Freitag 19 April 2019, 05:53

Weir: Wir möchten, dass das ganze Land hinter uns steht

  • Die Stürmerin von Manchester City und Schottland spricht über Frankreich 2019

  • Zentrale Rolle bei der Qualifikation für die FIFA Frauen-WM

  • Weir: "Unsere Qualifikation für Frankreich war ein Karrierehöhepunkt"

"Als kleines Mädchen habe ich genau davon geträumt: für Schottland bei einer WM zu spielen."

Caroline Weir war gerade drei Jahre alt, als Schottland zuletzt auf der globalen Fussballbühne zu sehen war. Damals nahm die A-Nationalmannschaft der Männer an der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Frankreich 1998™ teil. Erinnern kann sie sich daran verständlicherweise nicht mehr. Aber sie reist in diesem Sommer selbst nach Frankreich, wo sie sich ihre eigenen denkwürdigen Erinnerungen an eine historische Endrunde schaffen kann und will, nämlich bei Schottlands erster Teilnahme an der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™.

"Es ist toll, eine Mannschaft zu haben, hinter der sich das ganze Land versammeln kann", freut sich Weir im Exklusiv-Interview mit FIFA.com. "Es gibt nichts Größeres als eine Weltmeisterschaft. Wir sind sehr stolz und hoffen, dass wir nicht nur Mädchen verstärkt für den Fussball begeistern können. Wir wollen das Land hinter uns bringen. Es soll Spaß machen, diese Mannschaft zu unterstützen."

Viele Spielerinnen verstehen sich vor der Endrunde in Frankreich verstärkt als Vorbilder. Der Frauenfussball benötigt angesichts seines enormen Zulaufs Spitzenspielerinnen, die ihren Sport kontinuierlich und aktiv bewerben. Auch die Stürmerin von Manchester City Women sieht sich durch die Fortschritte im Frauenfussball in einer privilegierten Position.

Sie erinnert sich: "Ganz früher habe ich als einziges Mädchen in einer Jungenmannschaft gespielt. Negative Kommentare der Gegenspieler oder ihrer Eltern waren an der Tagesordnung. In meiner Mannschaft hingegen hat es niemanden gekümmert, dass ich ein Mädchen war. Damals habe ich mir keine großen Gedanken darum gemacht. Aber rückblickend hat es meine heutige Denkweise geprägt. Ich weiß einfach, dass man Hürden zu überwinden hat.

Umso großartiger ist es zu sehen, wie es im Frauenfussball heute läuft. Dass es für Mädchen, die Fussball spielen wollen, Möglichkeiten gibt. Natürlich ist der Weg noch nicht geschafft, aber es sind aufregende Zeiten für Mädchen im Fussball."

DATENBLATT

  • Aktueller Klub: Manchester City

  • Vorherige Klubs: FC Liverpool, Bristol Academy, FC Arsenal, Hibernian

  • Position: Offensives Mittelfeld/Angriff

  • Erfolge: 2014 FA Cup (mit dem FC Arsenal), 2016 Schottlands Fussballerin des Jahres

  • Länderspieldebüt: Island – Schottland (2:3 am 1. Juni 2013, mit 17 Jahren)

  • Erstes Länderspieltor: gegen die Färöerinseln (am 13. September 2014, mit 19 Jahren)

Für die Jüngeren in Schottland gibt es dank des Erfolgs, den Weir und ihre Mitspielerinnen mit der Qualifikation für Frankreich 2019 errungen haben, nun erstmals WM-Teilnehmerinnen, zu denen sie aufschauen können. Weir hat den historischen Augenblick in Albanien auf dem Platz miterlebt.

Der Gedanke daran lässt sie noch immer lächeln. "Es war ein überwältigendes Gefühl des Stolzes, dass wir es geschafft hatten. Für mich war es ein Karrierehöhepunkt", sagt sie. "Wir mussten das Spiel unbedingt gewinnen und wir haben es gewonnen. Aber erst kurz nach dem Schlusspfiff stand fest, dass wir qualifiziert waren."

Das wurde uns dann klar, als alle auf den Platz rannten. Dafür hatten wir lange gearbeitet. In diversen Qualifikationen zuvor waren wir gescheitert. Umso emotionaler war dieser Augenblick."

In der Vorrunde erwartet die Mannschaft von Trainerin Shelley Kerr eine schwierige Gruppe mit Japan, Argentinien – und Schottlands ewigem Rivalen England. Das Nachbarschaftsduell ist für Weir eine "große Sache".

"Für uns geht es in erster Linie darum, die Vorrunde zu überstehen", schätzt sie. "Das halte ich für vorrangig. Aber wir denken von Spiel zu Spiel. Wir wollen kein Punktelieferant sein, sondern unser Bestes geben und sehen, wie weit wir damit kommen, Schritt für Schritt, Spiel für Spiel."

SCHOTTLANDS SPIELE IN GRUPPE D

09. Juni: England (17.00 Uhr Ortszeit in Nizza)

14. Juni: Japan (14.00 Uhr Ortszeit in Rennes)

19. Juni: Argentinien (20.00 Uhr Ortszeit in Paris)

Ihren 24. Geburtstag am 20 Juni, dem Tag nach Schottlands letztem Spiel in Gruppe D gegen Argentinien, will Weir am liebsten als Teil einer Mannschaft feiern, die im Achtelfinale steht. Das wäre dann zugleich der Auftakt für eine Riesenparty auch und vor allem für die Fans, denn noch nie hat eine schottische Mannschaft die Vorrunde bei einer WM überstanden – auch bei den Männern nicht.

"Wir werden in Heimspielen immer ganz großartig unterstützt. Während der Qualifikation haben uns die Fans in schwierigen Momenten immer geholfen. Je mehr Fans uns also nach Frankreich begleiten, desto besser", findet Weir. "Es ist ja kein allzu weiter Weg, und die Fangesänge unserer 'Tartan Army' würden uns immens anspornen. Wir hoffen, dass sich das auf das ganze Land überträgt, schließlich ist es für Schottland eine große Sache. Und wir können jede Unterstützung brauchen."

Der Traum, den Weir als kleines Mädchen hatte, steht kurz vor seiner Erfüllung. Sie hofft nun, dass ihre Leistungen in Frankreich für alle Schottinnen und Schotten eine Inspiration sind.