Dienstag 17 März 2020, 17:03

Kontinuität unter dem neuen U.S.-Nationaltrainer Andonovski

  • Das Frauen-Nationalteam der USA hat seit 31 Spielen nicht mehr verloren

  • Evolution statt Revolution unter dem neuen Trainer Vlatko Andonovski

  • Wir beleuchten vier Schlüsselaspekte seiner neuen Führung

"Müsste ich die von mir bevorzugte Spielweise mit drei Worten beschreiben, so wären das die Worte attraktiv, offensiv und aggressiv."

Dies sagte der neue Trainer des U.S.-Frauen-Nationalteams Vlatko Andonovski unmittelbar nach dem 3:0-Sieg seiner Schützlinge gegen Kanada, mit dem das Team beim CONCACAF Olympia-Qualifikationsturner den obersten Platz auf dem Podium eroberte.

Nach der makellosen Qualifikation für das Olympische Fussballturnier gewann das U.S.-Frauenteam auch den SheBelieves Cup 2020 im eigenen Land, mit drei Siegen in den drei Partien gegen England, Spanien und Japan, wobei es nur ein einziges Gegentor gab.

Den Leitspruch "Never change a winning team" hat Andonovski bei seiner neuen Aufgabe von vornherein beherzigt. Unter Jill Ellis erlebte das U.S.-Team eine extrem erfolgreiche Zeit und gewann zwei Mal in Folge die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™. Entsprechend gab es für den neuen Trainer keinerlei Grund, eine Revolution einzuleiten. Andonovski setzt stattdessen auf Evolution. FIFA.com nimmt vier Aspekte des Teams unter die Lupe, damit die Fans wissen, was sie bei den Olympischen Spielen von Tokio 2020 von dem Topfavoriten erwarten können.

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Hohes und koordiniertes Gegenpressing

Ein neuer Aspekt des U.S.-Frauen-Nationalteams unter Andonovski ist der konsequente Einsatz eines hohen Gegenpressings, mit dem bereits Spielerinnen wie Carli Lloyd, Christen Press und Tobin Heath beginnen. Im Auftaktspiel gegen England beim SheBelieves Cup war dies überdeutlich zu beobachten. Sofort nach einem Ballverlust versuchte das Team durch Gegenpressing, den Ball so schnell und so hoch wie möglich zurückzuerobern.

"Wir drei ganz vorn müssen sehr viel Laufarbeit leisten, um dieses hohe Gegenpressing umzusetzen. Mir kommt das sehr entgegen, denn ich bin eigentlich immer eine Mittelfeldspielerin gewesen und daher auf diese 'Drecksarbeit' eingestellt", so Lloyd. "Die meisten Leute denken, dass sich Stürmer eigentlich nicht am Defensivspiel beteiligen wollen. Aber in unserer Formation und bei unserer Spielweise müssen wir genau das tun. Die Verteidigung fängt bei uns an."

Andonovski sagt, es liege in der DNA des Teams, den Gegner auf diese Weise einzuschnüren.

4-3-3-Formation mit Ertz als Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld

Julie Ertz, die gerade ihr 100. Länderspiel für die USA bestritten hat, darf man durchaus als wichtigste Spielerin des Teams bezeichnen. Sie kann das Spiel perfekt analysieren und auf ihrer Position mit aggressiven, gut getimten Tacklings dazu beitragen, den Spielaufbau des Gegners zu stören. Besonders wichtig ist dies in Spielen gegen Teams, die stark auf Ballbesitz bauen, wie beispielsweise Spanien.

"Ich weiß nicht, ob ich das wirklich sagen kann, aber ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass Julie Ertz die wichtigste Spielerin für unser Team ist", so Andonovskis Einschätzung. "Bevor ich Trainer des Teams wurde, ist mir das nicht so sehr aufgefallen. Doch je mehr wir trainieren und je mehr Spiele wir bestreiten, desto stärker sehe ich, dass sie der Dreh- und Angelpunkt ist. Sie hält die Abwehr zusammen und über sie werden viele Angriffe eingeleitet. Außerdem ist sie ein echter Vorzeigeprofi und studiert das Spiel wie wenige andere. Die Arbeit mit ihr ist ein großes Vergnügen."

Mehr individuelle Freiheiten

Mehrere Spielerinnen bestätigen, dass Andonovski sie zu eigenständigem Denken anhält, wenn sie am Ball sind. So sagte beispielsweise Press: "Unter Jill hatten wir ein sehr genau festgelegtes System, das den Spielerinnen große Klarheit verschaffte, allerdings nicht unbedingt die optimale Entfaltung der jeweiligen individuellen Stärken ermöglichte. Bei einigen Spielerinnen durchaus, bei anderen aber deutlich weniger. Jetzt haben wir mehr Freiheiten und müssen weniger darüber nachdenken, was wohl zu tun wäre. Stattdessen können wir mehr nach dem eigenen Gefühl entscheiden."

Andonovski fördert damit die optimale Entfaltung von Spielerinnen, die in Eins-gegen-Eins-Situationen glänzen, mit Dribblings vorstoßen und ihre Gegenspielerinnen mit Cleverness ausspielen können. Davon dürfte man in Zukunft bei Spielerinnen wie Press, Rose Lavelle und Heath noch mehr sehen.

Lloyd und Press stark wie nie

Lloyd und Press haben seit Andonovskis Amtsantritt noch einmal einen Gang hochgeschaltet. Press erzielte in den letzten zehn Spielen neun Tore und war bei ihren letzten 26 Einsätzen an 25 Treffern direkt beteiligt (11 Tore, 14 Vorlagen). Lloyd ihrerseits blüht in der Rolle der klassischen Neun regelrecht auf.

"Ich kann zur Führung des Teams beitragen und das Pressing einleiten. Es gefällt mir, dass ich als Spielerin und Person respektiert werde, dass bemerkt wird, wie viel Arbeit ich in jede einzelne Trainingseinheit und jedes Spiel stecke. Ich will mich noch weiter steigern", so Lloyd. "Wir können den Fuß nicht vom Gaspedal nehmen. Wir haben ein unglaubliches Team und wenn wir uns weiter steigern, sind wir definitiv nicht zu stoppen."

Für Andovoski stellt sich indes die Frage, wie gut es ihm gelingen wird, das alternde U.S.-Team mit frischem Blut zu verjüngen, beispielsweise durch Spielerinnen wie Mallory Pugh, Tierna Davidson, Andi Sullivan und Sophia Smith.

Hätten Sie's gewusst?

Unter Andonovski haben die USA zehn Spiele gewonnen und noch keines verloren. Damit teilt er sich den Rekord des besten Einstands eines U.S.-Coaches mit Pia Sundhage.