Montag 10 Mai 2021, 14:36

Alioski: Für Nordmazedonien ist die WM das nächste Ziel

  • Ezgjan Alioski ist Schlüsselspieler bei Nordmazedonien und Leeds United

  • Mit dem Nationalteam qualifizierte er sich für die UEFA EURO und feierte in der WM-Qualifikation einen Sieg gegen Deutschland

  • Alioski äußert sich zu diesen Leistungen und erklärt, warum Leeds "sein Leben verändert hat"

Als Ezgjan Alioski 2017 von Lugano nach Leeds wechselte, zeichnete sich noch nicht ab, wie erfolgreich seine weitere Karriere verlaufen würde.

Der Klub, zu dem er wechselte, ging bereits in die achte Saison in der zweiten englischen Liga und landete am Ende im Mittelfeld der Tabelle. Auch für die Nationalmannschaft lief es nicht gut. Nordmazedonien fiel nach 14 Niederlagen in 18 Spielen in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste auf Rang 162 zurück, die schlechteste Platzierung aller Zeiten.

Alioski war damals 25 Jahre alt. Trotz seines eindeutig vorhandenen Talents war er außerhalb der Schweiz nahezu unbekannt – und auch seine beste Position schien niemand wirklich zu kennen. Begonnen hatte er als Linksverteidiger. Bei Lugano wurde er zum rechten Flügelspieler umgeschult und dann auf die Position des Mittelstürmers versetzt.

Nach dem Wechsel zu Leeds allerdings ging es mit ihm und mit seinen Teams steil bergauf. Alioski entwickelte sich zum Schlüsselspieler, als Leeds United unter Trainer Marcelo Bielsa die Rückkehr in die Premier League gelang und Nordmazedonien mit der gelungenen Qualifikation für die UEFA EURO Fussballgeschichte schrieb und zudem Deutschland die erste Niederlage in einem WM-Qualifikationsspiel seit mehr als 20 Jahren bescherte.

Nun will der Spieler, der seit der Rückkehr auf seine Stammposition auf der linken Seite aufblüht, diese starke Entwicklung fortsetzen. Doch bevor er sich den zukünftigen Herausforderungen stellt, war es an der Zeit, über Ereignisse und Menschen nachzudenken, die in den letzten Jahren sein Leben und seine Karriere völlig umgekrempelt haben.

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Ezgjan, Nordmazedonien hat ein unglaubliches Fussballjahr hingelegt. Was sagen Sie zur gelungenen Qualifikation für die UEFA EURO und den Sieg gegen Deutschland in der WM-Qualifikation?

Das ist einfach super. Die Qualifikation für die UEFA EURO ist für uns als Team und für uns als Land eine Riesensache. Für Nordmazedonien ist das ein unglaublicher Schritt. Wir haben immer daran geglaubt, auch wenn es uns zuvor niemals gelungen war. Das Team, das wir in den vergangenen fünf, sechs Jahren aufgebaut haben, ist sehr stark und spielt auf einem hohen Niveau. Wir haben sehr talentierte Spieler dabei und eine gute Mischung aus jungen Spielern und erfahrenen Akteuren. Wir sind in den vergangenen Jahren zu einer verschworenen Truppe geworden, denn in dieser Zeit hat sich das Team nicht sehr verändert. Jetzt haben wir gemeinsam unseren Traum verwirklicht.

Es war ja schon fast märchenhaft, dass ausgerechnet Goran Pandev das Siegtor im Playoff um die EM-Qualifikation gelang. Wie ist er als Spieler und wie als Mensch?

Manchmal sehe ich ihn an und denke bei mir: 'Dieser Typ ist 38 Jahre alt. Das ist unfassbar. Wenn er zehn Jahre jünger wäre, könnte er den Ballon d'Or gewinnen.' Er ist ein absolut außergewöhnlicher Spieler. Und es geht nicht nur um seine Klasse und seine Erfahrung – er ist auch ein sehr netter Mensch. Wenn man sieht, wie er sich in unserer Gesellschaft verhält, würde man nicht auf den Gedanken kommen, dass er schon die Champions League gewonnen hat und all die anderen Leistungen seiner Karriere. Er hat keinerlei Star-Allüren. Wenn du irgendein Problem hast, ist er stets für dich zur Stelle. Mittlerweile ist eine neue Generation nachgerückt, doch in dieser Generation wird es keine Legende wie Pandev geben. Er hat dem Land und dem Team enorm viel gegeben. Wir alle blicken zu ihm auf. Es ist einfach großartig, dass er endlich bei einem großen Turnier dabei sein wird, nachdem er es so viele Jahre lang versucht hat.

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Die UEFA EURO ist natürlich die nächste besonders große Herausforderung. Wie viel würde es Ihnen bedeuten, auch einmal bei einer WM zu spielen?

Wie jedes fussballbegeisterte Kind hatte auch ich natürlich den Traum, bei all den großen Wettbewerben zu spielen, in der Champions League, bei der Europameisterschaft und bei der Weltmeisterschaft. Jetzt sind die beiden anderen, also die WM und die Champions League, meine großen Ziele. Wir haben gegen Deutschland gewonnen. Ich finde, wir können wirklich davon träumen, es zu schaffen, denn ich halte uns für besser als Rumänien, Island und die anderen Teams in unserer Gruppe. Warum also nicht? Die Qualifikation für eine WM ist definitiv der nächste Schritt, den Nordmazedonien machen muss.

