Mittwoch 03 April 2019, 07:05

Aspas: Unerschrockenheit und Herz

  • Der spanische Stürmer nahm 2018 in Russland zum ersten Mal an der WM teil

  • Gleich beim Debüt für "La Roja" erzielte er in Wembley ein Traumtor

  • Idol von Celta Vigo

Nur wenige Akteure spielen bei einem Klub der spanischen Liga eine so entscheidende Rolle wie Iago Aspas bei Celta Vigo. Daher ist der Klub nach seinem verletzungsbedingten Ausfall auch ziemlich abgesackt. Die Bilanz während seiner dreimonatigen Verletzungspause ist mit zehn Niederlagen und einem Sieg in zwölf Spielen alles andere als berauschend. Mittlerweile ist das Team, das vor zwei Jahren um ein Haar ins Finale der UEFA Europa League eingezogen wäre, auf einem Abstiegsplatz gelandet.

"Wenn du zuschauen musst, ist der Frust noch größer, weil du deinem Team nicht helfen kannst", so der Stürmer im Gespräch mit der FIFA. "Aber wir müssen jetzt ruhig bleiben. Nach einem Sieg sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Und jetzt müssen wir uns schon auf das nächste Spiel konzentrieren. Wir haben eine junge Mannschaft, und die Unerfahrenheit macht sich natürlich bemerkbar. Aber wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen, um uns aus dieser Situation zu befreien.

Aspas kehrte zum ersten "Endspiel" um den Klassenerhalt ins Team zurück, und es war eine ermutigende Rückkehr mit Toren und Tränen. Sein Team lag gegen den FC Villarreal mit 0:2 hinten, als er mit einem meisterhaft ausgeführten Freistoß die Aufholjagd startete. Am Ende machte er vom Elfmeterpunkt den Sieg perfekt. Ein Einstand nach Maß für den Helden, der nach den stehenden Ovationen des Publikums in Tränen aufgelöst war.

Das Motto von Celta lautet "Afouteza e Corazón" (Unerschrockenheit und Herz). Der Slogan ist Aspas auf den Leib geschrieben.

Das hat er auch bei seinem Debüt in der Nationalmannschaft gezeigt. Gegen keinen Geringeren als England erzielte er im legendären Wembley-Stadion den Anschlusstreffer für La Roja. Auch bei seiner ersten WM überzeugte er mit unerschrockenem Auftreten: Er kam im letzten Gruppenspiel als Notlösung in die Partie und erzielte mit seinem schwachen Fuß per Hacke [den heiß ersehnten Ausgleichstreffer gegen Marokko, mit dem Spanien sich das Weiterkommen sicherte. Auch im Achtelfinale gegen Russland fackelte er nicht lange und führte den entscheidenden Elfmeter aus.

"Dieser Elfmeter geht mir seitdem immer wieder durch den Kopf", räumt er resigniert ein. "Aber mittlerweile ist einige Zeit vergangen. Ich wollte ihn ausführen. Du musst viele Entscheidungen innerhalb von Sekundenbruchteilen treffen. Ich hatte beschlossen, ihn auszuführen, und dann hält der Torwart. Dir bleibt nichts anderes übrig, als nach vorn zu schauen und weiterzumachen. In solchen Momenten brauchst du die Unterstützung von Freunden und Familie."

Iago Aspas im Kurzprofil

  • 31 Jahre, Stürmer, Linksfuß

  • Vorbilder: Ronaldo Nazario und Alexander Mostovoi

  • Er spielt schon seit seinem neunten Lebensjahr für Celta Vigo. Nur in den Spielzeiten 2013/2014 (FC Liverpool) und 2014/2015 (FC Sevilla, gewann mit dem Klub die Europa League) war er für andere Teams aktiv.

