Mittwoch 09 Oktober 2019, 14:10

Belmadi: "Wir müssen aus schlechten Beispielen lernen"

  • Belmadi führte Algerien im Juli bei der Afrikameisterschaft 2019 zum Titelgewinn

  • Bei der Wahl des The Best – FIFA-Welttrainers 2019 landete er auf Platz vier

  • Er träumt davon, Algerien zur FIFA Fussball-WM Katar 2022™ zu führen

Im August 2018 gab der gerade neu ernannte Djamel Belmadi seine erste Pressekonferenz als Trainer der algerischen Nationalmannschaft. Sein Team befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem Formtief und erlebte eine Negativserie. Doch trotz des allgemein herrschenden Pessimismus rund um das Team, das zudem in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ gescheitert war, sagte der neue Mann am Ruder den Medien: "Wir fahren nach Ägypten und kommen mit dem Titel in der Tasche zurück."

Dies klang damals allenfalls wie ein Wunschtraum, doch Belmadi hielt sein Versprechen tatsächlich und stemmte nur zehn Monate später jubelnd die Trophäe in den Himmel. Auf dem Weg zum zweiten Gewinn des afrikanischen Meistertitels und des ersten im Ausland feierte Algerien Siege gegen traditionelle afrikanische Spitzenteams wie Senegal, Elfenbeinküste und Nigeria. In einem langen Interview mit FIFA.com sprach Belmadi über diesen großen Erfolg, seine Nominierung für die Auszeichnung als The Best – FIFA-Welttrainer und die bevorstehende WM-Qualifikation.

FIFA.com: Seit dem Titelgewinn beim CAF Afrikanischen Nationen-Pokal ist etwas Zeit vergangen. Haben Sie mittlerweile die ganze Tragweite dieses Erfolgs in Kairo erfasst?

Djamel Belmadi: Wir spüren die Bedeutung dieses Erfolgs mit jedem Tag, der vergeht. In Algerien sehe ich die positiven Auswirkungen dieses afrikanischen Titels auf das Leben der Menschen. Ich finde keine Worte um zu beschreiben, wie glücklich ich darüber bin, was ich meinen Landsleuten geben konnte. Von dem Moment, in dem ich die Leitung der Nationalmannschaft übernahm, spürte ich, dass die Spieler das gleiche Verlangen hatten, den Fans diesen Titel zu schenken.

Als Sie das Ruder übernahmen, befand sich Algerien in einer Formkrise und mit Blick auf die Afrikameisterschaft herrschte großer Pessimismus. Sie hingegen waren optimistisch und kündigten sogar an, dass Sie mit dem Titel im Gepäck aus Kairo zurückkehren würden. Worin bestand das Geheimnis Ihres Optimismus?

Wir mussten den Spielern eine positive Einstellung vermitteln und ihren Kampfgeist fördern und gleichzeitig unsere Ziele festlegen. Ich denke, es sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe, mit dem Vorsatz einer guten Platzierung in ein Turnier zu gehen, oder mit dem Vorsatz, den Titel zu holen. Wir haben glücklicherweise unser großes Ziel erreicht, das wir uns von Beginn an gesetzt haben.

An welchem Punkt hatten Sie das Gefühl, der Titel sei für Algerien erreichbar?

Nun, wir waren vor unseren Spielen nie des Sieges sicher, doch im Verlauf des Turniers, als wir immer mehr Hürden aus dem Weg geräumt hatten, kamen wir unserem selbst gesetzten Ziel Schritt für Schritt näher. Gleichzeitig haben wir die Moral der Spieler immer weiter gesteigert und uns sehr konzentriert auf die nächste Aufgabe vorbereitet.

Welches Spiel in Ägypten war das schwerste?

Alle Spiele waren schwer. Das gegen die Elfenbeinküste hat uns allerdings wirklich alles abverlangt. Letztlich haben wir es erst nach einem nervenzerreißenden Elfmeterschießen gewonnen. Und auch das Spiel gegen Nigeria war besonders schwer und wurde erst in der Nachspielzeit durch einen fantastischen Freistoß von Riyad Mahrez entschieden.

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Alle Ihre Spieler haben bei dem Turnier geglänzt, doch was sagen Sie insbesondere zu der Leistung von Riyad Mahrez?

