Donnerstag 27 Oktober 2016, 07:48

Morace erinnert sich an historischen Meilenstein

Carolina Moraces Leistungen sind schlichtweg verblüffend. Morace, der erste Superstar des italienischen Frauenfussballs, erzielte in ihren 153 Länderspielen nicht weniger als 105 Treffer. In den gut 20 Jahren, in denen sie auf höchstem Niveau spielte, traf sie mehr als 500 Mal ins Schwarze. Auf Vereinsebene krönte sich Morace beeindruckende zwölf Mal zur Torschützenkönigin Italiens. Darüber hinaus war sie der erste weibliche Coach einer Profimannschaft im Männerfussball, als sie 1999 die Leitung des italienischen Drittligisten Viterbese übernahm.

Es gibt jedoch einen weiteren Meilenstein, mit dem sie sich auf ewig in den Geschichtsbüchern verewigte. 1991 erzielte Morace den ersten Hattrick bei einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™. Ein passender Rekord für eine Ikone der Sportart wie Morace.

Am zweiten Tag des Turniers in der VR China 1991 trafen Le Azzurre auf das Team von Chinese Taipei, und Morace brauchte nicht lange, um ihre Fähigkeiten als Goalgetterin zur Schau zu stellen. Mitte der zweiten Halbzeit hatte sie den Dreierpack perfekt gemacht.

Kurioserweise kann sich Morace kaum an den Tag erinnern, an dem sie in die Geschichte einging. Erst vor wenigen Jahren stellte sie überhaupt fest, dass sie zwei Jahrzehnte zuvor die erste Spielerin gewesen war, der ein Hattrick gelungen war.

"Ich kann mich nicht so gut an dieses Turnier erinnern", sagt Morace zu FIFA.com. "Ich habe es nie groß gefeiert, wenn ich ein Tor geschossen habe. Warum, weiß ich nicht. Natürlich hat man sich gefreut. Ich war jung und es war eine tolle Sache, drei Tore für die Nationalelf zu erzielen. Da ist man sicherlich stolz und denkt, dass man etwas Außergewöhnliches geschafft hat. Ich kann mich daran erinnern, dass wir Italienerinnen es sehr schwer fanden, uns [an China] zu gewöhnen. Wir hatten unser eigenes Essen mitgebracht – Parmesan, Prosciutto, Pasta – und vor jedem Spiel hat unser Coach für alle Pasta gekocht."

Morace, ehemalige Nationaltrainerin Italiens und Kanadas, hat die letzten Jahre in Australien verbracht, wo sie ihre eigene Trainerakademie betreibt. Als FIFA-Instrukteurin reist sie jedoch nach wie vor zu verschiedenen Orten weltweit.

Die in Venedig geborene Morace wurde in ihrer aktiven Zeit La Tigre genannt, "da meine Mitspielerinnen sagten, dass ich beim Spielen Augen wie ein Killer habe". Die Bedeutung der ersten FIFA Frauen-Weltmeisterschaft wurde damals von den Spielerinnen kaum wahrgenommen.

"Damals nicht", antwortet Morace auf die Frage, ob man sich der bahnbrechenden Bedeutung dieses ersten WM-Turniers bewusst gewesen wäre. "Als Spielerin hat man seinerzeit nicht erkannt, dass man ein Pionier war und Geschichte geschrieben hat. Alles war irgendwie normal und ich dachte nur, dass ich als Nummer neun Tore schießen muss. Erst später wird einem bewusst, dass man die erste Weltmeisterschaft auf der anderen Seite der Weltkugel gespielt hat und dass dies etwas Historisches war. Dennoch hatten wir damals natürlich schon den Eindruck, dass es etwas Wichtiges war. Die FIFA hat dem Turnier sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt und auch die Organisation war gut. Darüber hinaus gab es auch Journalisten, die mit dem Team gereist waren."

Morace war damals auch wegen ihrer Arbeit beim italienischen Fernsehen bekannt - eine weitere Pioniertat. Sie erzählt, dass relativ viel über ihr Team und ihre Torerfolge in China berichtet wurde.

"Die großen Zeitungen folgten uns – Corriere della Sera und La Gazzetta dello Sport – und auch auf den Titelseiten stand, dass wir spielten. Natürlich wurde ich besonders erwähnt, da ich Tore erzielte. Dennoch wurde dem Frauenfussball damals wenig [allgemeine] Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn man etwas leistete, war es eigentlich relativ egal. Damals herrschten andere Verhältnisse in der Gesellschaft."

Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft hat in den vergangenen 25 Jahren viele große Torjägerinnen gesehen. Doch unabhängig davon, wie viele neue Namen dazu kommen, den Anfang hat das Original gemacht: Carolina Morace.