Der Sieg in Deutschland war für die Fussballwelt eine große Überraschung. Haben Sie selbst das kommen sehen?

Ja, das haben wir. Wir sind mit großem Respekt nach Deutschland gefahren, schließlich ist das ein viermaliger Weltmeister und die Spieler sind bei lauter Spitzenklubs. Aber ich denke, dass sich der Fussball enorm verändert hat und auch wir haben jetzt Spieler bei Spitzenklubs, die auf hohem Niveau spielen. Teams wie wir können für Überraschungen sorgen. Wir hatten ja auch schon gegen andere Gegner sehr gut gespielt – beispielsweise ein 1:1-Unentschieden gegen Italien geholt – daher dachten wir: 'Warum nicht auch gegen Deutschland?' Wir hatten in den Spielen zuvor einige Schwächen und Probleme bei den Deutschen gesehen und waren zuversichtlich, dass wir zumindest ein Unentschieden holen könnten. Die Deutschen hatten zwar viel Ballbesitz, aber viele Schüsse auf das Tor sind ihnen nicht gelungen. Wir haben taktisch sehr gut gespielt, haben gekämpft wie ein echtes Team und mit viel Herz und Leidenschaft gespielt. Ich denke, dass wir den Sieg verdient haben. Dass ich so etwas überhaupt sagen kann, zeigt ja schon, wie weit wir es in den vergangenen Jahren gebracht haben. Unserem Verband gebührt großes Lob, denn junge Spieler werden besonders gut gefördert. Und auch unser Trainer verdient viel Lob, denn er bereitet uns perfekt vor und hat immer an uns geglaubt.

Wie ist Igor Angelovski als Trainer? Gibt es Gemeinsamkeiten mit Bielsa?

Die beiden kann man nur schwer vergleichen, denn sie haben beide ihre eigenen Philosophien und Persönlichkeiten. Außerdem sind es zwei ganz verschiedene Sachen, eine Nationalmannschaft zu betreuen oder einen Klub. Außerdem ist Bielsa ohnehin ein ganz besonderer Typ. Ihn kann man mit niemandem vergleichen, er ist einfach einmalig! (lacht) Was beide allerdings gemeinsam haben, ist, dass sie ihren Job sehr, sehr gut machen. Angelovski ist ein Typ, der fest an sich selbst und an seine Spieler glaubt. Er legt sehr großen Wert auf ein gutes Verhältnis zu uns. Er will eine gute Stimmung im Team schaffen und uns viel Selbstbewusstsein vermitteln. Wenn man mit einem solchen Trainer an der Seitenlinie aufs Feld geht, verschafft das dem Team viel Sicherheit. Man ist dann viel ruhiger. Und man sieht ja auch an den Resultaten, dass seine Methoden funktionieren. Wir haben uns in der Weltrangliste enorm verbessert. Früher waren wir nicht einmal in den Top 100 und jetzt sind wir auf Rang 65.

Trotz dieser Verbesserung in der Weltrangliste ist Nordmazedonien das am niedrigsten platzierte Team bei der UEFA EURO. Denken Sie, dass das Resultat gegen Deutschland für mehr Respekt oder Furcht bei den Gegnern sorgt?

Ich hoffe nicht, denn es ist eigentlich gut für uns und funktioniert auch gut, wenn wir in der Position des Außenseiters sind. Es macht uns Spaß zu zeigen, was Nordmazedonien drauf hat. Ich habe schon immer gesagt, dass es bei uns viele Talente gibt. Gefehlt hat bislang das Geld und die Infrastruktur wie in vielen anderen Ländern, beispielsweise England. Doch nun haben wir uns qualifiziert und gute Chancen, etwas für die Zukunft aufzubauen.

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Zum Abschluss noch eine Frage zu Leeds. War dieser Weg mit Bielsa sehr befriedigend, mit dem Klub den Wiederaufstieg in die Premier League zu schaffen und so einen großen Anteil daran zu haben?

Ich sage immer: Leeds United hat mein Leben verändert. Als Fussballspieler und auch als Mensch. Ich bin ruhiger, erfahrener und reifer geworden. Das verdanke ich dem, was ich hier gelernt habe. Und das kann ich auch über Bielsa sagen, nach drei Jahren unter ihm als Trainer. Er hat meinen Blick auf das Leben verändert und mich als Spieler sehr viel weitergebracht. Ich denke, dass ich mich jeden Tag unter ihm als Trainer weiter verbessert habe und empfinde große Dankbarkeit. Ich weiß, dass ich die Zeit auch genießen muss. Diese drei Jahre waren sehr gut, aber sie sind auch sehr schnell vergangen. Die Premier League ist eine großartige Erfahrung für uns und ich möchte so weit vorn wie möglich landen, weil ich wirklich glaube, dass wir hier ein starkes und ganz besonderes Team aufgebaut haben.