Sonntag 07 Juni 2020, 08:03

Cafu: "Ronaldo ist einer der besten Spieler aller Zeiten"

  • Cafu schwärmt von Ronaldo, Ronaldinho, Taffarel und Zinédine Zidane

  • Er prophezeit Neymar und Trent Alexander-Arnold eine glanzvolle Zukunft

  • Das Gefühl, den FIFA WM-Pokal™ in die Höhe zu recken

Der Schnellzug macht auf der Geburtstagsstrecke bei einem halben Jahrhundert Station. Cafu, der einzige Mann, der bei drei AufIagen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ dabei war und 2002 in Korea/Japan die Trophäe in die Höhe recken durfte, feiert nämlich heute seinen 50. Geburtstag.

FIFA.com nahm seinen runden Geburtstag zum Anlass, um mit dem unermüdlichen ehemaligen rechten Verteidiger ein angeregtes Gespräch über Romário, Ronaldo, Ronaldinho, Zinédine Zidane, Neymar, Trend Alexander-Arnold und Co. zu führen. Außerdem fragten wir ihn, was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er als offensiver Mittelfeldspieler weitergemacht hätte, und ob er Trainerambitionen hat.

Sie hatten bei der WM 1994 in den USA nur zwei Kurzauftritte als Einwechselspieler zu verzeichnen. Dann wurden Sie im Finale nach 21 Minuten ins kalte Wasser geworfen und mussten Roberto Donadoni decken. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Carlos Alberto Parreira Sie von der Bank holte?

Es tat mir natürlich leid für Jorginho, aber gleichzeitig habe ich mich wirklich gefreut, dass ich die Chance bekam, beim WM-Finale auf dem Platz zu stehen. Das war ein sensationeller Augenblick. Ich war vorbereitet. Ich hatte mich für den Fall der Fälle mental und physisch auf einen Einsatz im WM-Finale vorbereitet.

Was war es für ein Gefühl, Weltmeister zu werden?

Ein unglaubliches Glücksgefühl, das Gefühl, etwas geschafft zu haben, ein Champion zu sein. Wir sind zurück ins Hotel gefahren und jeder hat gefeiert. Einige mit ihrer Familie, andere mit Freunden. Einige sind zum Abendessen ausgegangen, andere haben sich in der Bar versammelt. Wir waren alle überglücklich. Es war einfach sensationell.

Wer war Ihrer Meinung nach bei dieser WM Brasiliens wichtigster Spieler?

Brasilien hat gut gespielt. Ich glaube, wir sind Weltmeister geworden, weil wir als Team so gut funktioniert haben. Aber Taffarel war wirklich gut. Er hat während des gesamten Turniers richtig gut gespielt und im WM-Finale einen Elfmeter gehalten. Für mich war er deshalb der wichtigste Spieler. Auch Aldair und Marcio Santos haben wirklich gut gespielt, Romário und Bebeto haben die Tore geschossen, aber Taffarel war in meinen Augen einfach unglaublich.

Romário und Ronaldo haben 1997 insgesamt 34 Tore für Brasilien erzielt und das Team damit zu Titelgewinnen in der Copa América und im FIFA Konföderationen-Pokal katapultiert. Wie fanden Sie dieses Duo?

[Holt tief Luft] Eines der besten Duos der Fussballgeschichte. Daran gibt es keinen Zweifel. Zwei herausragende Spieler, die unglaublich gut harmoniert haben.

Im Finale der WM 1998 hat Frankreich sich gegen Brasilien durchgesetzt. Was wäre Ihrer Meinung nach das Ergebnis gewesen, wenn Sie nicht ein Spiel, sondern zehn bestritten hätten?

Ich glaube, Frankreich hätte fünf gewonnen und wir die anderen fünf. Beide Teams waren bei dieser WM in Hochform. Das waren zwei großartige Mannschaften. Beide waren in allen Mannschaftsteilen stark und hatten Spieler, die ein Spiel entscheiden konnten.

Auf französischer Seite war Zinédine Zidane einer dieser Spieler. Er hat Brasiliens WM-Traum gleich zweimal zunichte gemacht. Was haben Sie von ihm gehalten?

Er war einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe, technisch und physisch. Er hatte einen außerordentlichen Spielüberblick. Seine Fähigkeit, mitzudenken, zu reagieren und zu improvisieren war beeindruckend. Er hat sich immer intelligent positioniert. Er war herausragend.

Haben Sie es vor dem Finale der WM 2002 in Korea/Japan in der Kabine geschafft, nicht an das Endspiel von 1998 in Frankreich zu denken?

Ganz ehrlich, wir haben nicht an 98 gedacht. Wir hatten eine professionelle Einstellung. Wir waren erfahrene Spieler und haben uns ganz auf Deutschland konzentriert.

