Donnerstag 25 April 2013, 09:28

Delie will ganz nach oben

"Bei der Weltmeisterschaft waren wir froh darüber, Vierter geworden zu sein", erinnerte sich Marie-Laure Delie im Gespräch mit FIFA.com. "Wir hatten das Gefühl, eine Barriere überwunden zu haben. Doch als wir bei den Olympischen Spielen wieder nur denselben Platz belegten, fielen wir in ein Loch. Die Bronzemedaille auf diese Weise zu verlieren – wir waren besonders niedergeschlagen. Doch man muss das nutzen, um mit noch mehr Wut im Bauch zur Europameisterschaft zu fahren. Dieses Mal peilen wir den Titel an", versprach die französische Stürmerin knapp drei Monate vor der UEFA Frauen-Europameisterschaft 2013, die vom 10. bis 28. Juli in Schweden stattfindet.

Jene gegen die Schwedinnen verlorene Partie um Platz drei bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011 und die Niederlage gegen Kanada im "kleinen Finale" des Olympischen Fussballturniers der Frauen London 2012 gehören nun der Vergangenheit an. Im Vorfeld des dritten großen Turniers innerhalb von drei Jahren hoffen die Spielerinnen von Bruno Bini, in eine neue Dimension vorzustoßen und dem Versprechen ihres Talents gerecht zu werden. Trotz der Enttäuschungen sieht die Torjägerin von Montpellier die Entwicklung in den letzten vier Jahren seit dem Erreichen des Viertelfinales bei der Frauen-EM 2009 positiv. "Es ist eine Gruppe, die seit drei, vier Jahren zusammen ist, und die Niederlagen sind Teil des Lernprozesses. Es gibt Etappen, die man erreichen muss. Vor der Weltmeisterschaft sprach niemand über uns. Wir haben große Fortschritte gemacht, und alle Länder fürchten uns nun. Man muss das Positive dieser Entwicklung sehen und darauf aufbauen."

Frankreich war in der Qualifikation für das europäische Kräftemessen überragend, sammelte alle möglichen 24 Punkte bei einem Durchschnitt von vier erzielten Toren pro Spiel und kassierte insgesamt nur zwei Gegentreffer. Die Bleues sind neben Deutschland und Schweden als Gruppenkopf gesetzt und gehören damit zu den Favoriten. Doch zunächst werden sie sich in Gruppe C mit Russland, Spanien und England auseinandersetzen müssen. "Wir haben die Russinnen letztes Jahr mit 3:0 geschlagen, doch es ist ein sehr robustes Team mit großen Spielerinnen. Spanien habe ich gegen Deutschland spielen sehen, und es ist eine tolle Mannschaft, die stark am Ball ist und auch in athletischer Hinsicht beeindruckt. England wiederum ist ein Gegner, den wir sehr gut kennen und der zu allem fähig ist. Wir dürfen diese Spiele nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn wir diese Gruppe als Sieger abschließen wollen", warnte Delie.

Die Abschlussschwäche überwinden Um bis ganz nach oben zu kommen und den Erfolgshunger einer Elf zu stillen, die bis auf den Gewinn des Freundschaftsturniers in Zypern noch keine Titel vorzuweisen hat, hat Frankreich keine Mühen gescheut. England, Niederlande, Deutschland, Brasilien und Kanada: Die Liste der letzten Testspielgegner zur Vorbereitung auf das europäische Turnier zeigt die Ambitionen der Französinnen. "Im letzten Karree gelingt es uns nicht, gegen die großen Mannschaften zu gewinnen", stellte Delie fest. "Vielleicht hat Bruno Bini deshalb die Entscheidung getroffen, in der Vorbereitung gegen härtere Gegner zu spielen, um diese Hürde zu überwinden. Es kann uns mit Blick auf das, was uns bei der EURO erwartet, nur nützlich sein. Denn das Niveau insgesamt ist dort sogar noch höher als bei einer Weltmeisterschaft oder bei Olympischen Spielen."

Das Problem indes ist, dass Frankreich in den letzten sieben Spielen nie über ein Unentschieden hinausgekommen ist. Und in den Momenten der Wahrheit legte die Mannschaft wiederholt jene sprichwörtliche Abschlussschwäche an den Tag, die ihr zu schaffen macht. "Es ist das ganze Team, das ein Effizienzproblem hat", analysierte die Spielerin. "Wenn wir uns die Spiele ansehen, die wir trotz zahlreicher Torchancen verloren haben, müssen wir feststellen, dass dies ein wiederkehrendes Problem ist. Doch wir bleiben zuversichtlich, denn wir wissen, dass wir über die Fähigkeiten verfügen, um Tore zu schießen und jedes Team zu schlagen. Manchmal spielt auch der Faktor Glück eine Rolle, doch ich denke, dass wir bald einen Auslöser erleben werden, um diese Schwäche zu überwinden."

Auch wenn sie als Stürmerin direkt betroffen ist, kann man von der 25-Jährigen eigentlich nicht mehr erwarten. Mit 43 Toren ist sie die zweitbeste Torjägerin in der Geschichte der Bleues. Sie liegt zwar noch weit hinter Rekordtorschützin Marinette Pichon (81), weist aber eine höhere Trefferquote auf (0,77 Tore pro Spiel im Vergleich zu 0,72) und hat ihre Zukunft noch vor sich. "Ich versuche, in jedem Spiel zu treffen. Doch wenn ich auch ohne Torerfolg zum Sieg der Mannschaft beitragen kann, ist das für mich in Ordnung. Ich versuche immer, mein Bestes zu geben. Wenn sich das in Toren auszahlt, umso besser. Doch ich denke vor allem ans Kollektiv. Diesen Rekord zu brechen, ist keine Obsession für mich. Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich lieber gegen Kanada getroffen, um die Bronzemedaille zu gewinnen (lächelt). Ich muss in den wichtigen Spielen konstanter und stärker werden. Ich denke, das wird kommen, und zwar schon bei der EURO", sagte sie zum Abschied.