichtigsten Momente meiner Karriere" auf. Diese Äußerung fiel in einem Interview mit dem Männer-Lifestyle-Magazin Gentlemen's Quarterly (GQ). Beckham erklärte, dieser Vorfall und die anschließende Welle der Kritik hätten entscheidend dazu beigetragen, ihn zu dem Spieler und Menschen zu machen, zu dem er wurde. "Das alles führte dazu, dass ich sehr schnell reifte", so der ehemalige Star von Manchester United und Real Madrid.

Der Mann, gegen den Beckham nachtrat, gab später zu, den Platzverweis mit seiner übertrieben-theatralischen Reaktion provoziert zu haben "Sagen wir einfach der Schiedsrichter ist in die Falle getappt", so Diego Simeone. "Man könnte auch sagen, mein Fallen hat aus einer Gelben eine Rote Karte gemacht. Eigentlich wäre eine Gelbe Karte die angemessene Strafe gewesen. Ich war natürlich clever. Indem ich mich so zu Boden fallen ließ, habe ich den Schiedsrichter dazu gebracht, die Rote Karte zu zücken. Dabei war es eigentlich kein fester Tritt, sondern nur ein ganz kurzes Nachtreten ohne viel Kraft dahinter, so eine Art Instinkthandlung."

Beide Spieler trafen vier Jahre später erneut aufeinander. Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Korea/Japan 2002™ versuchte Simeone, Beckham vor seinem entscheidenden Elfmeter gegen die Albiceleste zu verunsichern – erfolglos. Nach der Partie gaben sich die beiden dennoch die Hand und tauschten ein paar Worte aus. Der Argentinier bezeichnete seinen Gegner als "großartigen Profi und außergewöhnlichen Spieler". "Es gibt keinen andauernden Groll zwischen uns", meinte auch Beckham nach der Begegnung 2002. "sondern nur den Respekt zweier Akteure, die sich gegenseitig als gute Spieler und Profis anerkennen."

Hätten Sie's gewusst? Die Entwicklung der disziplinarischen Maßnahmen einschließlich der Einführung von Gelben und Roten Karten bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Mexiko 1970™ wird in einer Ausstellung im FIFA Welt Fussball Museum in Zürich nachgezeichnet.

Erst beim @fifaworldcup_de 1970 wurden Gelbe und Rote Karten eingeführt, wie die 'Timeline' im #fifamuseum zeigt. | #fussballgeschichte pic.twitter.com/sotR78rAnY

— FIFAMuseum (deutsch) (@fifamuseum_de) 17. November 2016