Montag 17 Juni 2019, 14:00

Polkinghorne verlässt gern ausgetretene Pfade

  • Die australische Spielerin Clare Polkinghorne ist eine echte Leseratte

  • Sie hat einen Abschluss in Kriminologie und in Psychologie

  • Polkinghorne über ihre Nebenrolle bei den Matildas: "Wir haben da einen kleinen Buchklub am Laufen"

Von Pete Smith, Teamreporter Australien

"'Ein Leser durchlebt tausend Leben, ehe er stirbt. Doch wer nie liest, lebt nur sein eigenes." George R.R. Martin

Die meisten Fussballer verbringen einen Teil ihrer Freizeit heutzutage mit Videospielen, Aktivitäten in den Sozialen Medien oder einfach mit einem guten Kaffee. Doch für Australiens erfahrene Verteidigerin Clare Polkinghorne darf es durchaus etwas Anspruchsvolleres sein. Die frühere Spielführerin der Matildas verschlingt ein Buch nach dem anderen. Polkinghorne ist keine Gelegenheitsleserin sondern eine echte Leseratte.

Für dieses Jahr hat sie sich das Ziel gesetzt, 38 Bücher zu lesen. Das entspricht insgesamt rund drei Millionen Wörtern. "Ich begeistere mich für gute Lektüre und lege für mich selbst eine Herausforderung fest", so Polkinghorne gegenüber FIFA.com. "Es dürfen schon richtige Wälzer sein. Ein paar sind etwas kürzer, doch die meisten Bücher haben so um die 500 bis 600 Seiten. Wenn ich in einem Trainingslager ankomme, lautet die erste Frage oft: 'Was liest du gerade?' Ich werde oft nach Leseempfehlungen gefragt. Wir haben mehrere Bücherwürmer im Team. Meeks (Tameka Yallop) kennt sich ziemlich gut aus. Wir geben uns oft gegenseitig Tipps und Empfehlungen. Wir haben da einen richtigen kleinen Buchklub am Laufen!"

"Polks", so ihr Spitzname seit ihrem Debüt 2006 als 17-Jährige, ist allerdings auch abseits des Fussballfelds sehr aktiv. Die Spielführerin von Brisbane Roar und Verteidigerin von Houston Dash hat einen Abschluss in Psychologie und in Kriminologie in der Tasche und arbeitet derzeit an ihrem Master in Kriminologie. Nach ihrer aktiven Karriere möchte sie zur australischen Bundespolizei gehen.

"Roman oder Sachbuch ist nicht so wichtig. Ich finde eine gute Mischung", sagt sie. "Ich lese Bücher aus ganz verschiedenen Genres. Mir gefallen Kriminalthriller, die sich leicht und flüssig lesen und bei der Sachliteratur gefallen mir vor allem Bücher über Psychologie. In letzter Zeit habe ich meist Romane gelesen, um meine Gedanken mal etwas abschweifen zu lassen und eine Zuflucht zu haben.

Neben Lisa De Vanna ist Polkinghorne die einzige Spielerin im australischen Kader, die bereits vor zwölf Jahren in der VR China dabei war, wo Australien der Einzug ins Viertelfinale gelang. Vier Jahre später stießen die Australierinnen bei der WM in Deutschland erneut ins Viertelfinale vor, woran Polkinghorne maßgeblichen Anteil hatte. Das Turnier 2015 in Kanada hingegen war für sie eine gänzlich andere Erfahrung. Obgleich sie als zweite Spielführerin fungierte, kam sie kaum zum Einsatz.

In Kanada las sie den Roman "Unterwegs" von Jack Kerouac, die Geschichte eines Roadtrips, bei dem es auch um die Suche nach etwas Unerreichbarem geht. Es war eines der wenigen Bücher, die Polkinghorne nicht bis zum Ende las. Die beliebte und überaus respektierte Spielerin wich jedoch auch in Kanada trotz der Enttäuschung nicht von ihrem Kurs ab. "Ich habe mich nicht den Büchern zugewandt, um mit irgendetwas fertig zu werden. Ich hatte eine Führungsrolle im Team und das war für mich etwas anderes, worauf ich mich konzentrieren konnte.

Ich mag Bücher, bei denen es darum geht, mentale Aspekte zu kontrollieren. Ich denke, das hilft mir auch sehr beim Fussball. Ich denke, man zieht aus solchen Büchern durchaus unterbewusste Hilfe." War die Enttäuschung von Kanada 2015 ein Motivationsfaktor für die vier Jahre bis Frankreich 2019? "Natürlich will man auf dem Feld immer etwas beitragen und bei großen Turnieren spielen. Aber ich würde jetzt nicht sagen", dass mich das wirklich angetrieben hat", so Polkinghorne, die mit 118 Länderspielen auf Platz vier der australischen Rekordnationalspielerinnen liegt. "Unabhängig von den Umständen bin ich eine ziemlich stark motivierte Person und will aus verschiedenen Gründen Erfolg haben, nicht unbedingt, um etwas Enttäuschendes wiedergutzumachen.

"Es ist gut, etwas zu haben, wobei man sich entspannen kann, egal ob es nun Lesen, Malen oder was auch immer ist. Man muss herausfinden, was am besten funktioniert, und sich dann bei Bedarf eine mentale Auszeit gönnen, um wieder ins Gleichgewicht zu finden."