Mittwoch 06 Juni 2018, 07:51

Berthold: "Deutschland ist nicht der Top-Favorit"

  • Weltmeister von 1990 spricht mit FIFA.com

  • **Erinnerungen an Mexiko 1986**

  • "Wir gehören zu den Großen, sind aber kein Top-Favorit"

Wenn in wenigen Tagen die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ angepfiffen wird, dann liegt ein besonderes Augenmerk natürlich auf dem amtierenden Champion. Kann Deutschland erstmals nach Brasilien (1958/1962) den WM-Titel verteidigen und den fünften Stern nach Hause holen?

Auch wenn die DFB-Auswahl in den letzten fünf Spielen sieglos blieb, ist Optimismus durchaus vorhanden. "Wir gehören immer zu den Großen. Wenn man sich die WM-Historie anschaut: Mit Brasilien, Italien und uns haben drei Nationen 13 Titel geholt. Es gibt, glaube ich, keine Mannschaft, die so oft wie Deutschland im WM-Halbfinale war", so Thomas Berthold, Weltmeister von 1990 gegenüber FIFA.com. "Und wenn man mal im Halbfinale ist, gibt es viele Faktoren, die man nicht kalkulieren kann, insbesondere wenn es gegen Mannschaften auf Augenhöhe geht."

ABER: "Wir sind nicht die Top-Favoriten. Frankreich, Brasilien, Spanien sind da eher weiter vorne und Argentinien als mehr oder weniger Geheimfavorit."

Berthold in Zahlen

  • Drei WM-Teilnahmen

  • 1x Weltmeister (1990), 1x Zweiter (1986)

  • 62 Länderspiele (1 Tor)

  • Platz zehn in der ewigen Rangliste der deutschen WM-Spiele

  • Klubs: Eintracht Frankfurt, Bayern München, VfB Stuttgart (alle Deutschland), Hellas Verona, AS Rom (beide Italien)

In der Gruppe F geht es zum WM-Beginn für das Team von Trainer Joachim Löw gegen Korea Republik, Schweden und Mexiko. Platz eins sei Pflicht, danach "Mund abputzen und den Fokus auf die K.o.-Phase richten. In der Vorrunde darf man sich sein ganzes Pulver verschießen. In der K.o.-Phase heißt es dann hop oder top."

Vor allem an den Auftaktgegner, El Tri, hat der frühere Innenverteidiger ganz besondere Erinnerungen. "Meine erste WM 1986 war in Mexiko und wir haben das Viertelfinale gegen den Gastgeber in der Hölle von Monterrey bestritten. Es war furchtbar heiß und feucht. Mein Gegenspieler hat mich nur gefoult und am Ende ist bei mir der Faden gerissen und ich bin durch eine unüberlegte Aktion vom Platz geflogen - mein Gegenspieler übrigens kurz darauf auch. Zum Glück war ich im Finale wieder mit dabei. Die WM dort war ein Riesenerlebnis."

Aber auch das Turnier in Russland werde ein herausragendes Turnier werden. Da ist sich Berthold sicher. "Die Stadien sind vom Feinsten. Die Russen sind sportbegeistert und ich hoffe, dass ihr Team über die Vorrunde hinaus im Turnier bleibt. Dann bleibt die Euphorie bestehen."

Berthold über...

...die Nichtnominierung von Mario Götze, dem Siegtorschützen im WM-Finale 2014: "Wenn man das Leistungsprinzip ansetzt, ist das vollkommen ok. In diesem Jahr hat er es einfach nicht verdient, was nicht heißt, dass er nicht noch einmal wiederkommt."

...Bundestrainer Löw als Klubtrainer: "Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass sich Löw den Stress eines Vereinstrainer noch einmal antut. Kontinuität ist gut im Fussball, wenn man erfolgreich gearbeitet hat. Und das hat seit über zehn Jahren beim DFB. Wenn er sich motiviert fühlt, ist er der Richtige und kann getrost bis 2022 weitermachen."

...die Bürde als Titelverteidiger _ins Turnier zu gehen: "_Vier Jahre ist eine lange Zeit, da sich der Kader ändert und viele neue Spieler dazukommen. Natürlich ist man erstmal der Gejagte. Um den Titel erneut zu holen, muss vieles passen. 1994 hatten wir auch eine gute Mannschaft, doch es gab andere Gründe, warum es nicht geklappt hat."

...sein Besuch im FIFA Football Museum in Zürich: "Das ist einfach nur beeindruckend. Von der Architektur ist es sehr gelungen, ein schönes Gebäude. Es ist für Jung und Alt alles was dabei und sehr digital. Es gibt viele Erinnerungsstücke, einzigartig. Die Historie ist unbezahlbar."