Donnerstag 05 März 2020, 11:42

Pelota de Papel 3: Die Frauen ergreifen das Wort

  • Das Buch in spanischer Sprache enthält 29 Geschichten, die von Fussballfrauen erzählt werden

  • Die Erzählungen basieren auf realen oder fiktiven Begebenheiten

  • Die ersten beiden Bände waren von Männern verfasst worden

Es sind Fussballgeschichten, aber auch Geschichten vom Kampf der Frauen um ihre Rechte.

So beschreibt die argentinische Schriftstellerin Claudia Piñeiro im Vorwort das Buch Pelota de Papel 3 (Papierball 3), das 29 Erzählungen von Fussballfrauen enthält. Vorworte und Illustrationen stammen ebenfalls von Frauen.

"Wir hatten die Idee schon kurz nachdem der erste Band von Pelota de Papel herausgekommen war. Dort fehlten nämlich Geschichten von Profispielerinnen, und die Geschlechtergleichheit kam eindeutig zu kurz", so der argentinische Journalist Juanky Jurado, einer der Produzenten des Buches, im Gespräch mit FIFA.com.

"Es galt, den Frauenfussball in Argentinien, Südamerika und der Welt wieder ins Gespräch zu bringen. Wir wollten dass sie als Hauptfiguren eine tragende Rolle in einer wichtigen Bewegung ihrer Zeit spielten."

Pelota de Papel 3 wurde im März 2019 veröffentlicht, und immer mehr Spielerinnen entschlossen sich, einen Beitrag zu leisten und ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Die verschiedenen Stimmen vereinten sich zu einem bunten Mosaik unterschiedlicher Geschichten, durch das sich feministische Fragen und die Gleichstellung der Geschlechter wie ein roter Faden zogen.

Unter den argentinischen Erzählerinnen sind auch Aldana Cometti, Belén Potassa und Gabriela Gartón, allesamt Mitglieder des argentinischen Kaders der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019™. Darüber hinaus kamen ehemalige Spielerinnen, Trainerinnen und Journalistinnen zu Wort.

Unter den nicht aus Argentinien stammenden Autorinnen nehmen die Ecuadorianerin Vanessa Arauz, jüngste Trainerin aller Zeiten bei einer FIFA-WM, und die Brasilianerin Andressa Alves, die ebenfalls in Frankreich dabei war und auf Vereinsebene beim italienischen Spitzenklub AS Rom unter Vertrag steht, eine herausragende Stellung ein. Doch auch der Star des brasilianischen Footvolley und die erste transsexuelle Spielerin Spaniens schildern ihre Perspektive.

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In der ersten Person

"Als ich erfuhr, worum es ging, habe ich sofort zugesagt. Es ist immer schwierig für Frauen, ein Forum zu finden, in dem sie über den Kampf sprechen können, den sie ausfechten müssen, wenn sie vom Fussball leben wollen", so Vanessa Arauz im Gespräch mit FIFA.com.

"Ein Buch überwindet Generationen und Grenzen und das bedeutet, dass wir nicht nur eine flüchtige Geschichte sind. So können andere, Frauen und Männer, sich in unsere Lage versetzen", fährt die 31-jährige Trainerin fort.

Ihre Geschichte heißt 90 Minutos (90 Minuten) und basiert auf dem Rückspiel Ecuadors gegen Trinidad und Tobago in der Playoff-Runde für die WM 2015 in Kanada. Ecuador gewann die Partie 1:0.

"Das waren die nervenaufreibendsten 90 Minuten seit Beginn meiner Trainerlaufbahn und ein Meilenstein für unseren Frauenfussball. Auf persönlicher Ebene wurde mir beim Schreiben bewusst, wie unsicher ich damals selbst noch war. Gleichzeitig wurde mir klar, was du mit Arbeit erreichen kannst, wenn du ein klares Ziel vor Augen hast."

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Für Aldana Cometti war die Einladung, an dem Buch mitzuarbeiten, "eine große und schöne Überraschung". Das erklärte sie im Gespräch mit FIFA.com. "Ich hatte einerseits das Gefühl, damit etwas Gutes zu tun, und andererseits den Eindruck, dass der Frauenfussball in meinem Land eine gute Entwicklung nimmt."

Die Spielerin des FC Sevilla hatte damals mit dem kolumbianischen Klub Atlético Huila gerade die Copa Libertadores 2018 gewonnen, und zwar im Elfmeterschießen, bei dem sie selbst einen Elfer verwandelte. Dieser Erfolg diente ihr als Inspiration für Lo Bailado (in Anspielung auf die in Argentinien geläufige Redewendung "Quien te quita lo bailado", im Deutschen etwa "Das kann mir keiner mehr nehmen").

