Donnerstag 23 Mai 2019, 13:39

Teamreporter stellen sich vor: Schweden

Bis zum Turnierstart werden einige dieser Teamreporter über ihre Geschichte und ihre Erwartungen an das bevorstehende Weltereignis berichten. Heute ist Alexandra Jonson an der Reihe, die sich ein Leben und eine Karriere in Spanien aufgebaut hat und aus Frankreich über ihr Geburtsland Schweden berichtet.

Alexandras Geschichte

Der Fussball hat in meinem Leben schon immer eine riesige Rolle gespielt. Ich habe schon mit fünf angefangen, Fussball zu spielen. Die ersten vier Jahre spielte ich mit den Jungs zusammen, bis ein Mädchenteam gegründet wurde.

Henrik Larsson war der große Held meiner Kindheit. Von Anfang an habe ich immer die Nummer 7 getragen – wegen Larsson. Ehrlich gesagt tat ich die meisten Dinge wegen Henrik Larsson!

Als ich zwölf war, unterschrieb Henrik bei Barcelona. Das bedeutete, dass ich seine Spiele nun endlich live sehen konnte. Denn die schottische Liga wurde während seiner Zeit bei Celtic Glasgow im schwedischen Fernsehen nicht gezeigt. Ab diesem Moment habe ich dann begonnen, ein immer größeres Interesse für den spanischen Fussball zu entwickeln.

Nach ein paar Jahren bekam ich ein unglaubliches Geburtstagsgeschenk: eine Reise nach Barcelona, um dort ein Spiel im Camp Nou zu sehen. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Ich beschloss, ab sofort Geld zu sparen, weil ich direkt nach der Schule nach Barcelona umziehen wollte.

Das Abenteuer Spanien

Kurze Zeit später, als ich ungefähr 15 war, begann ich auch, mich für Sportjournalismus zu interessieren. Eigentlich lag es daran, dass ich niemanden in meiner Nähe hatte, um mein riesiges Interesse zu teilen. Alle fanden mich einfach nur nervig, weil ich pausenlos über Fussball redete. Also begann ich, stattdessen über Fussball zu schreiben. Ich schrieb einen Artikel für ein Schulprojekt und bekam dafür die Bestnote. Damit hatte ich eine neue Leidenschaft entdeckt.

Damals habe ich selbst noch gespielt. Meine beste Fussballsaison war 2009, als ich für die erste Mannschaft von Hollvikens GIF gespielt habe. In elf Spielen in der vierten Liga habe ich zehn Tore geschossen. Und ich habe das Finale um die schwedische Meisterschaft in meiner Altersklasse erreicht. Aber zum Saisonende habe ich dann einen Kreuzbandriss erlitten. Davon habe ich mich fussballerisch nie wieder ganz erholt.

Aber nach der weiterführenden Schule bin ich tatsächlich nach Barcelona umgezogen, so wie ich es mir fest vorgenommen hatte. Eigentlich wollte ich ein halbes Jahr bleiben und Spanisch lernen. Am Ende blieb ich drei Jahre. Ich schrieb für Fan-Blogs, bekam eine ganze Menge wertvoller Tipps von Sportreportern und schließlich bot sich die Chance, für Fotbollskanalen in Schweden über den spanischen Fussball zu berichten.

2015 zog ich dann zurück nach Schweden, denn ich wollte das Sportjournalismus-Business dort besser kennen lernen. Aber schon bald vermisste ich es, bei den Spielen in Spanien vor Ort zu sein. Bis 2018 reiste ich viel zwischen den beiden Ländern hin und her, und dann zog ich erneut nach Spanien. Dieses Mal war Oviedo mein Ziel, denn ich wollte ein Buch über Real Oviedo schreiben, einen Klub mit einer wirklich besonderen Geschichte. Mittlerweile lebe ich in Vigo. Von hier aus berichte ich in dieser Saison für verschiedene Medien über die Liga-Teams aus dem Norden des Landes.

Im vergangenen Sommer wurde ein weiterer Traum für mich wahr: Ich durfte für die FIFA von der Fussball-WM Russland 2018 über Schweden berichten.

Das war eine fantastische Erfahrung. Ich freue mich sehr, dass ich dieses Jahr die gleiche Aufgabe für das Frauenteam übernehmen darf.

Schweden hat traditionell eine sehr starke Frauen-Nationalmannschaft. Wir haben noch keine einzige WM-Endrunde verpasst. Und ich bin sicher, dass das aktuelle Team für einige Überraschungen sorgen kann. Die Spielerinnen verfügen über Erfahrung, Talent und mentale Stärke. Es herrscht ein gesundes Selbstvertrauen. Das letzte Heim-Freundschaftsspiel gegen Deutschland fand vor einer Rekordkulisse statt. Im Sommer werden die Spiele in den drei größten Städten auf Riesenleinwänden übertragen. Hoffentlich gibt es eine Menge zu feiern!

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Schwedische Träume

Ich bin aus mehreren Gründen vor diesem Turnier ganz gespannt und aufgeregt. Eine meiner lebhaftesten Erinnerungen meiner Kindheit stammt von 2003, als Schweden es bis ins Finale der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ schaffte. Ich erinnere mich noch, wie ich das Turnier am TV verfolgte und welche Reaktionen und Freudenfeiern es in Schweden auslöste.

Ich war damals neun Jahre alt und war zu der Überzeugung gekommen: Weil ich ein Mädchen war, würde ich nie die Chance haben, Profifussballerin zu werden und vom Fussball zu leben. Aber durch diese WM änderte sich meine Einstellung. Erstmals wurde mir klar, dass auch ich die Möglichkeit hatte, eines Tages bei einer WM zu spielen, während das ganze Land jubelt. Das entfachte meine Träume.

Wenn ich mich an diesen Moment und seine Bedeutung für mich erinnere, empfinde ich vor der jetzigen WM eine noch größere Vorfreude. Ich habe die Möglichkeit, noch mehr Mädchen zu zeigen, dass ihr Traum wahr werden kann. Ich bin sicher, dass dies eine historische WM wird. Dass ich meinen Teil zu diesem Turnier beitragen kann, das ein bedeutender Meilenstein für den Frauenfussball werden dürfte, ist einfach unglaublich. Es bringt eine große Verantwortung mit sich, die ich sehr gerne annehme. Ich werde ganz besonders hart arbeiten, um die bestmögliche Berichterstattung zu liefern.