Dienstag 06 November 2018, 08:56

Miedema: Die Niederlande müssen den Schwung bewahren

  • Vivianne Miedema hat in den letzten acht Spielen für Arsenal 14 Tore erzielt

  • Schon als Drei-Jährige begann ihre Leidenschaft für den Fussball

  • Die Stürmerin spricht über das Playoff-Duell der Niederlande um die Teilnahme an der WM 2019

"Ich liebe Fussball viel zu sehr", sagte Vivianne Miedema am Samstag in London zu Beginn des Gesprächs mit FIFA.com.

Es war genau 13:15 Uhr. Diese Uhrzeit war nicht vereinbart worden, um die 22-Jährige beim Mittagessen oder bei einem Schaufensterbummel in Knightsbridge oder Mayfair zu erwischen, sondern weil genau um diese Zeit die Halbzeitpause im Vitality Stadium begann. Die Stürmerin von Arsenal wollte als Zuschauerin einfach keine Sekunde der Partie zwischen Bournemouth und Manchester United versäumen.

Schnell fanden wir heraus, dass die 66-malige Nationalspielerin und 51-fache Torschützin, die zwei Tore zum 4:2-Sieg der Niederlande gegen Dänemark im Finale der UEFA EURO der Frauen beitrug, dem Fussball schon von Kindesbeinen an verfallen ist.

Als die meisten kleinen Mädchen in ihrem Alter rund um die Jahrtausendwende mit Barbie-Puppen und Furby-Plüschfiguren spielten, ging Vivianne viel lieber mit ihren Eltern ins Stadion De Kuip, wo sie ihre Eltern drängte, nach dem Schlusspfiff noch etwas zu bleiben, um vielleicht einen Schnappschuss mit Pierre van Hooijdonk, Dirk Kuyt oder auch Robin van Persie zu ergattern.

"Meine Eltern waren große Feyenoord-Fans", so Miedema. "Ich fing an, zu den Spielen zu gehen, als ich vielleicht drei Jahre alt war. Und ich habe viele der Spieler getroffen. Das hat mir riesigen Spaß gemacht. Und zu Hause habe ich gegen so ziemlich alles getreten, was mir vor die Füße kam. Meine Mutter wurde regelrecht wahnsinnig, weil ich einfach nicht aufhörte!"

Ihr kleiner Bruder Lars, der heute als 18-Jähriger für PEC Zwolle stürmt, wurde drei Jahre und acht Monate nach Vivianne geboren. Die beiden Geschwister sind durch den Fussball regelrecht miteinander verwachsen.

"Mein Bruder und ich, wir haben immer und überall Fussball gespielt, jeden Tag", erzählt die 22-Jährige. "Wir hatten einen Fussballplatz direkt vor dem Haus. Und wir haben jeden Tag gespielt. Und wenn wir mal nicht selbst gespielt haben, dann haben wir Fussball geschaut – wir haben wirklich alles gesehen, Shanghai gegen Peking oder was auch immer – oder wir haben FIFA auf der PlayStation gespielt.

Wir wollten beide immer Feyenoord sein und haben ständig darüber gestritten. Und wir sind beide keine guten Verlierer. Unsere Mutter wurde regelrecht verrückt dabei, und irgendwann hieß es dann 'Jetzt reicht's aber mit der PlayStation!' "

Voetbal war also schon immer eine regelrechte Manie von Miedema, doch dass es tatsächlich die Möglichkeit gab, im Fussball Karriere zu machen, wurde ihr erst als Teenager klar.

"Ich wusste nicht einmal, dass es eine Frauen-Nationalmannschaft gibt, als ich heranwuchs", sagt sie. "Und nun, nachdem die Niederlande erstmals bei der WM dabei waren und die EURO gewonnen haben, sind wir Vorbilder für all die kleinen Mädchen. Sie träumen davon, für große Klubs und bei großen Turnieren wie der Europameisterschaft und der Weltmeisterschaft zu spielen."

Miedema bestritt ihre erste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ 2015 als 18-Jährige. Ob sie im kommenden Jahr zum zweiten Mal dabei sein wird, hängt vom Ausgang des Playoff-Duells zwischen den Niederlanden und der Schweiz ab, dessen Hinspiel am Freitag in Utrecht steigt.

"Die Schweiz hat ein wirklich gutes Team", sagt Miedema. "Sie waren bei der letzten WM dabei und haben sich problemlos für die EURO 2017 qualifiziert. Für Schottland war es eine große Leistung sich vor der Schweiz einen Platz [bei der WM in Frankreich] zu sichern.

Aber den Schweizerinnen fehlt Lara Dickenmann, die verletzt ist, und auch Ramona Bachmann wird das Hinspiel verpassen. Damit fehlt viel Klasse. Aber auch Lia Walti, dich ich von Arsenal kenne, ist eine wirklich gute Spielerin, und sie haben auch noch mehr starke Akteurinnen.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir im Hinspiel eine möglichst hohe Führung schaffen. Wir spielen zu Hause und 23.000 Fans werden uns viel Energie schenken. Auswärtstore zählen zwar noch mehr, aber wir müssen natürlich trotzdem versuchen, schon zu Hause so viele Treffer wie möglich zu erzielen."

Tore erzielt Miedema mit ihren adidas X18 jedenfalls wie am Fließband. Allein in den letzten acht Einsätzen für Arsenal hat die Stürmerin aus Hoogeveen 14 Mal getroffen.

"In der letzten Saison hatte ich viel mit Verletzungen zu kämpfen", so Miedema. "Im Sommer hat man mir dann eine längere Pause gegönnt. Ich konnte entspannen und auftanken. Jetzt fühle ich mich wieder richtig fit. Arsenal spielt eine Menge Chancen heraus. Das kommt mir natürlich sehr entgegen. Ich habe großes Glück, dass ich an der Seite solch großartiger Spielerinnen spiele."

Überhaupt spart die sympathische junge Angreiferin, die sogar schon ein Buch veröffentlicht hat, nicht mit Lob für andere. Sie schrieb Lobgesänge auf ihre Landsmänninnen Danielle van de Donk und Lieke Martens. Sie ist überzeugt, dass die 21-jährige polnische Stürmerin Ewa Pajor das Zeug hat, eine ganz Große zu werden. Und sie genießt es, ihrer engen Freundin Mana Iwabuchi zuzusehen, die bei der ersten Auflage der FIFA U-17-Frauen-WM den Goldenen Ball von adidas gewann. Ihrer Meinung nach können gleich mehrere Spielerinnen für sich beanspruchen, die Beste der Welt zu sein. Ganz knapp landet bei ihrer eigenen Wertung Pernille Harder vorn, die allerdings mit Dänemark vor knapp einem Monat in der WM-Qualifikation an den Niederlanden scheiterte.

"Es ist wirklich sehr schade, dass sie nicht bei der WM dabei sein wird", bedauert die frühere Stürmerin von Bayern München. Natürlich wäre es für Miedema eine noch größere Schande, wenn die Niederlande die Teilnahme verpassen würden.

"Ich finde, dieser nächste Schritt ist ganz besonders wichtig", sagt sie. "Wir haben uns für die letzte WM qualifiziert und die letzte EM gewonnen. Der Fussball in den Niederlanden entwickelt sich enorm. Wir müssen uns den Schwung bewahren und ich denke, wir werden uns qualifizieren."