Dienstag 13 Dezember 2016, 12:59

Wörle: Die Institution des FC Bayern

Es gibt Sachen, die ändern sich nie. Blickt man auf den Trainerposten der Frauenmannschaft des FC Bayern München, so könnte es einem vorkommen, dass es auch hier so ist. Seit 2010 hat Thomas Wörle dieses Amt inne. Dabei war der Anfang eher zufällig. Sein Vater war zu dieser Zeit Trainer der FCB-Frauen, hatte aber gesundheitliche Probleme und konnte daher nicht zu einem Spiel reisen.

"Als die Champions League Qualifikation in Litauen anstand, bin ich von heute auf morgen in Absprache mit unserer Managerin, Karin Danner, eingesprungen und habe gecoacht", beschreibt der  34-Jährige im exklusiven Interview mit FIFA.com seinen Einstieg in den Trainerjob.

Der ehemalige Zweitligaprofi, der zuletzt für die SpVgg Greuther führt spielte, musste kurz zuvor seine Fussballschuhe wegen des Pfeifferschen Drüsenfiebers frühzeitig an den Nagel hängen. Doch das Ergebnis bei seinem ersten Einsatz als Trainer war so vielversprechend, dass sich der FC Bayern und Wörle Junior darauf einigten, dass er die Arbeit seines Vaters fortführen sollte.

"Ich wollte schon immer eines Tages wie mein Vater als Trainer arbeiten. Sein Einfluss auf mich war sicher groß. Er ist ein sehr erfahrener und cleverer Trainer. Wir haben heute noch viel Kontakt, sprechen alle paar Tage. Ich versuche, von seinem enormen Erfahrungsschatz zu profitieren," beschreibt der gebürtige Schwabe die Beziehung zu seinem Vorgänger.

Große Erfolge Für den FC Bayern war die Entscheidung, auf einen damals 28-Jährigen zu setzen, goldrichtig. 2012 gewannen die Rotweißen den DFB-Pokal und 2015 wurde man etwas überraschend mit hauchdünnem Vorsprung deutscher Meister. Dieser Coup wurde ein Jahr später wiederholt, dieses Mal aber etwas weniger knapp. Saisonübergreifend blieb Wörles Team 40 Spiele ungeschlagen, stellte damit einen neuen Rekord in der Bundesliga auf und stand am Ende mit zehn Punkten Vorsprung ganz oben.

Mittlerweile geht der Meistermacher in seine siebte Saison an der Seitenlinie. Seitdem Wörle sein Amt angetreten hat, saßen beim Männerteam der Bayern übrigens unter anderem Louis van Gaal, Jupp Heynckes, Pep Guardiola und jetzt Carlo Ancelotti auf der Trainerbank. Welchem Stil hat er es zu verdanken, dass er so lange unangefochten blieb?

"Ich habe davon profitieren können, dass ich mich entwickeln durfte. Ich fordere im Training sicher viel ein und arbeite gerne professionell. Das versuche ich vorzuleben", gibt er als Antwort. Doch das ist nicht alles. Neben der professionellen Ebene, versucht Wörle sein Team auch auf der persönlichen Ebene zu erreichen. Ganz so, wie er es selbst in seiner aktiven Karriere bevorzugte und wie er es von seinem Vater lernte.

Lob von allen Seiten "Meine Spielerinnen sollen wissen, dass dort jemand steht, der einiges einfordert und das Team voranbringen will, aber auch, dass sie mit jemandem das Gespräch suchen können, der auch den Menschen sieht." Diese Art schätzen seine Spielerinnen sehr an ihm, wie beispielsweise Gina Lewandowski gegenüber FIFA.com bestätigte: "Er redet sehr viel mit uns und nimmt sich viel Zeit."

Darüber hinaus ist die Verteidigerin von den fachlichen Fähigkeiten begeistert. "Wie er den Gegner analysiert und uns dann taktisch einstellt . Er denkt irgendwie an alles. Er arbeitet mit sehr viel Leidenschaft und die Mannschaft sieht das natürlich, wie er da dabei ist und das reißt uns mit."

Dies blieb auch international nicht unbeachtet. 2015 war Wörle erstmals unter den zehn Nominierten für die Auszeichnung FIFA-Welttrainer des Jahres im Frauenfussball. Eine Anerkennung, die ihm in diesem Jahr erneut zuteil wurde.

"Ich war davon sehr überrascht. Das ist eine Ehre", zeigt sich der ehemalige Mittelfeldspieler voller Stolz, fügt aber sofort an: "Das ist eine Auszeichnung für das ganze Team. Ich arbeite mit einer Mannschaft, die außergewöhnlich ist und das vor allem in Bezug auf den Charakter. Unser Geheimnis ist unser starkes Kollektiv aus Spielerinnen und Trainern."

Klarer Favorit Die Auszeichnung als Welttrainer wird Wörle aber auch in diesem Jahr nicht entgegennehmen, da er nicht unter den drei Finalisten ist. Dies stört ihn aber keineswegs, denn nach seiner Ansicht kann es nur eine geben, die am 9. Januar 2017 bei The Best FIFA Football Awards™ die Trophäe ihr Eigen nennen darf.

"In diesem Jahr besteht für mich kein Zweifel, dass es Silvia Neid wird. Sie hat es absolut verdient und am Ende ihrer Nationalmannschaftskarriere bei Olympia gewonnen." Doch nicht nur die diesjährige Arbeit der Erfolgsgarantin begeistert Wörle. "Sie hatte eine sehr hohe Beständigkeit und viele Titel gewonnen. Es ist erstaunlich, was sie über viele Jahre in Deutschland getan hat und dadurch dem Frauenfussball mit dem Aushängeschild Nationalmannschaft geholfen hat."

Neid als Bundestrainerin gehörte ebenfalls lange zu diesen Dingen, die sich nie zu ändern schienen. Nun ist sie zurückgetreten und Steffi Jones hat übernommen. Wäre dieser Posten vielleicht auch einmal interessant? Oder soll es doch in den Männerfussball gehen? Gedanken, mit denen sich Wörle überhaupt nicht befasst. "Ehrlich gesagt fühle ich mich aktuell pudelwohl."

Deshalb hat er auch vor kurzem seinen Vertrag bis 2019 verlängert. Thomas Wörle an der Seitenlinie beim FC Bayern – das wird sich also so schnell nicht ändern.