Freitag 28 Juni 2019, 19:00

Giuliani: "Irgendwann ist immer das erste Mal"

  • Laura Giuliani arbeitete als Bäckerin, um sich eine Fussballkarriere zu ermöglichen

  • Die italienische Torhüterin entspannt sich mit Schreiben und Yoga

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Von Sonja Nikcevic, Teamreporterin Italien

Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ haben schon einige Torhüterinnen die Schlagzeilen nach dem Spiel bestimmt. Laura Giuliani ist jedoch bislang eher unbemerkt geblieben, obwohl sie bei ihren vier Auftritten für das Überraschungsteam der WM Glanzparaden abgeliefert und nur zwei Tore kassiert hat – keines davon aus dem Spielverlauf heraus.

Die ruhige und zurückhaltende Spielerin ist ganz glücklich darüber – und über Italiens märchenhaften Einzug ins Viertelfinale gegen die Niederlande. Ihrer Meinung nach kann es den Azzurre durchaus gelingen, zum ersten Mal das WM-Halbfinale zu erreichen.

"Wenn wir es bis hierher geschafft haben, wäre es schade davon auszugehen, dass wir nicht noch weiter kommen können", so Giuliani. "Irgendwann ist immer das erste Mal."

"Wir müssen hart arbeiten, um es zu schaffen. Wir werden weiter träumen und auf dem Weg bleiben, den wir eingeschlagen haben, denn wir haben alles verdient, was wir erreicht haben."

Abseits des Spielfelds bleibt Giuliani mit Yoga, Zeichnen und vor allem mit Schreiben fokussiert.

"Die Rolle der Torfrau ist etwas Besonderes, weil du mit vielem ganz allein dastehst", erklärt sie. "Zwischen den Spielen gehen mir oft so viele Dinge durch den Kopf. Wenn ich mich wie eine tickende Zeitbombe fühle, schnappe ich mir ein leeres Blatt Papier, fange an zu schreiben und höre so schnell nicht mehr auf."

Giuliani spielt auf Vereinsebene für Juventus Turin, baute ihre Fähigkeiten jedoch fünf Spielzeiten lang in Deutschland aus, wo sie in einer Bäckerei arbeitete, um finanziell über die Runden zu kommen.

"Als ich 2012 nach Gütersloh ging, reichte mein Gehalt zum Leben nicht aus", erklärt sie. "Ich musste eine Entscheidung treffen, und die Tätigkeit in der Bäckerei war die einzige, die ich frühmorgens ausführen konnte. So konnte ich nachmittags am Training teilnehmen."

"Als ich dann später zu Freiburg wechselte, musste ich nicht mehr arbeiten, habe es aber trotzdem getan – in Cafés oder als Caterer. Das war damals meine persönliche Entscheidung. Durch die Arbeit neben dem Fussball konnte ich aus der täglichen Routine ausbrechen und die Dinge aus einer anderen Perspektive sehen."

Giuliani hielt gleich bei ihrem WM-Debüt einen Elfmeter des australischen Stars Sam Kerr und sorgte mit einer fantastischen Parade gegen die Brasilianerin Debinha für Furore. In der Folge zog Italien aufgrund der besseren Tordifferenz als Tabellenführer der Gruppe C in die K.-o.-Phase ein.

"Das war eine tolle Parade, aber ich gehöre zu den Menschen, die nicht gern Fehler zulassen", meint sie. "Ich versuche lieber, durch gutes Stellungsspiel einen Schuss zu verhindern, als ihn hinterher mit einer spektakulären Parade abwehren zu müssen."

Für ihr Stellungsspiel ist vor allem Italiens Torwarttrainer Cristiano Viotti verantwortlich, mit dem sie trainiert hat, bei Elfmetern auf der Linie zu bleiben.

"Wir haben ziemlich viel daran gearbeitet. Wir haben unterschiedliche Bewegungsabläufe und Paraden ausprobiert. Ich habe versucht, Schüsse zu parieren, während Cristiano auf der Linie stand und kontrolliert hat, ob meine Füße darauf blieben", erklärt sie.

Gemeinsam analysieren sie auch die Positionierung gegnerischer Stürmerinnen, damit Giuliani weiß, von wo die größte Gefahr droht. Doch in der jeweiligen Situation verlässt sie sich auf ihr Bauchgefühl.

"Meine bisherigen Paraden waren kein Zufall – das waren alles Dinge, die wir einstudiert haben. Aber der Fussball ist keine exakte Wissenschaft, und ich bin auf meiner Position ganz allein. Das Gefühl, das ich in einem bestimmten Augenblick habe, ist wichtiger als alles, was wir vorher besprochen haben."

Tickets

Fans, die die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019™ vor Ort in Frankreich erleben möchten, können für die verbleibenden Spiele die noch erhältlichen Tickets online unter de.fifa.com/tickets erwerben, ebenso wie bei den Ticket-Verkaufsstellen direkt an den Stadien.

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