Was war es für ein Gefühl, die Trophäe in die Höhe zu recken?

Das war sensationell. Was für ein Moment! Es fühlte sich fantastisch an, die Mission erfüllt zu haben. Zu wissen, dass die ganze Welt mir dabei zuschaut, wie ich den Pokal in die Höhe recke, war ein unbeschreibliches Gefühl. Außerdem wusste ich, dass ich meine Familie damit glücklich machen würde. Es war unglaublich. Weltmeister zu sein ist wirklich außergewöhnlich.

Ronaldo hatte vor der WM 2002 in Korea/Japan zwei Jahre lang kaum gespielt. Hätten Sie gedacht, dass er im Fernen Osten das leisten kann, was er geleistet hat?

Ronaldo hatte eine unglaubliche Fähigkeit, sich von Verletzungen zu erholen. Wir haben nie an seinem Potenzial gezweifelt. Er ist einer der besten Spieler aller Zeiten, einfach einmalig. Ein Phänomen. Sein Spitzname sagt alles.

Zu Beginn Ihrer Karriere haben Sie auf der Position des offensiven Mittelfeldspielers gespielt. Wie wäre Ihre Karriere wohl verlaufen, wenn Sie auf dieser Position geblieben wären?

[Lacht] Das kann man nicht wissen! Es wäre natürlich interessant, es zu wissen. Vielleicht wäre ich der beste Spieler der Welt geworden, aber vielleicht hätte ich auch keine so gute Karriere gehabt wie als Verteidiger. Aber ich habe sehr gern im Mittelfeld gespielt. Im Mittelfeld hast du immer das Tor im Blick, du bist immer an den Spielzügen beteiligt.

Trent Alexander-Arnold wird mit Ihnen verglichen. Was halten Sie von ihm?

Er ist ein sensationeller Spieler, ein seltenes Talent. Wenn er so weiterspielt wie bisher, wird er eines Tages als einer der besten Spieler der Welt gelten. Er hat das Potenzial, die Auszeichnung [The Best – FIFA-Weltfussballer] zu gewinnen. Seine Technik ist brillant, er hat wirklich Qualität. Er spielt wie ein Brasilianer. Ich sehe ihn sehr gern spielen. Und er wird sich weiterentwickeln, weil er in einer so hervorragenden Mannschaft spielt.

Sie haben in Italien den Spitznamen Il Pendolino (der Schnellzug) gekommen. Wie kommt es, dass Cafu so viel Energie und Ausdauer hatte?

Zunächst einmal macht Fussball spielen wirklich Spaß. Ich liebe den Fussball. Ich liebe das, was ich tue. Wenn du auf dem Spielfeld sein darfst, fällt das Rennen leicht. Außerdem habe ich immer versucht, meine körperliche Fitness zu verbessern. Ich wollte so gut wie möglich sein und auch in der bestmöglichen körperlichen Verfassung.

Welchen Gegenspieler fanden Sie in Ihrer Karriere am schwierigsten zu decken?

Ronaldinho Gaucho. Er war unglaublich schwer ausrechenbar und konnte unvorstellbare Dinge tun. Er war fast nicht zu decken.

Lionel Messi und Cristiano Ronaldo haben seit über einem Jahrzehnt das Monopol auf die Auszeichnung The Best – FIFA-Weltfussballer. Wer ist Ihrer Meinung nach der bessere Spieler?

Wir sprechen hier von den beiden Superstars des Weltfussballs. Sie stehen jetzt seit 15 Jahren an der Spitze. Einer hat sechs Auszeichnungen gewonnen, der andere fünf. Es ist ungeheuer schwer, sich zwischen den beiden zu entscheiden. Sie sind beide fantastische Spieler.

Wer wird die beiden Ihrer Meinung nach als bester Spieler der Welt ablösen?

Neymar. Ich finde Neymar hat alles, was der beste Spieler des Planeten braucht.

Glauben Sie, dass Brasilien 2022 in Katar erneut Weltmeister werden wird?

Ich denke schon. Ich bin sehr optimistisch in Bezug auf die Seleção. Ich bin sicher, dass Brasilien eine großartige WM spielen wird. Wir haben Neymar und eine Menge anderer guter und erfahrener Spieler. Hinzu kommt eine Reihe talentierter Nachwuchsspieler.

Letzte Frage: Denken Sie darüber nach, Trainer zu werden?

Ja, nach 2022. Ich bin Botschafter für Katar 2022. Vorher wird es also nicht möglich sein. Danach kann ich vielleicht darüber nachdenken, Trainer zu werden. Ich bin noch nicht sicher. Es wäre gut, die Erfahrung weitergeben zu können, die ich in meiner langjährigen Fussballkarriere gesammelt habe.