Mittwoch 30 September 2020, 16:00

Schiedsrichter-Pionierin Steinhaus hört auf

  • Bibiana Steinhaus beendet ihre Karriere als Schiedsrichterin

  • Die 41-Jährige pfiff als erste Frau Profi-Spiele der Männer in Deutschland

  • Sie nahm an drei FIFA Frauen-Weltmeisterschaften teil

Mit ihrem Einsatz beim Finale des Supercups zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund schreibt Bibiana Steinhaus einmal mehr Geschichte. Zum ersten Mal überhaupt leitet eine Frau das Geschehen bei diesem Wettbewerb. Eine würdige Auszeichnung für die grandiose Karriere der 41-Jährigen, die diese nach der Partie beendet.

"Wie viele Menschen in der Zeit der Corona-Situation habe ich manches reflektiert und neu bewertet. Nach einem sehr vertrauensvollen und konstruktiven Gespräch mit Lutz Michael Fröhlich, dem Sportlichen Leiter der DFB-Elite-Schiedsrichter, habe ich mich nach sorgfältiger Abwägung vieler Faktoren dazu entschieden, meine nationale und internationale Laufbahn als Schiedsrichterin zu beenden. Für den heutigen Abend wünsche ich mir, dass der Fokus allein auf dem Spiel liegt. Über die Gründe meines Rückzugs werde ich mich zu gegebener Zeit nochmals etwas ausführlicher äußern", so Steinhaus nach der Bekanntgabe.

"Bibi ist auf dem Spielfeld mit ihren Qualitäten als exzellente Schiedsrichterin ein Vorbild, aber auch aufgrund ihres Engagements, ihres Selbstvertrauens und ihrer Zielstrebigkeit. Wenn man bei irgendetwas die Erste ist, insbesondere als Frau in einem traditionell von Männern bestimmten Feld, braucht es unglaubliche Stärke, trotz aller Hindernisse und Vorurteile an sich selbst zu glauben", sagte Kari Seitz, Leiterin für Schiedsrichter (Frauen) bei der FIFA. "Abseits des Spielfeldes ist sie ebenso ein Vorbild. Sie hat immer nette und motivierende Worte für Andere parat. Sie versucht, die Leute um sich herum aufzubauen, ihnen Selbstvertrauen zu geben, selbst ihr Bestes zu erreichen. Sie ist eine wahrhaft großzügige und freundliche Persönlichkeit und ich bin glücklich, als Schiedsrichterin ihre Kollegin gewesen zu sein und sie als Teil des Teams beim Projekt 'Weg zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft' dabeigehabt zu haben."

Mit ihrem Rücktritt endet eine Karriere, die ihres Gleichen sucht und eine neue Ära einleitete. Als erste Frau schaffte Steinhaus den Sprung in die Bundesliga, setzte sich gegen Widerstände durch und verwies alle Zweifler in ihre Schranken. 2007 wurde sie zunächst in der 2. Bundesliga eingesetzt, zehn Jahre später leitete sie ihr ersten Spiel im deutschen Oberhaus. Die Begegnung damals? Hertha BSC gegen Werder Bremen. Drüber hinaus pfiff sie seit 1999 regelmäßig die Topspiele der Frauen-Bundesliga. "Ich will vor allem konsequent mit den Teams umgehen und kommunikativ sein. Ich habe einen hohen Anspruch an meinen eigenen Perfektionismus. Mal sehen, wo mich das hinführt", sagte die hoch gewachsene Steinhaus, die über jede Menge Charme und Humor verfügt, einmal in einem Interview mit FIFA.com. Wohin sie ihr Weg führte? Zu 23 Spielen in der Bundesliga, 92 in der 2. Liga und 35 in der Frauen-Bundesliga.

"Bibiana Steinhaus ist nicht nur ein großartiger Mensch und eine außergewöhnliche Spitzenschiedsrichterin, die es national bis in die Bundesliga und international in viele Endspiele geschafft hat. Sie war weltweit Türenöffnerin für zahlreiche weitere Schiedsrichterinnen, die heute im männlichen Profifussball aktiv sind. Weit über 90 Minuten hinaus, vielmehr über Jahre hinweg, hat sie auf und neben dem Platz durch ihre Kompetenz und Professionalität überzeugt. Für diese unschätzbaren Leistungen möchte ich ihr ganz herzlich danken und hoffe, dass sie auch weiterhin nicht nur dem Schiedsrichterbereich, sondern der gesamten Fussballfamilie verbunden bleibt", kommentierte Heike Ullrich (Stellvertretende DFB-Generalsekretärin) den Rücktritt auf der Internetseite des DFB.

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Bibiana Steinhaus im Porträt

  • Geboren: 24.03.1979

  • Beruf: Polizistin

  • DFB-Schiedsrichterin: seit 1999

  • Frauenbundesliga-Schiedsrichterin 1999 - 2017

  • FIFA-Schiedsrichterin: Seit 2005

  • 2. Bundesliga-Schiedsrichterin: Seit 2007

  • Bundesliga-Schiedsrichterin: seit 2017

  • Schiedsrichterin des Jahres: 2006/2007, 2007/2008, 2008/2009, 2009/2010, 2010/2011, 2016/2017, 2017/2018

  • Leitete als erste Frau das Finale bei einer WM (2011) und dem Olympischen Fussballturnier der Frauen (2012)

Auch auf internationalem Parkett wusste die äußerst sympathische Blondine zu überzeugen. Seit 2005 gehört Steinhaus der FIFA-Liste der Schiedsrichterinnen an und kam in zahlreichen Turnieren zum Einsatz. So stand sie nicht nur bei drei Auflagen der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft (2008/Chile, 2010/Deutschland und 2014/Kanada ) auf dem Platz, sondern auch bei den letzten drei FIFA Frauenweltmeisterschaften in Deutschland (2011), Kanada (2015) und Frankreich (2019). Beim Gipfeltreffen in Frankreich zog sie sich jedoch bei ihrem ersten Auftritt als Spieloffizielle im Gruppenspiel zwischen Gastgeber Frankreich und Norwegen eine Muskelverletzung zu und konnte nicht mehr eingesetzt werden.

Doch nicht nur bei Frauenturnieren durfte Steinhaus ihn Können beweisen. Bei der FIFA U-17-WM 2019 in Brasilien war Steinhaus die erste Frau als Video-Schiedsrichterassistentin bei einem Männerturnier der FIFA.

Die Atmosphäre bei einer Weltmeisterschaft ist einmalig. Die Teams in die Stadien führen zu dürfen, die Nationalhymnen zu hören und als Schiedsrichterin Teil dieses Puzzles zu sein, dafür arbeiten wir wirklich hart.
Bibiana Steinhaus