Riyad hat die Rolle des Kapitäns mit großer Eleganz ausgefüllt. Er war ein sehr effizientes Mitglied des Teams und beim Aufbau unserer Angriffe stets eine wichtige Anspielstation. Er hat selbst getroffen und war auch in schwierigen Momenten stets zur Stelle. Wir haben die Leistung eines echten Stars gesehen, der jedes Lob verdient hat. Doch auch die anderen Spieler haben bei diesem Turnier geglänzt, beispielsweise Ismael Bennacer, Djamel Benlamri, Aissa Mandi, Rais M'bolhi, Youcef Belaili und Baghdad Bounedjah, ohne die anderen zu vergessen. Alle haben voller Spannung darauf gewartet, wie Mahrez gegen Sadio Mané und Mohamed Salah bestehen würde, und Riyad hat alle Erwartungen erfüllt und war stets zuverlässig zur Stelle.

Vor Ihrer Amtsübernahme hatte Algerien längere Zeit keine guten Ergebnisse eingefahren. Wie konnte es Ihnen gelingen, das Blatt zu wenden und das Team zum Titelgewinn in Afrika zu führen?

Wir mussten auf zahlreiche Dinge achten und viele Aspekte berücksichtigen. Am wichtigsten war es, die optimalen mentalen, technischen und taktischen Bedingungen für die Spieler zu schaffen. Wir haben auch versucht, den Spielern bestimmte Ideen zu vermitteln und bestimmte Dinge anzusprechen, die wir nicht richtig gemacht haben. Ich denke, so kann man das Geschehen ganz gut zusammenfassen.

Was für ein Gefühl war es, zusammen mit Jürgen Klopp und Pep Guardiola in der zehnköpfigen Vorauswahl als FIFA-Welttrainer des Jahres zu stehen?

Es ist natürlich eine tolle Sache, auf dieser Liste zu stehen, an der Seite mit all diesen wirklich großen Namen aus der Welt der Trainer, die ich aufgrund ihrer Ideen und Philosophien als wahre Vorbilder sehe. Gleichzeitig sehe ich diesen Erfolg allerdings als Resultat der guten Arbeit unseres gesamten Trainerstabes und aller Spieler.

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Nach dem Titelgewinn bei der Afrikameisterschaft bereitet sich die Nationalmannschaft nun auf die Qualifikation für die FIFA Fussball-WM Katar 2022™ vor. Das Turnier 2018 in Russland hatte Algerien ja verpasst. Was erwarten Sie in dieser WM-Qualifikation?

Unser wichtigstes Ziel ist jetzt die Qualifikation für Katar 2022. Die Qualifikation wird schwer, lang und unvorhersehbar. Doch wir müssen uns unserer Verantwortung als Afrikameister stellen und kämpfen, um die WM-Endrunde zu erreichen. Es wird im Rahmen der Afrika-Qualifikation sicher schwierige und außergewöhnliche Umstände geben, mit denen wir klarkommen müssen, um trotzdem gute Resultate zu holen.

Das gilt insbesondere seit Kamerun als Afrikameister von 2017 die Teilnahme an der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ verpasst hat…

Es kommt oft vor, dass nach einem großen Erfolg die Resultate schlechter werden und es sehr schwer wird. Bester Beweis dafür ist Kamerun, das sich nicht für Russland qualifizieren konnte und auch bei der letzten Afrikameisterschaft nicht gut spielte. Wir müssen aus diesen schlechten Beispielen lernen, bevor es in der Qualifikation ernst wird.

Ist Ihr Ziel lediglich, die WM-Endrunde zu erreichen, oder haben Sie noch höhere Ambitionen?

Zunächst einmal ist es nicht leicht, eine WM-Endrunde zu erreichen. Doch wenn wir es dorthin schaffen, werden wir in Katar natürlich unser Bestes geben, und uns nicht einfach mit dem Dabeisein zufrieden geben. Doch zuallererst müssen wir unsere Siegermentalität wahren und unseren Platz unter den besten fünf afrikanischen Nationen in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste verteidigen. Dies ist wichtig für die Auslosung und Setzliste für die Gruppenköpfe.