Donnerstag 29 Oktober 2020, 18:26

Pressley: Ich kann noch immer nicht glauben, dass ich so schnell zurück gekommen bin

  • Oktober ist der internationale Brustkrebsmonat

  • Torhüterin Toni Pressley von Orlando Pride hat eine Brustkrebs-Erkrankung hinter sich

  • Lesen Sie ein Exklusiv-Interview mit der früheren US-Jugend-Nationalspielerin

Toni Pressley hat ein sehr bewegtes Jahr 2019 hinter sich. Am 5. Juli bekam sie die Diagnose Brustkrebs, die ihr bisheriges Leben vollständig auf den Kopf stellte. "Am Anfang wusste ich zwar, dass ich Krebs hatte, aber ich wusste nicht, wie ernst es war. Ich wusste nicht, wie die Behandlung aussehen würde, ob ich eine Chemotherapie oder Bestrahlungen bekommen würde, geschweige denn, ob ich jemals wieder Fussball spielen könnte oder wie meine Zukunft aussehen würde."

Nachdem sie Anfang August eine beidseitige Brustamputation überstanden hatte, stand sie tatsächlich schon drei Monate später wieder auf dem Platz – ein kleines Wunder, findet auch Pressley selbst. Im letzten Saisonspiel ihres Klubs Orlando Pride wurde sie eingewechselt. Ashlyn Harris streifte ihr die Kapitänsbinde über den linken Arm und dann konnte sie endlich wieder tun, was sie am liebsten tut: "Ich liebe zwei Dinge: Ich leite gern unsere Spielzüge ein und ich unterbinde gern die Angriffe der Gegner (lacht)."

In der aktuellen Pandemie steht Pressley vor weiteren Ungewissheiten. Die frühere US-Jugend-Nationalspielerin nahm sich Zeit für ein Gespräch mit FIFA.com über die Lektionen, die sie derzeit lernt und wie die überstandene Krankheit ihr Leben bestimmt und verändert hat.

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FIFA.com: Wie sehr hat sich das Leben für Sie seit Beginn der Pandemie verändert, als Fussballprofi und, noch wichtiger, als Mensch?

Toni Pressley: Ich lebe immer noch in einer Art Blase. Wir haben als Klub sogar während der NWSL Fall Series versucht, so weit wie möglich in der Blase zu bleiben. Ich bestelle mein Gemüse immer noch online und meide die Öffentlichkeit, so weit es geht, außer wenn es zum Sport oder zum Trainieren geht [Pressley trainiert einen Jugendklub in Orlando]. Ich halte mich immer noch daran, so viel wie möglich zu Hause zu bleiben. Ich weiß noch nicht, wann ich damit aufhören werde. Diese ganze COVID-Situation macht mich sehr betroffen. Ich versuche, so weit wie möglich im sicheren und geschützten Umfeld zu bleiben.

Wir haben gerade den Brustkrebsmonat Oktober. Sie sind eine Überlebende und Profisportlerin. Wie nutzen Sie Ihre Bekanntheit und Reichweite, um andere Frauen zu ermutigen?

Indem ich Dinge in den Sozialen Medien poste, verbreite ich das Bewusstsein und bringe die Botschaft nach draußen, insbesondere meine Geschichte im Allgemeinen. Wie wir bei COVID sehen, kann es jeden treffen. Genau so sehe ich es auch bei Brustkrebs. Es kann jedem passieren. Mein Fall ist nur eines von mehreren Paradebeispielen dafür, weil ich mich selbst als einen ziemlich gesunden, aktiven Menschen sehe, schließlich bin ich Profisportlerin. Es geht darum, den Menschen bewusst zu machen, dass niemand gegen eine Erkrankung gefeit ist, ganz gleich, für wie fit wir uns halten. Es geht darum, die Menschen zu ermutigen, in Bezug auf ihre Gesundheit proaktiv zu sein und Veränderungen in ihrem Körper zu erkennen und alle Anzeichen ernst zu nehmen und sie nicht auf die lange Bank zu schieben, wie es viele von uns tun, oder uns einzureden, dass die Symptome mit etwas anderem zusammenhängen könnten. Ich selbst dachte mehrere Monate lang, meine Symptome hätten mit etwas ganz anderem zu tun. Es geht darum, proaktiv und achtsam zu sein, zum Arzt zu gehen und auf sich selbst zu achten.

Was haben Sie aus dieser ganzen Sache über sich selbst gelernt Wie hat Sie das alles als Mensch verändert?