"In meine Geschichte habe ich alles einfließen lassen, was erforderlich war, um so weit zu kommen: die Vorbereitung, was es für eine Spielerin bedeutet, auf diesem Niveau zu spielen und nach all dem Kampf sagen zu können 'Ich habe es geschafft'."

Die 24-jährige Abwehrspielerin hat laut eigenen Angaben beim Schreiben auch etwas über sich selbst gelernt. "Mir wurde bewusst, wie viele Entscheidungen ich getroffen hatte und welchen Einfluss meine Familie auf diese Entscheidungen hatte. Meine Familie hat mir geholfen, weiterzumachen, aber manchmal ermutigen Eltern ihre Töchter nicht, und dabei ist diese Unterstützung ganz wichtig. Es wird sehr schwer, wenn dir immer wieder gesagt wird: 'Das ist nichts für dich'.

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Weibliche Vorbilder

Arauz war bereits daran gewöhnt, für ihre Spielerinnen eine Vorbildfunktion zu übernehmen. Die Arbeit an Pelota de Papel eröffnete ihr aber noch eine andere Perspektive.

"Eine 45-jährige Frau, die meine Geschichte und das Buch gelesen hatte, sagte mir, dass sie sich darin wiederfand, weil sie selbst Fussballspielerin werden wollte, aber den Mut dazu nicht aufbrachte. Vielleicht wäre das anders gewesen, wenn es früher schon ähnliches Material gegeben hätte."

Cometti betont, dass es "genial gewesen wäre, in der Kindheit Vorbildern nacheifern zu können, wie sie in dem Buch beschrieben werden. Als ich klein war, kannte ich den Frauenfussball nur aus den Berichten meiner älteren Teamkameradinnen. Ich hatte keine Spielerinnen, von denen ich mich inspirieren lassen konnte. Selbst als ich ins Nationalteam berufen wurde, kannte ich außer Marta kaum andere Spielerinnen."

Das sollte sich später natürlich ändern, und mittlerweile übernimmt sie selbst Vorbildfunktion. "Das Buch war gerade herausgekommen, da schickte mir der Physiotherapeut des Nationalteams schon ein Foto, auf dem seine kleine Tochter mit dem Buch in der Hand zu sehen war. Das Schönste war die Botschaft: 'Danke, denn sie erfährt schon als kleines Mädchen, dass es den Frauenfussball gibt'."

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Fussballliteratur

Von Pelota de Papel 3 gibt es mittlerweile die zweite Auflage und etwa 7500 Exemplare wurden bereits verkauft. Das Buch übermittelt nicht nur positive Botschaften, sondern kommt darüber hinaus charitativen und sozialen Zwecken zugute.

Einerseits gehen die Tantiemen vollständig an *La Nuestra Fútbol Feminista, *eine Organisation, die in der Villa 31, einem Elendsviertel von Buenos Aires, den Fussball als Instrument für gesellschaftlichen Wandel einsetzt. Andererseits wird das Werk in Schulen und Stadtteilklubs vorgestellt, fördert dort das Lesen und dient als Grundlage für Debatten über die Rolle der Frau.

All diese Elemente lassen das Buch zu einem "revolutionären Instrument" werden, wie die Journalistin und Schriftstellerin Ayelén Pujol im Gespräch mit FIFA.com betont. In ihrer fiktiven Geschichte geht es darum, dass die Möglichkeit, in einem Frauenteam zu spielen und eine Rolle einzunehmen, die traditionell Männern vorbehalten war, wichtiger ist als das Ergebnis.

Pujol, Autorin von ¡Qué jugadora! Un siglo de fútbol femenino en la Argentina (Was für eine Spielerin! Ein Jahrhundert des Frauenfussballs in Argentinien) sieht in Pelota de papel 3 auch den Beleg dafür, dass es ein Publikum für den Frauenfussball gibt. "Die Menschen möchten die Spiele besuchen und etwas über die Geschichten dieser Spielerinnen erfahren."

Abschließend erklärt sie: "Wir können uns jetzt als Hauptfiguren unserer Geschichte sehen, und wenn du gern schreibst, kannst du jetzt auch Fussballgeschichten schreiben. All das bedeutet Pelota de Papel."

📸 Pelota de Papel 3: Nadia Petrizzo / IG @nadiapetrizzo.ph