Montag 29 Januar 2018, 07:54

Alves: "Neymar musste aus Messis Schatten treten"

Dani Alves hat für einige der größten Klubs der Welt gespielt und praktisch alles mit ihnen gewonnen. Außerdem zählt er seit knapp einem Jahrzehnt zu den Aushängeschildern der brasilianischen Nationalmannschaft. Der Verteidiger ist er eine starke Persönlichkeit – auf dem Platz und abseits davon.

2018 könnte er seine ohnehin schon beeindruckende Erfolgsbilanz weiter ausbauen. Sein Klub Paris Saint-Germain kämpft um den ersten Titelgewinn in der UEFA Champions League und steht dabei gleich im Achtelfinale vor einer hohen Hürde. Der Gegner heißt nämlich Real Madrid.

Später geht es dann im Trikot der brasilianischen Seleção um den sechsten Titelgewinn bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™. Zuletzt konnten die Brasilianer den WM-Pokal 2002 in die Höhe recken. Wir sprachen mit dem charismatischen Verteidiger über die anstehenden Herausforderungen sowie über Neymar.

Dani, Sie haben mit dem FC Sevilla, dem FC Barcelona und Juventus Turin praktisch alles gewonnen. Warum haben Sie sich für den Wechsel zu PSG und damit für eine nicht ganz so traditionsreiche Mannschaft entschieden? Genau das war für mich die größte Motivation für den Wechsel. Ich bin ein Mensch, der nicht gern den leichtesten Weg geht, sondern Herausforderungen mag. Der Gedanke, die Vereinsgeschichte in neue Bahnen lenken zu können, versetzt mir einen Adrenalinstoß. Deshalb bin ich hergekommen. Hinzu kommt, dass ich in einer tollen Stadt leben und für ein Team mit ehrgeizigen Zielen spielen kann.

Ich weiß, dass die Leute glauben, ich sei wegen des Geldes hergekommen, aber das ist nicht der Fall, denn ich hatte andere gute Angebote. Tatsächlich befand sich auch Barcelona in einer Übergangsphase, als ich dort angeheuert habe, und letztendlich habe ich dort dem besten Team aller Zeiten angehört. Solche Positiverlebnisse möchte ich gern noch einmal haben, aber diesmal bei einer weniger traditionsreichen Mannschaft, wo ich einen großen Beitrag zum Aufbau einer Erfolgsgeschichte leisten kann. Ich möchte hier Titel gewinnen und dem Klub zu einer Schicksalswende verhelfen.

Die Tatsache, dass Neymar verpflichtet wurde, untermauert den Ehrgeiz des Klubs. Haben Sie bei seiner Verpflichtung eine wichtige Rolle gespielt? Ich hatte fast gar nichts damit zu tun. Bei seinem Wechsel zu Barcelona hatte ich schon einen gewissen Einfluss. Ich habe ihm Ratschläge gegeben und ihm von den positiven Dingen berichtet, die ich beim Klub und in der Stadt erlebt hatte. Diesmal war das nicht der Fall. Ich war einfach nur vor ihm hier . Als er einen Moment lang unsicher war und nicht wusste, wie er sich entscheiden sollte, habe ich ihm nur gesagt, er solle auf sein Bauchgefühl hören und glücklich werden. Das war der einzige Rat, den ich ihm gegeben habe.

Glauben Sie, dass Neymar einen Punkt erreicht hat, an dem er der beste Fussballer der Welt werden kann? Ich finde, er und Messi sind die herausragenden Spieler des Weltfussballs. Doch er musste noch etwas aus Messis Schatten treten. Wenn man mit jemandem in einem Team spielt, der so unglaublich gut ist wie Leo, dann ist das natürlich eine ungemein tolle Sache, aber gleichzeitig fragst du dich immer, ob du wirklich die Qualität hast oder ob er das ist.

Ich fand es während meiner gesamten Karriere toll, mit ihm auf dem Platz zu stehen, aber er ist Argentinier und Ney und ich sind Brasilianer! Irgendwann mussten wir uns einmal als Gegner gegenüberstehen! . Ich glaube, die Chance individuelle Erfolge zu erzielen steigt, wenn man nicht im Dunstkreis eines solchen Spielers steht. Für die Entwicklung Neymars und für die brasilianische Nationalmannschaft war es wichtig, dass er seinen eigenen Weg geht.

Sie beide haben erklärt, Ihr Traum sei es, mit PSG die Champions League zu gewinnen. Ist dieser Traum realisierbar? Das ist unsere Herausforderung und unser größter Ehrgeiz. Das hatte Neymar bei seinem Abschied aus Barcelona im Kopf und ich bei meinem Weggang von Juve. Dieser Traum treibt uns an, erfüllt uns mit Leidenschaft und gibt uns einen Adrenalinkick. Den Mutigen gehört die Welt. Feiglinge werden immer im Schatten stehen, und wir wollen nicht im Schatten stehen! Wir haben uns in Brasilien aus dem Nichts hochgearbeitet und wollen im Leben etwas darstellen.

Die Champions League ist ein Wettbewerb, den man nicht nur mit großen Namen gewinnt. Mit guten Spielern allein gelingt es nicht. Du brauchst auch eine funktionierende Mannschaft. Wir sind bereit, alles zu geben. Ob wir gewinnen oder ausscheiden wird letztendlich davon abhängen, wie gut wir als Team funktionieren.

Anschließend steht die WM auf dem Programm. Brasilien hat keine großen Fussballmächte in der Gruppe. Ist das der erste Schritt in Richtung Weltmeistertitel? Mir ist es wirklich egal, gegen wen wir spielen. Das ist ein Turnier, in dem du gegen jeden gewinnen musst. Was hätten wir tun sollen, wenn wir Spanien erwischt hätten? Weglaufen? Niemand wird gegen Teams von niedrigem Niveau Weltmeister. Daher werden wir früher oder später gegen die Besten antreten und gegen sie gewinnen müssen, denn wir wollen diesen Pokal unbedingt holen.