Samstag 14 Juli 2018, 06:11

Pogba: "Noch sind wir nicht am Ziel"

  • Paul Pogba präsentiert sich gereift und in bester Spiellaune

  • Die Enttäuschung von der UEFA EURO 2016 will er vergessen machen

  • Pogba über den Finalgegner: "Die Kroaten sind Weltklasse"

Von Adrien Gingold, Teamreporter Frankreich


Das, was sie seit Beginn der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ von Paul Pogba zu sehen bekommen, ist für die französischen Fans durchaus eine neue Erfahrung. In der Vorwärtsbewegung kaum zu stoppen, ständig auf der Höhe des Geschehens und kreativ in seinen Aktionen: Der Mittelfeldspieler der "Bleus" wirkt nicht nur mental gereift, sondern zeigt sich auch fussballerisch auf seinem besten Niveau. Sich jetzt etwas zurückzulehnen, kommt allerdings nicht in Frage.

Als "Piochy" - wie er von seinem Teamkollegen Antoine Griezmann genannt wird - zwei Tage nach dem Halbfinalsieg über Belgien unser Studio betritt, begrüßt er uns mit ernster Miene. Immerhin haben die "Bleus" gerade das WM-Finale erreicht. "Darüber freue ich mich wirklich sehr. Trotzdem möchte ich mich noch etwas zurückhalten und lieber abwarten. Noch sind wir nicht am Ziel", rechtfertigt Pogba seinen Gesichtsausdruck. Und das sagt ausgerechnet er, der für gewöhnlich als Stimmungskanone innerhalb seiner Mannschaft bekannt ist.

Bittere Erinnerung Frankreichs Mittelfeldakteur weiß aus eigener Erfahrung, dass nach einem Finale einer der beiden Kontrahenten tief enttäuscht nach Hause zurückkehrt. "Sicher, 2017 habe ich mit Manchester United die UEFA Europa League gewonnen (Pogba wurde zudem zum besten Spieler des zweitwichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs gewählt). Aber sonst habe ich keinen weiteren Finaltriumph genießen können. 2015 in der UEFA Champions League und 2016 bei der UEFA EURO musste ich jeweils eine Niederlage hinnehmen", so Pogba, der ob des bitteren Rückblicks wohl vergessen hatte, dass er bei der FIFA U-20-Weltmeisterschaft 2013 den Titel geholt und mit dem Goldenen Ball von adidas als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet worden war.

Darüber hinaus ist der Profi von Manchester United inzwischen auch misstrauischer geworden, was nach seiner eigenen Aussage bei Weitem nicht immer so war. "2016 haben wir vor Selbstvertrauen nur so gestrotzt. Nachdem wir im Halbfinale Deutschland geschlagen hatten, sahen wir uns schon als Europameister. Ich bin mir sicher, dass wir diesen Fehler nicht noch einmal machen werden. Die kroatischen Spieler kenne ich recht gut, die sind Weltklasse. Diese Mannschaft ist hervorragend aufgestellt. Aber am Sonntag wird nur ein Team von beiden die Trophäe in den Himmel stemmen dürfen. Und das müssen wir sein!"

Kindheitstraum erlangt neue Dimension Damit dies gelingt, müssen die Fehler von 2016 also völlig ausgeblendet bleiben. Auch besteht keinerlei Anlass, sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen, schon gar nicht unmittelbar vor dem finalen Höhepunkt der WM. Hinzu kommt, dass sich Pogba endlich seinen Traum aus Kindheitstagen erfüllen möchte. "Ich weiß, wo ich herkomme und was ich alles getan habe, um das zu werden, was ich heute bin. Alle kleinen Jungen leben den Traum, einmal bei einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ zu spielen. Als ich klein war, träumte ich davon, im WM-Finale einen Treffer zu erzielen", erinnert er sich, bevor er lächelnd hinzufügt: "Inzwischen habe ich mein Ziel überdacht, denn jetzt will ich auf jeden Fall auch den Pokal gewinnen!"

Natürlich ist sich der 59-malige Nationalspieler darüber im Klaren, dass seine eigene Entwicklung unmittelbar durch die Erfolge mit der Nationalmannschaft unter Didier Deschamps geprägt wurde. Nur wollte er eben auch an seine Kindheit erinnern und erläutern, wie er seine Träume von damals durch die Wirklichkeit aus Sicht des Erwachsenen zu ersetzen versucht. "Wir tragen zwar einen Stern auf unseren Trikots, doch ich selbst war bei diesem Titelgewinn nicht dabei", so das Schlusswort von Pogba, der fest entschlossen scheint, sich seinen Traum endlich zu erfüllen.

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