Dienstag 09 Februar 2016, 11:58

Cuper: Hier liegt Leidenschaft in der Luft

Man könnte durchaus sagen, dass Hector Cuper und Ägypten zusammen in einem Boot sitzen. Beide waren mehrfach ganz nah am großen Ruhm und stolperten an der letzten Hürde. Der 60-jährige argentinische Trainer erklärte FIFA.com, warum er trotzdem nicht zögerte, im vergangenen Jahr das Ruder bei der ägyptischen Nationalmannschaft zu übernehmen.

Topf und Deckel Nur wenige Trainer auf der ganzen Welt landeten bei wichtigen Wettbewerben so oft auf dem zweiten Platz wie Cuper. Mit Valencia verlor er 2000 und 2001 das Finale der UEFA Champions League. Ein Jahr später stand er mit Inter Mailand kurz vor dem Gewinn des ersten Meistertitels seit 1989, doch am letzten Spieltag leistete sich sein Team eine 2:4-Niederlage gegen Lazio Rom und wurde noch von Juventus Turin überholt – und so landete Cuper erneut nur auf dem zweiten Platz. Und auch schon als Trainer von Real Mallorca hatte er ein Mal das spanische Pokalfinale und das Finale des Europapokals der Pokalsieger verloren. In der Primera División in seinem Heimatland Argentinien landete er mit Huracan ebenfalls nur auf dem zweiten Platz.

Natürlich sind zunächst einmal zahlreiche Siege erforderlich, um überhaupt in eine solche Position zu gelangen. Und beim siebenmaligen Afrikameister Ägypten ist die derzeitige Enttäuschung nicht zuletzt wegen der früheren Erfolge so groß. Die Nordafrikaner waren bei den letzten drei Endrunden des CAF Afrikanischen Nationen-Pokals gar nicht dabei, nachdem sie in der Qualifikation gegen deutlich schwächere Teams wie Zentralafrika oder Niger scheiterten. Bei einer WM-Endrunde waren die Ägypter gar 1990 in Italien das letzte Mal beteiligt.

Haben Cuper und Ägypten also genau zur richtigen Zeit zusammengefunden? Cuper selbst sagt dazu nur, Ambitionen und Enthusiasmus seien bei ihm und bei den Nordafrikanern ähnlich groß. "Als ich herkam, lautete die einzige Frage, die ich hatte: 'Was genau wollen die Ägypter mit mir erreichen?' Sie haben das große Ziel, sich nach einer ganzen Reihe von Enttäuschungen wieder für eine WM-Endrunde zu qualifizieren und den Afrikanischen Nationen-Pokal zu gewinnen. sind nicht leicht zu erreichen. Es wird viel Zeit und viel harte Arbeit brauchen, und wir werden unter großem Erfolgsdruck stehen. Doch ich glaube daran, dass wir diese Erfolge erreichen können. Anderenfalls hätte ich das Angebot gar nicht erst angenommen."

Die richtige Mischung Der Trainer findet, es sei an der Zeit, die Goldene Generation hinter sich zu lassen, die von 2006 bis 2010 drei Mal in Folge den kontinentalen Titel holte. Angesichts starker junger Talente wie Mostafa Fathi von Zamalek und Ramadan Sobhi von Al Ahly scheint dies in der Tat so zu sein. Zudem stehen auch bereits erfahrenere Spieler wie Stürmer Mohamed Salah von AS Rom oder Arsenals Neuzugang Mohamed El Neny im Kader.

"Wir haben ein gutes Gleichgewicht zwischen jungen und erfahrenen Spielern im Kader, von denen einige in den europäischen Spitzenligen spielen", so Cuper, der sich in Ägypten schnell eingelebt hat. Er ist überzeugt, dass der Fussball rund um den Globus universelle Merkmale hat und dass aus diesem Grund auch kulturelle Unterschiede für einen ambitionierten und professionellen Trainer keine Hindernisse darstellen.

"Ich habe noch keine Probleme gehabt, seit ich hierher gekommen bin. Ich habe mich sehr gut eingelebt und die Menschen haben mich mit viel Wärme empfangen. Hier liegt genau die Leidenschaft für den Fussball in der Luft, die jeder Trainer liebt. Man kann es förmlich riechen", so Cuper. "Manche reichen Länder bieten zwar sehr gute Lebensbedingungen, doch ihnen fehlt oft genau dieser Aspekt, der aber sehr wichtig ist, um einen Trainer zu motivieren. Eigentlich ist es ein Segen, wenn man stets unter Druck steht, denn das zeigt doch nur, dass den Menschen der Fussball wichtig ist und sie genau verfolgen, was läuft."

Vielversprechender Start Ägypten ist mit einigen vielversprechenden Ergebnissen in die Ära Cuper gestartet. Von den vier seitdem absolvierten Pflichtspielen haben die Ägypter drei gewonnen und nur eines verloren. In fünf Freundschaftsspielen feierten sie vier Siege. In der Qualifikation für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal 2017 liegen die Ägypter nach zwei Siegen in den ersten zwei Spielen auf Platz eins. In der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ haben sie die Gruppenphase erreicht. Dabei hatte das Team im Hinspiel gegen Tschad eine überraschende 0:1-Niederlage kassiert. Das Rückspiel entschieden die Ägypter dann aber mit 4:0 klar für sich.

"Die von den Journalisten gern als leicht bezeichneten Gegner gibt es nicht. Wir müssen jedem Team mit Respekt entgegentreten, unabhängig vom Ranglistenplatz und der Geschichte, denn Ägypten hat sich in den letzten Qualifikationen sehr schwer getan und auch in so genannten leichten Spielen Punkte abgegeben", so Cuper.

Als nächstes stehen für die Ägypter im März zwei Partien gegen Verfolger Nigeria an. Der Tabellenzweite in Gruppe G der Qualifikation für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal hat derzeit vier Punkte auf dem Konto. Wer der nächste Gegner in der WM-Qualifikation sein wird, steht noch nicht fest. "Es wäre gelogen wenn ich sagen würde, dass ich bestimmten Teams bei der WM-Auslosung nicht lieber aus dem Weg gehen würde. Meine Aufgabe besteht allerdings darin, dafür zu sorgen, dass sich Teams wie die Elfenbeinküste Sorgen machen, wenn sie auf uns treffen.

Ich sage meinen Spielern immer wieder, dass sie die Menschen glücklich machen können. Viele Bewohner Ägyptens stehen tagtäglich vor großen Problemen. Viele sind arm, viele sind arbeitslos. Für diese Menschen ist Fussball oft der einzige Grund zur Freude."