Sonntag 08 Juli 2018, 00:41

Die "Spätzünder" der WM-Geschichte

  • ​Bei den WM-Turnieren gab es immer wieder 'Spätzünder'

  • Einige von ihnen sind zu wahren WM-Legenden geworden

  • Auch in den Reihen der Halbfinalisten 2018 finden sich Kandidaten für diese Rolle

In der Geschichte der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ gab es zahlreiche Spieler, die zu Beginn des Turniers eher blass blieben, dann aber in der entscheidenden Phase aufblühten und zu wahren Helden wurden. Wir erinnern an einige dieser späten Helden früherer WM-Endrunden und nennen einige Akteure, die sich in der Schlussphase der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ in diese Liste einreihen könnten.

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1958 – Pelé

Das Turnier 1958 in Schweden gilt zumeist als die WM Pelés, doch kaum jemand erinnert sich daran, dass er an den ersten beiden Spielen gar nicht beteiligt war: Nach einer Verletzung in einem Vorbereitungsspiel musste der damals 17-Jährige zu Beginn des Turniers noch pausieren. An seiner Stelle spielte im Sturm der "Seleção" José Altafini, der später für Italien stürmen sollte. Pelé kehrte im letzten Gruppenspiel gegen die Sowjetunion in den Kader zurück, konnte sich in dieser Partie allerdings kaum profilieren.

Erst in der K.o.-Phase des Turniers explodierte "O Rei" dann förmlich: Im engen Viertelfinale gegen die Überraschungsmannschaft von Wales sorgte Pelé in der 73. Minute für die Entscheidung, als er mit dem Rücken zum Tor stehend seinen Gegenspieler mit einem cleveren Trick aussteigen ließ, sich schnell drehte und den Ball am machtlosen Torhüter Jack Kelsey vorbei ins Tor schob. Das war die Initialzündung für den Teenager: Im Halbfinale trug Pelé mit einem Hattrick in der zweiten Halbzeit zum 5:2-Sieg gegen Frankreich bei. Es folgte das unvergessliche Finale gegen Gastgeber Schweden. Pelé erzielte zwei Tore: Auf seinen fantastischen Heber mit anschließendem Volleyschuss in die Maschen ließ er in der letzten Minute noch einen Kopfballtreffer folgen und etablierte sich damit endgültig als neuer Superstar.

Geoff Hurst scores England's third goal against West Germany in the World Cup final at Wembley

1966 - Geoff Hurst

Eigentlich war nicht geplant, dass Geoff Hurst, Stürmer von West Ham United, das englische Team bei der Heim-WM 1966 zum Triumph führen sollte. Diese Aufgabe war vielmehr Jimmy Greaves von Tottenham Hotspur zugedacht. Doch Greaves gelang in der Vorrunde kein einziges Tor und wegen einer Verletzung versäumte er das Viertelfinale gegen Argentinien. Diese Partie wurde letztlich durch Greaves' Ersatzmann Hurst entschieden, der mit einem Kopfball ins lange Eck für die Entscheidung sorgte.

Hurst blieb auch im Halbfinale im Team und Trainer Sir Alf Ramsey entschied sich auch im Finale für die gleiche Aufstellung, obgleich Greaves wieder einsatzbereit war. Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig, denn Hurst gelang im Finale im Wembley-Stadion ein Hattrick, mit dem er Englands bis heute einzigen WM-Titelgewinn besiegelte.

1982 – Paolo Rossi

Der vielleicht überraschendste Spätzünder der WM-Geschichte war der italienische Strafraumstürmer Paolo Rossi. Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 1978™ hatte er zu den großen Stars des italienischen Teams gehört. Allerdings war er nach einer längeren Sperre wegen seiner Verwicklung in einen Wettskandal erst kurz vor der WM 1982 in den Profizirkus zurückgekehrt. Die "Azzurri" taten sich in der Gruppenphase überraschend schwer. Rossi wirkte bedrückend formschwach und mehrere Gazetten schrieben bereits ihren Abgesang auf den einst so großartigen Stürmer.

Als Italien in der zweiten Runde auf Brasilien traf, gab kaum jemand viel auf die Chancen der Südeuropäer. Allerdings brachte Brasiliens Torhüter Valdir Peres vor dem Spiel seine einzige Sorge zum Ausdruck, nämlich dass Rossi doch noch seine Form wiederfinden könnte. Und genau so kam es auch. Rossi steuerte in einem der denkwürdigsten WM-Spiele aller Zeiten alle drei Tore zum 3:2-Sieg Italiens bei. Im Halbfinale gegen Polen gelangen ihm zwei weitere Treffer, und auch im Finale gegen die BR Deutschland trug sich Rossi in die Torschützenliste ein. Er beendete das Turnier als Weltmeister, Torschützenkönig und unumstrittener Topstar.

Fabio Grosso of Italy in action

2006 – Fabio Grosso

24 Jahre später feierte Italien erneut den Titelgewinn bei einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™, dieses Mal mit einem Team voller renommierter Stars wie Gianluigi Buffon, Fabio Cannavaro, Andrea Pirlo, Francesco Totti und weiteren. Da wirkte Fabio Grosso, Linksverteidiger von Palermo, schon fast wie ein Eindringling. Er stand bei den ersten beiden Gruppenspielen Italiens zwar in der Startaufstellung, konnte jedoch kaum beeindrucken. Als es dann in die K.o.-Runden ging, war er den meisten Beobachtern kaum mehr als eine Randnotiz wert.

Im Achtelfinale gegen Australien mussten die "Azzurri" einen Platzverweis hinnehmen und liefen Gefahr, auszuscheiden. Dann jedoch stieß Grosso auf der linken Außenbahn nach vorn vor und drang in den Strafraum ein, wo er gefoult wurde. Den anschließenden Strafstoß verwandelte Totti zum Siegtreffer für Italien. Grosso behielt seinen Platz im Team und wurde immer selbstbewusster. Im Halbfinale gegen Gastgeber Deutschland war er dann genau im richtigen Moment zur Stelle und brachte sein Team in Führung. Das WM-Finale gegen Frankreich ging nach einem 1:1 in der Verlängerung ins Elfmeterschießen. Italien verwandelte alle fünf Schüsse und sicherte sich damit seinen vierten Weltmeistertitel. Und wer verwandelte den fünften und letzten Schuss Italiens und löste damit riesige Jubelstürme aus? Niemand anders als eben jener Fabio Grosso.

2018 - ???