Donnerstag 17 März 2016, 13:03

Umpierrez: Ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung

Das kontinuierliche Wachstum des Frauenfussballs erwies sich für viele Liebhaberinnen des runden Leders als fruchtbarer Boden. Dies gilt auch für die Uruguayerin Claudia Umpierrez. Ihr Großvater war Schiedsrichter, der Papa als Trainer tätig, ein Onkel und eine Tante ebenfalls Profifussballer beziehungsweise Schiedsrichterin. Es war unvermeidlich, dass dieser Sport eine bedeutende Rolle in ihrem Leben einnehmen würde.

Doch während viele andere Heranwachsende davon träumten, Spielerin zu werden, entschied sich Umpierrez für eine Laufbahn als Unparteiische. So kam es dazu, dass sie in diesem Bereich am vergangenen 5. März Geschichte schrieb: Sie leitete als erste Frau eine Begegnung im Profifussball der Männer. Die Partie zwischen Central Español und Tacuarembo zum Auftakt der uruguayischen Zweitligasaison endete 3:2 für den Gastgeber.

Die Nachricht fand ein großes mediales Echo. Es war schließlich nichts Geringeres als ein Präzedenzfall in einem Umfeld, das sich zunehmend in Richtung Gleichberechtigung der Geschlechter entwickelt. "Ich habe das Ausmaß dessen, was es bedeutet, noch nicht erfasst. Es ist mir aber bewusst, was es mich gekostet hat, so weit zu kommen, dass ich diese Gelegenheit nutzen konnte", räumt Umpierrez im Gespräch mit FIFA.com ein.

"Für mich ist es der Lohn für meine Arbeit und ich fühle mich nicht anders als im vergangenen Jahr in der vorherigen Kategorie. Wenn jemand nun der Meinung ist, dass dies anderen Schiedsrichterinnen den Weg in den uruguayischen Profifussball ebnen kann, begrüße ich das", ergänzt die 33-Jährige.

Die Anfänge Umpierrez interessierte sich schon früh für die Rolle der Schiedsrichterin. "Ich spielte als Mittelstürmerin, und das gar nicht so schlecht. Eigentlich wurde ich vor allem aus Neugierde zur Schiedsrichterin, es gab keinen bestimmten Anlass. Zunächst wollte ich mit meiner Tante in meinem Dorf Pan de Azucar die Ausbildung machen, doch ich war erst 16 und durfte als Minderjährige nicht teilnehmen", berichtet sie.

Als sie 2002 nach Montevideo umzog, um ihrer zweiten Berufung zu folgen und Jura zu studieren, erwachte die Lust darauf erneut. "Meinem Vater, der genau weiß, wie Schiedsrichter behandelt werden, gefiel die Idee nicht. Ich überzeugte ihn, indem ich ihm sagte, dass ich mit dem Extraverdienst dazu beitragen konnte, mein Studium zu finanzieren."

Von den zwölf Frauen, welche die Ausbildung begonnen hatten, erwarben nur drei die Lizenz. Dann begann ein mühsamer Weg für Umpierrez, in dessen Verlauf sie manches Mal ins Zweifeln geriet. "Das erste Mal 2008. Ich war seit vier Jahren in der vierten Liga tätig und hatte das Gefühl, dass ich feststeckte und sich die Meinung der Ausbilder über mich nie ändern würde."

Doch die Zeiten änderten sich, und die Anzahl sowie die Qualität der Frauenturniere nahm stetig zu. Umpierrez beschloss, diesen Kontext auszunutzen und den richtigen Moment abzuwarten. 2009 stieg sie in die dritte Liga auf. 2010 schaffte sie auf Anhieb den Sprung in die zweithöchste Kategorie, wurde als FIFA-Schiedsrichterin nominiert und kam bei der U-17-Frauen-Südamerikameisterschaft und der Copa Libertadores der Frauen zum Einsatz. "Da stellte ich fest, dass sich neue Möglichkeiten ergaben. Ich beschloss, diesem Beruf den Vorrang zu geben."

