Samstag 13 Oktober 2018, 01:29

Kirby - eine Mischung aus Marta und Messi

  • Fran Kirby wird gern als "Mini-Messi" bezeichnet

  • Phil Neville hält sie für stärker als Marta

  • Kirby zu Englands Aussichten bei der FIFA Frauen-WM Frankreich 2019

"Ich ziehe meine Nummer 10 der brasilianischen Nummer 10 vor, das steht fest."

Fran Kirby lächelte verlegen und bescheiden. Phil Neville hatte sie gerade stärker als die unvergleichliche Marta eingestuft. Vor gut einem Jahr hätte die Fussballwelt einen derartigen Vergleich des englischen Frauen-Nationaltrainers wohl noch als reichlich abwegig abgetan. Doch die Zeiten haben sich geändert.

In ersten zwei Spielzeiten nach ihrem Wechsel zu Chelsea im Jahr 2015 kam Kirby lediglich zu sieben Einsätzen in der Women's Super League. Sie erlitt eine schwere Knieverletzung, ein Knochenödem, eine Kniesehnenentzündung und eine schwere Bänderverletzung im Knöchel. Sie bekam Plasma-Injektionen, musste starke Schmerzmittel nehmen, wurde mit Hydrotherapie, Ultraschall- und Magnettherapie behandelt.

Es folgte ein überwältigend starkes Jahr wie aus dem Märchenbuch, in dem sich Kirby als eine der besten Spielerinnen der Welt etablierte. Dank ihrer starken Leistungen für Chelsea wurde die nur 1,57 Meter große Stürmerin ebenso wie bei den Männern der Ägypter Mo Salah als PFA- und FWA-Spielerin des Jahres ausgezeichnet.

Und in der Nationalmannschaft zeigte Kirby ähnlich starke Leistungen. Auf dem Weg zum zweiten Platz beim SheBelieves-Cup im März war sie beim 4:1-Sieg gegen Frankreich die herausragende Akteurin auf dem Feld. Am Samstag vor einer Woche erzielte Kirby in einem Freundschaftsspiel gegen Brasilien das einzige Tor der Partie mit einem cleveren Kopfball. Drei Tage später gelang ihr bei einem 1:1-Remis gegen Australien nach einer schönen Drehung erneut ein Treffer für England.

"Ich denke, dass Fran ihr Potenzial bisher noch gar nicht ganz ausschöpft", so Neville weiter. "Sie kann wirklich so ziemlich alles."

Kirby reagierte wie erwartet: "Das ist natürlich ein riesiges Kompliment für mich. Ich empfinde enormen Respekt für Marta. Ich sehe ihr sehr gern zu und finde es fantastisch, was sie am Ball kann. Wenn es mir gelingt, dies auch nur annähernd nachzumachen, bin ich rundum zufrieden."

Der Vergleich mit Marta war indes nicht der erste, den Kirby zu schultern hatte. Ihr fantastisches Tor gegen Mexiko nach einer schönen Einzelleistung bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015 trug ihr den Spitznamen "Mini-Messi" ein. Und dieser Spitzname blieb haften.

"Ich kann schlecht zum Trainer sagen, dass er mich nicht so nennen soll – schließlich ist das ja ein riesiges Kompliment", so Kirby. Doch mit derartigen Vergleichen steigt natürlich die Erwartungshaltung. "Bei einem solchen Spitznamen erwarten die Leute förmlich, dass du zehn Gegnerinnen ausspielst und den Ball dann ins Tor jagst."

Kirby gibt sich zwar bescheiden, was sie selbst angeht, keineswegs jedoch, was die Ambitionen Englands bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ im kommenden Jahr betrifft. In Kanada schafften es die Engländerinnen 2015 bis ins Halbfinale, und auch bei der UEFA EURO der Frauen im vergangenen Jahr erreichten sie die Vorschlussrunde. Auf die Frage, ob der Titelgewinn in Frankreich also ein zu hoch gestecktes Ziel sei, antwortete sie resolut:

"Nein, keineswegs. Wir waren jetzt zwei Mal im Halbfinale und haben beide Male schmerzliche Niederlagen eingesteckt. Das war natürlich enttäuschend für uns. Jetzt müssen wir zeigen, dass wir daraus gelernt haben und noch einen weiteren Schritt bis ins Finale machen."

Kirby verkörpert den "totalen Fussball", den Neville sehen will und trägt bei Chelsea mittlerweile sogar die Rückennummer 14, wie der unvergessliche Johan Cruyff als Vorvater dieses Konzepts. Ihr großes Idol ist indes Thierry Henry. Sie ist einfallsreich, vielseitig, torgefährlich, ständig in Bewegung und harmoniert perfekt mit ihren Teamkameradinnen.

"Wir haben unser Potenzial beim SheBelieves Cup gezeigt", so Kirby. "Wir haben die nötige Erfahrung und wollen nun den ganzen Weg bis zum Erfolg gehen."

Wird es Kirby gelingen, Frankreich 2019 als Fran 2019 in die Geschichtsbücher eingehen zu lassen?