Samstag 04 Juli 2020, 03:25

Afrikas Wunderkind Tino Kadewere

  • Tino Kadewere entstammt einer wahren Fussballfamilie

  • Ganz Simbabwe träumt von der historischen ersten WM-Teilnahme

  • Auf dem Europa-erfahrenen Angreifer ruhen große Hoffnungen

Fussball spielt im Hause Kadewere eine große Rolle. Der jüngste Spross der Familie, Philana Tinotenda (kurz: Tino) wurde am 5. Januar 1996 in Harare geboren. Genau wie seine drei älteren Brüder ist auch er vom runden Leder fasziniert. Vater Onias leitete einst eine Fussballschule in einem Vorort der simbabwischen Hauptstadt. Dort ging Tino seit seinem sechsten Lebensjahr regelmäßig ein und aus. In dieser Konstellation – der Vater Trainer, die drei älteren Brüder Prosper, Prince und Pardon allesamt Profis in der heimischen Liga – war das Schicksal Tino Kadeweres frühzeitig entschieden: auch er wurde Fussballer.

"Dieses Umfeld hat in der Tat eine wichtige Rolle für meine erfolgreiche Karriere gespielt", so der Angreifer gegenüber FIFA.com. "Mein Vater nahm natürlich eine Schlüsselrolle ein. Er hat immer auf mich Acht gegeben. Sein Rat und seine Unterstützung waren fundamental und haben mir geholfen, derjenige zu werden, der ich heute bin."

"Man hat gleich gesehen, dass er ein Naturtalent ist. Als wir noch klein waren, hatten wir kaum Geld und mussten barfuß spielen. Bei Tino war das anders. Wir hatten etwas angespart, um ihm ein Paar Fussballschuhe und einen Ball zu kaufen. Das hat nat...
Prosper Kadewere, Bruder von Tino Kadewere

Auf nach Europa

Nachdem der Vater im Jahr 2015 verstorben war, wollte Tino Kadewere auf eigenen Beinen stehen. Er verließ seinen Ausbildungsverein Harare City FC, um den Sprung in die schwedische Liga zu wagen. "Mit dem Wechsel nach Europa ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Es ist unglaublich schade, dass mein Vater das nicht mehr erleben durfte", so der Angreifer. "Wo auch immer er gerade sein mag – ich weiß, dass er stolz auf mich ist und ich spüre, dass er weiterhin ein Auge auf mich hat."

Gleich in seinen ersten Partien für Djurgårdens IF stellte Kadewere seine Abschlussqualitäten unter Beweis. Nach dem Wechsel nach Schweden wurde er zudem erstmals in die simbabwische Nationalmannschaft berufen. Er begeisterte mit seiner Trefferquote und verdiente sich dadurch mehrere Länderspieleinsätze (15), bevor AC Le Havre auf Tino Kadewere aufmerksam wurde und der Angreifer in die französische Ligue 2 wechselte. Dort bestätigte er seinen Torriecher: In anderthalb Spielzeiten erzielte er 26 Treffer in 50 Begegnungen. Der Lohn: Zur Saison 2020/21 wechselt Simbabwes Wunderkind zu Olympique Lyon.

"Ich gehe Schritt für Schritt", analysiert er seinen bisherigen Werdegang. "Ich wollte mich erst in Europa akklimatisieren. Deshalb bin ich nach Schweden gegangen, dort sprechen die Leute perfekt Englisch. Dann ergab sich die Chance, nach Frankreich zu wechseln. Erst zu Le Havre, nun nach Lyon. Beides sind echte Traditionsvereine. Die Geschichte der Klubs hat bei den Wechseln schon eine Rolle gespielt."

Kurs auf Katar

Für Tino Kadewere ist auch die Geschichte der simbabwischen Nationalmannschaft sehr bedeutsam. Dabei denkt er vor allem an Moses Chunga, Legende des Nationalteams und Idol des jungen Angreifers. Auch das 2:2-Unentschieden zwischen Simbabwe und Algerien beim CAF Afrikanischen Nationen-Pokal 2017 ist Kadewere in denkwürdiger Erinnerung geblieben. "Es ist eine unglaubliche Ehre, sein Land vertreten zu dürfen. Es ist jedes Mal unbeschreiblich schön, meinen Namen im Kader der Nationalmannschaft zu sehen."

"Selbstverständlich durchlebt das Nationalteam immer wieder Höhen und Tiefen. Doch ich bin überzeugt, dass es unserer Mannschaft eines Tages gelingen wird, dem ganzen Land ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern", so Kadewere weiter. Vielleicht lässt dieser Tag nicht allzu lange auf sich warten. Die erste Qualifikationsrunde für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ hat Simbabwe gemeistert. In der zweiten Qualifikationsrunde kämpft das Team in Gruppe G nun gegen Ghana, Südafrika und Äthiopien um den Einzug in die entscheidende Playoff-Runde, in der ein Ticket zur WM in Katar wartet.

"Jeder weiß, dass der Weg zur Weltmeisterschaft lang und beschwerlich ist. Nichtsdestotrotz sind wir voll auf unser Ziel fokussiert. Wir wissen, dass wir hart arbeiten müssen, um es zu schaffen. Doch wir haben zumindest eine gute Basis: Unsere Mannschaft hat wirklich Talent und ist extrem eingespielt, da wir im Großen und Ganzen bereits seit mehreren Jahren gemeinsam auf dem Platz stehen. Das ist ein Vorteil, den man nicht unterschätzen darf."

Das Team aus Simbabwe scheint in der Tat in guter Verfassung zu sein. Die Mannschaft konnte sich zuletzt zwei Mal in Folge für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal qualifizieren, was davor letztmalig 2004 und 2006 gelang. "Doch das Ziel ist ganz klar die Weltmeisterschaft", betont Kadewere. "Das ist mein sehnlichster Wunsch. Und auch, dass meine Familie stolz auf mich ist". In einer Familie, in der Fussball die Hauptrolle spielt, bedingt das eine vielleicht das andere …