Beharrlichkeit, Widerstandskraft und niemals aufgeben Ihre soliden Leistungen bei der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft 2012, bei der sie am Auftaktspieltag und im Halbfinale Spiele leitete, eröffneten Umpierrez ermutigende Aussichten. Gleichzeitig wurde die Konkurrenz immer größer. Es kam ein zweiter Moment des Zweifelns.

"Das war Mitte 2014. Ich wurde als Reserveschiedsrichterin für die U-20-WM nominiert, doch im Januar zuvor war ich Mutter geworden und bestand in der Abschlussprüfung im Juni den Schnelligkeitstest nicht. Ich dachte, dass ich damit meine Chancen verspielt hatte, jemals bei einer WM im Erwachsenenbereich dabei zu sein", erklärt sie.

"Hier war die Hilfe meines Mannes Gabriel sehr wertvoll für mich, denn er ist FIFA-Schiedsrichterassistent. Und ich bin dankbar dafür, wie es gelaufen ist. Ich wurde für den Algarve-Cup nominiert. Ich trainierte hart, bestand die Prüfung und der Lohn dafür war die Nominierung für Kanada."

"Dank der Vorbereitung durch die FIFA konnte ich das Erlebnis voll und ganz auskosten", fährt sie fort. "Ich leitete drei Spiele, unter anderem das Viertelfinale zwischen Kanada und England, bei dem ein Zuschauerrekord aufgestellt wurde. Ich hatte noch nie vor 54.000 Menschen ein Spiel geleitet! Ich ging gestärkt aus Kanada hervor, um jetzt das hier zu erleben."

Ungewohnte Nervosität und Blick in die Zukunft Der Aufstieg in die höchste Schiedsrichterklasse erfolgte Anfang 2016, und auch wenn nur knapp 400 Zuschauer den Weg ins Stadion von Central Español gefunden hatten, war Umpiérrez aus mehreren Gründen nervös. Auf der Tribüne befanden sich alle ihre Lieben, unter anderem ihre Tochter Naomi. "Als ich aufs Spielfeld ging, rief sie: 'Hallo, liebe Mami!' Das war das schönste, was mir je auf einem Fussballplatz zugerufen wurde.'

Außerdem stand sie im Zentrum der Aufmerksamkeit. "Ich wünschte mir, dass dieses 'eine Frau leitet zum ersten Mal ein Profispiel' so schnell wie möglich vorbeigeht und die Normalität zurückkehrt. Ich wollte mich einfach nur darauf konzentrieren, das Spiel zu leiten."

Wie bewertet sie im Rückblick ihre Leistung? "Ich denke, ich habe es ganz gut gemacht. Ich muss mir vorwerfen lassen, einmal schlecht postiert gewesen zu sein, so dass ich vom Ball am Rücken getroffen wurde. Das muss ich verbessern", sagt sie. Und sie bestätigt, dass dies auch Gesprächsthema zwischen ihr und ihrem Mann Gabriel war: "Wir sind selbst unsere größten Kritiker." Umpierrez analysiert natürlich ihre Kollegen, legt aber Wert darauf, ihren eigenen Weg zu finden. "Ich kopiere niemanden und versuche, einen eigenen Stil zu entwickeln, der sich nach den Anforderungen jedes Spiels richtet."

Auf die Frage nach ihrer Zukunft antwortet sie: "Ich bin noch nicht bereit für ein Peñarol gegen Nacional, obwohl mir das natürlich Spaß machen würde. Doch ich möchte nichts übereilen. Ich muss mich nun zuerst in dieser Kategorie bewähren und beweisen, dass ich nicht zufällig hier bin. Ich spüre die Verantwortung zu zeigen, dass wir Schiedsrichterinnen in der Lage sind, Spiele auf Profiebene zu leiten. Wenn die Möglichkeiten vorhanden sind, hängt es nur von uns selbst ab."