  • Erste WM-Erinnerung: "Die WM 1994 in den USA, der Ellenbogencheck gegen Luis Enrique, der Elfmeter von Roberto Baggio, die erste WM von Ronaldo"

  • Die besten Teamkameraden: "Fabián Orellana und Nolito. Als ich zu Celta zurückgekehrt bin (2015) haben wir einen super Angriff gebildet und die Qualifikation für die Europa League geschafft.

  • Sein Hobby: Autos

Unter dem neuen Nationaltrainer Luis Enrique war Aspas nicht mehr erste Wahl. Eine neue Hürde im Karriereverlauf. Für den Stürmer eines Teams mit eher bescheidenen Mitteln ist es nicht einfach, einen Platz im Nationalteam zu erobern. In den letzten beiden Spielzeiten untermauerte er seine Ambitionen, indem er bester spanischer Torjäger der Liga wurde. Auch dieses Jahr kämpft er wieder um diese Auszeichnung.

Dank des Vaterschaftsurlaubs von Diego Costa erhielt er eine zweite Chance. Schon nach einem einzigen Training bot der Nationaltrainer ihn im nächsten Spiel in der Startelf auf. "Ich habe einfach nur trainiert und gespielt, genauso wie bei Celta", so Aspas über diesen Moment. "Nach dem Spiel hat der Trainer mich gebeten, so weiterzuarbeiten wie bisher, um weitere Chancen zu bekommen."

Eine Frage des Stils

Nachdem die Spanier sich nicht für die Endrunde der Nations League qualifizieren konnten, gab es zu Beginn der Qualifikation für die EURO 2020 zahlreiche Veränderungen im Kader und Unsicherheit bezüglich der Spielweise.

"Wir sind im Moment im Umbruch, wie der Trainer bei der Amtsübernahme schon gesagt hat. Hervorragende Spieler mit sehr viel Erfahrung haben aufgehört, und junge Spieler rücken nach. Aber wir haben eine tolle Mannschaft", erklärt der Stürmer.

Aspas gehört zu den Spielern, die gar nicht genug Fussballspiele sehen können. Der Galicier und erklärte Bewunderer von Pep Guardiola analysiert die Spielweise der Roja: Wird es mit dem schnellen Kurzpass-Spiel weitergehen, oder hat die Stunde für eine Änderung geschlagen?

"Ich glaube, wir müssen uns zumindest teilweise vom Tiki-Taka verabschieden, das zu einer anderen Generation gehörte, und unsere Spielweise neu definieren. Der Trainer versucht, die als Ballbesitzfussball bekannte Spielweise beizubehalten und mit einem direkteren Spiel und eigenen Konzepten zu kombinieren, die auf die neuen Spieler abgestimmt sind", so Aspas weiter.

Nach dem Ausscheiden in Russland verfolgte der Stürmer das WM-Geschehen weiter mit. "Mir hat die belgische Spielweise mit drei zentralen Abwehrspielern und Flügelverteidigern gefallen. Auch die Kroaten haben mir gut gefallen, die niemand auf dem Zettel hatte und die sich Schritt für Schritt ins Finale vorgearbeitet haben. In den letzten beiden Jahren sieht man immer mehr Teams mit fünf Abwehrspielern. Bei der letzten WM wurde der Wechsel der Spielweise schon deutlich, und die Spiele wurden häufiger durch Elfmeter und Standardsituationen entschieden", so seine Analyse.

Im Juni vor zehn Jahren gab der Spieler sein Debüt im Balaídos-Stadion. Das war laut eigenen Angaben ein ganz besonderes Spiel für ihn. Damals spielte Celta genau wie heute um den Klassenerhalt und trat drei Spieltage vor Schluss gegen den direkten Konkurrenten Deportivo Alavés an. Auf der Anzeigetafel stand ein 0:0, als der Trainer auf der Bank nach einer Alternative suchte und Aspas, einem Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, die Chance gab. Genau wie jetzt wieder erzielte er zwei Tore und brachte seiner Mannschaft damit den Sieg. Und Celta stieg nicht ab. Ob es auch diesmal wieder klappen wird?