Sonntag 29 Dezember 2019, 15:19

Vilda: "Wir haben couragiert verloren"

  • Jorge Vilda analysiert die Partie Spanien – USA bei der Frauen-WM

  • Im Video erklärt er, wie der Spielzug zum 1:1 einstudiert wurde

  • "Wir möchten dafür in Erinnerung bleiben, wie wir unsere Siege erringen"

Der Auftritt der spanischen Nationalmannschaft bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019 ist im Gedächtnis geblieben und findet noch immer viele Bewunderer. Im Achtelfinale traf La Roja auf die USA und ließ sich von dem mächtigen Gegner keinesfalls einschüchtern, sondern spielte auf Sieg und hätte um ein Haar für die große Überraschung gesorgt.

Die Spanierinnen mussten sich am Ende zwar geschlagen geben, ihr Auftritt schlug sich jedoch einige Monate später im Technischen Bericht der Frauen-WM 2019 nieder, in dem Spanien bei vielen analysierten Leistungsaspekten weit oben rangiert.

Trainer Jorge Vilda lässt den leidenschaftlichen Fussballnachmittag in Reims noch einmal Revue passieren, analysiert den einstudierten Spielzug, der zum zwischenzeitlichen 1:1 führte, und nimmt zu den positiven Werten Stellung, die der technische Bericht der Frauen-WM 2019 über sein Team enthält.

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Geht Ihnen das Duell mit den USA noch durch den Kopf? Manchmal kommen noch Gefühle hoch. Wir waren ganz nah dran, einen großen Traum zu verwirklichen. Wir alle waren davon überzeugt, dass wir es schaffen können – die Spielerinnen ebenso wie der Trainerstab. Dann haben die Amerikanerinnen in unserer besten Phase das 2:1 erzielt, als wir uns den Sieg unter den Nagel reißen wollten. Wir haben bis zum Schluss gekämpft und couragiert verloren.

In welchem konkreten Moment haben Sie geglaubt, dass Spanien den amtierenden Weltmeister schlagen kann? Wir hatten im Vorfeld unter anderem gesagt, dass uns der Sieg nicht durch die Lappen gehen würde, wenn die USA zur Pause nicht führen würden. Außerdem hatten wir geplant, in den ersten 15 Minuten keinen Gegentreffer zu kassieren, denn die USA waren bei der WM für ihre schnellen Treffer bekannt. Diesen Plan konnten wir nicht einhalten.

Aber das Team hat reagiert und innerhalb weniger Minuten den Ausgleichstreffer erzielt. Daher konnten wir weiter kämpfen und verteidigen, worin wir nicht ganz so geübt sind. Tatsächlich hatten wir weniger Probleme als sonst, obwohl wir in so vielen Phasen verteidigen mussten. Unsere Strategie für diese Partie war anders als gewöhnlich, und die Spielerinnen waren mit vollem Einsatz dabei.

War das seit Ihrer Amtsübernahme die beste Version des Teams? Was den Wettkampf angeht, waren wir auf dem höchsten Niveau, aber Spanien kann sich in Ballbesitz noch besser präsentieren und offensiver auftreten. Diesen Aspekt können wir noch verbessern: Wir müssen defensiv auf diesem Niveau arbeiten und offensiv mehr wir selbst sein.

Ich bin unter anderem mit der Devise angetreten, viele Spiele auf maximalem Niveau zu bestreiten, und dadurch haben wir uns entwickelt. Wir haben in den letzten vier Jahren mehr Spiele bestritten als in den acht Jahren davor. Diese Erfahrung, die wir im Gepäck haben, macht sich natürlich bemerkbar.

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Was bedeutet es für Sie, dass Spanien im technischen Bericht der WM 2019 bei vielen Leistungsaspekten weit oben rangiert? Es war sehr befriedigend, an der FIFA-Fussballkonferenz in Mailand teilzunehmen und zu sehen, dass Spanien bei fast allen Leistungswerten zu den besten Teams zählte, beim Herausarbeiten von Chancen, bei den Vorstößen in den Strafraum, den Pässen im Strafraum, beim Pressing und beim Verteidigen. Das gibt dir eine gewisse Ruhe, weil du spürst, dass die Arbeit Früchte trägt. Wir gehören zu den besten Teams, und dafür gibt es Belege.

Hat es Sie überrascht, dass Ihre Auswahl bei einigen Parametern weit vorn rangiert? Nein, das hat mich nicht überrascht. Wir erstellen selbst nach jeder Partie statistische Auswertungen und sie stimmen weitgehend mit dem Turnierbericht überein. Auf der anderen Seite gibt es auch Punkte, bei denen wir Verbesserungsbedarf haben. Daran arbeiten wir bereits.

Welche Lehren aus der WM kann die spanischen Auswahl bereits in die Praxis umsetzen? Erfahrung, spielerische Grundlagen und Wettkampfstärke. Das Ziel war es, uns als Team zu verbessern, und das haben wir mit Bravour getan. Jetzt müssen wir alle Spiele mit der richtigen Einstellung angehen, egal, ob es sich um ein Freundschaftsspiel oder um ein Duell gegen den Weltranglistenersten handelt.

Wird 2020 nach den Leistungen und positiven Erlebnissen der letzten Jahre das Jahr sein, in dem Spanien den entscheidenden Schritt tun kann? Wir wissen, dass wir an den Ergebnissen gemessen werden, aber ich glaube, dass wir vor allem die Pflicht haben, mit unseren Leistungen ein Vermächtnis zu hinterlassen. Wir möchten nicht nur aufgrund von Ergebnissen in Erinnerung bleiben, sondern auch dafür, wie wir unsere Siege erringen.