Ich habe gemerkt, dass ich viel stärker bin, als ich dachte, vor allem mental. Ich musste mich damit auseinandersetzen, mit der Diagnose klar kommen und Operationen durchmachen und eine Zeit durchstehen, in der es eine riesige Unbekannte gab. Ich musste damit fertig werden. In der Lage zu sein, wirklich konzentriert und präsent zu bleiben, ist etwas, das ich gelernt habe und das ich in der Vergangenheit für selbstverständlich gehalten habe. Ich war immer sehr besorgt über das, was kommen wird, oder die Zukunft, so dass ich oft vergaß, in der Gegenwart zu sein, bei den Menschen und den aktuellen Erlebnissen. Diese ganze Erfahrung mit Krebs hat mich wirklich gelehrt, achtsam und präsent zu sein, und dass ich viel zäher bin, als ich dachte.

Welche Emotionen ruft es bei Ihnen hervor, wenn Sie an Ihre Rückkehr auf das Spielfeld im vergangenen Oktober zurückdenken?

Ehrlich gesagt ein bisschen Ungläubigkeit. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich nach so kurzer Zeit zurückkommen konnte. Es hat viel damit zu tun, dass eine Gemeinschaft von Menschen hinter mir steht, von Freunden und Familie über unseren Klub und die Liga bis hin zu meinen Ärzten und unseren Orlando Pride-Mitarbeitern, die mir geholfen haben, an einen Punkt zu gelangen, dass ich sehr schnell wieder ins Training zurückkehren und im letzten Spiel sogar wieder spielen konnte. Ich weiß noch, dass ich immer mehr wollte und mich immer an die Ärzte wandte, um zu fragen, ob ich bestimmte Dinge tun könnte, und sie mir sagten: 'Sie müssen sich schonen'. Aber ich habe immer geantwortet: 'Ich fühle mich ok, lasst mich einfach etwas machen!' Es war schwer, vor allem, weil ich eigentlich eine sehr unabhängige Person bin und daran gewöhnt bin, alles selbst zu erledigen. Es war ein bisschen hart, andere Leute Dinge für mich erledigen zu lassen. Und ich kann immer noch nicht glauben, dass ich so schnell zurückkommen konnte.

Es ist offensichtlich, dass Ihnen Kunst sehr wichtig ist. Woher kommt diese Liebe zur Kunst, und wie hilft sie Ihnen ganzheitlich?

Ich war schon immer ein kreativer Mensch. Die Kunst ist eines der Ventile, die ich genieße, um Stress oder Spannungen abzubauen und wegzukommen und zu entfliehen. Ich liebe Kunst, solange ich mich erinnere, und ich habe auch Kurse in der High School besucht. Die Kunst hat mir auch in dieser Pandemie geholfen, mich wieder zu erden, zu malen und zu zeichnen. Es hat Spaß gemacht, auf diese Weise Stress abzubauen, auch wenn ich die ganze Zeit zu Hause festsaß. Ich war ständig auf der Suche nach Dingen, mit denen ich mich beschäftigen konnte. Das Malen und Zeichnen während dieser Zeit war einfach großartig. Ich habe ein Logo für T-Shirts zur Aufkärung über Brustkrebs entworfen, die Orlando Pride verkauft. Ich wollte, dass es ein wenig anders sein sollte als die typischen Logos zu diesem Thema, und ich hoffe, dass die Leute es mögen und die T-Shirts kaufen (lacht). Ich schreibe auch Gedichte, das ist in dieser Zeit auch stärker aufgeblüht. Ich habe auch viel gekocht! Ich koche sehr gern. All diese Sachen standen für mich bei dieser ganzen Pandemie an vorderster Front.

Könnten Sie einen Rat geben, wie wichtig es ist, zur Früherkennung zu gehen?

Das Wichtigste, was wir für uns selbst tun können, ist, auf unseren Körper zu achten. Niemand kennt deinen Körper besser als du selbst. Wenn du achtsam bist und Veränderungen erkennst und Symptome nicht ignorierst und proaktiv handelst, dann kann dies dein Leben retten. Ich wurde im ersten Stadium diagnostiziert, aber wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht das nötige Kleingeld hätte, um zum Arzt zu gehen, wissen Sie? Ich denke oft über all diese Dinge nach und bin sehr froh, dass ich zum Arzt gegangen bin, denn es hätte viel schlimmer kommen können.

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