Mittwoch 29 Januar 2020, 07:00

Wenn Fussball und Kunst aufeinandertreffen...

  • Josephine Henning: Künstlerin und Athletin

  • Mit den DFB-Frauen gewann sie 2016 olympisches Gold

  • 2018 beendete Henning ihre aktive Laufbahn und widmet sich seitdem der Kunst

Wenn man im Duden nach dem Wort Kunst sucht, dann erhält man folgende Erklärung: schöpferisches Gestalten aus den verschiedensten Materialien oder mit den Mitteln der Sprache, der Töne in Auseinandersetzung mit Natur und Welt.

Inwiefern das mit dem Fussball zusammenpasst? Bei beiden zählt am Ende das Ergebnis eines kreativen Prozesses. So schaffte Pablo Picasso auf der einen Seite Gemälde, Zeichnungen, Grafiken, Collagen, Plastiken und Keramiken während die Kreativität von Pele in Toren mündete. Und wenn man heute so manche Virtuosen am Ball beobachtet, dann kann man mit Sicherheit sagen, dass dort Künstler am Werk sind.

Josephine Henning gehört zu diesen Virtuosen und beweist, wie gut beides verschmelzen kann. Die ehemalige deutsche Verteidigerin kann auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Vier Titelgewinne bei der UEFA Women's Champions League, vier Trophäen in der Frauen-Bundesliga und ein DFB-Pokal aus dem Jahr 2013 nennt sie ihr Eigen. Damit ist sie die einzige Spielerin, die mit drei verschiedenen Vereinen - Potsdam, Wolfsburg und Olympique Lyon - den Europacup gewann.

Auch in der Nationalmannschaft wusste Henning zu überzeugen, wurde 2016 in Rio de Janeiro Olympiasiegerin, 2013 Europameisterin. Im Juli 2018 war jedoch Schluss. Im Alter von 28 Jahren beendete Henning ihre aktive Fussball-Laufbahn.

"Der Sport wird immer ein Teil meines Lebens bleiben, aber jetzt bin ich gespannt, in welche Richtung meine Reise weiter gehen wird. Vielen Dank für all‘ die tollen Begegnungen und Erfahrungen, die ich mit euch machen durfte. Was für eine Zeit!", so Henning auf ihrem Instagram-Account.

Wohin die Reise geht, zeigte sich schnell. Die gebürtige Mainzerin hing ihre Fussballschuhe an den Nagel, um sich ganz der visuell gestaltenden Kunst zu widmen.

"Ich bin schon immer beides gewesen: Künstlerin und Athletin", sagte die heute 30-Jährige auf der Internetseite des DFB. Im Oktober 2018 präsentierte Henning ihre Kunstwerke bei einer Vernissage in Trier. 21STORIES – so der Name der Ausstellung, die aus 20 Bildern und einer Installation bestand. "Menschen spielen in meinen Bildern eine große Rolle, und viele Motive habe ich während meiner aktiven Zeit als Fussballspielerin realisiert. Ein Großteil der Bilder ist so in Lyon, Paris und London entstanden. Aber nur ein einziges Bild behandelt tatsächlich dieses Thema."

Die Kunst spielte schon immer eine große Rolle im Leben von Henning. "Nach der Schule, nach dem Kindergarten. Überall haben wir gemalt. Meine Mutter hat ein Riesenblatt auf den Boden gelegt und die ganze Familie hat an einem Bild gemalt. Das war für uns einfach normal", erklärt Henning, die parallel zu ihrer Karriere als Profifussballerin Grafik- und Interiordesign studierte, in einem Beitrag von SWR2.

Doch zunächst stand der Fussball an erster Stelle. "Mein Vater spielte Fussball und er spielte regelmäßig mit seinen Freunden, die etwa 30 bis 35 Jahre alt waren. Als kleines Mädchen rannte ich zwischen ihnen auf dem Platz herum und spielte mit. Eines Tages sagte er dann: 'Jetzt solltest du langsam einen Verein finden. Wir werden uns mal erkundigen, ob es einen gibt.' Glücklicherweise gab es an unserem Wohnort eine Frauenmannschaft", so die in Trier aufgewachsene viermalige Champions-League-Gewinnerin auf FIFA.com über die Anfänge.

Vielleicht sind es auch genau die Erfahrungen, die sie im Fussball machen konnte, die Henning dabei helfen, den Schritt vom Fussballplatz zu Pinsel und Leinwand erfolgreich zu gestalten und sich als Künstlerin zu positionieren. Gelernt vom Fussball hat sie "die Passion, wie man etwas ausführt, wenn man bei der Sache ist. Die Vorbereitung und wie ernst man das nimmt. Aber auch diese gewisse Lockerheit. Ich kann nie im Leben ein gutes Spiel machen, wenn ich zu verbissen bin. Ich kann nie im Leben einen kreativen Fluss bekommen, wenn ich etwas gestalten will und genau so muss es aussehen."

Denn Kreativität lässt sich nicht einfach an- und ausschalten. Davon kann auch so mancher Stürmer ein Lied singen, der bereits seit längerer Zeit auf einen Treffer wartet. Kunst und Fussball? Haben mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick vermuten mag ...