Donnerstag 27 Februar 2014, 11:40

Neid: "Man braucht das Quäntchen Glück"

Bereits zum zweiten Mal wurde Silvia Neid zur FIFA Trainerin des Jahres im Frauenfussball gekürt. Nach 2010 wurde ihr auch 2013 diese Ehre zuteil, womit ihre großartigen Leistungen als Trainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gewürdigt wurden. Seit 2005 betreut die ehemalige Weltklassespielerin die DFB-Damen und feierte mit ihrer Mannschaft einen WM- und zwei EM-Titel, eine olympische Bronzemedaille und zwei Algarve-Cup-Siege.

"Das Wichtigste ist ein funktionierendes Team. Eine einzelne Person wie ich kann nichts bewirken, dafür braucht man einen guten Mitarbeiterstab, der einem sehr gut zuarbeitet und zudem loyal ist. Natürlich benötigt man auch Spielerinnen, die das umsetzen, was man vorgibt. Darüber hinaus ist eine gute Struktur unheimlich wichtig, und die haben wir innerhalb des Deutschen Fussball-Bundes. Unsere Liga zählt nicht umsonst zu den besten der Welt", beschreibt Neid ihr bisheriges Erfolgsrezept.

"Hinzu kommen unsere U-Nationalmannschaften, die von unseren Trainerinnen, die übrigens alle selbst Nationalspielerinnen waren, gut geführt werden. Wichtig ist auch unser roter Faden, der sich von den U-Mannschaften bis zur Frauen-Nationalmannschaft zieht. Das war, nachdem wir vor der EM so viel Verletzungspech hatten, auch unser Glück. Wir sind mit sehr jungen Spielerinnen zur EM gefahren, und jede einzelne Spielerin wusste, was auf ihrer Position verlangt wird. Und letztlich braucht man auch dieses bekannte Quäntchen Glück. Denn ohne das kann man keine Titel gewinnen", führt sie weiter aus.

"Natze, mach es nochmal" Es war genau dieses berühmte Quäntchen Glück und eine Nadine Angerer in absoluter Bestform, die Deutschland den achten Triumph bei einer Europameisterschaft bescherte. Die Spielerinnen hätten es im Finale gegen Norwegen kaum spannender machen können. Zwei parierte Strafstöße von der FIFA Weltfussballerin ließen den Blutdruck ihrer Trainerin deutlich in die Höhe schnellen.

"Das Finale war ein Wechselbad der Gefühle. Der Elfmeter wird gepfiffen und ich dachte: 'War das wirklich ein Elfmeter? Natze , den musst du jetzt halten.' Und sie macht das auch. Bis dahin waren wir ja richtig gut im Spiel, die ersten 20 Minuten gehörten uns. Dieser Elfmeter hat uns ein wenig aus dem Rhythmus gebracht. Man merkte, dass die Spielerinnen trotz des gehaltenen Strafstoßes ein wenig verunsichert waren. Es war gut, dass dann Halbzeit war und wir ein paar taktische Dinge besprechen konnten", beschreibt die 49-Jährige ihre Gefühlslage in den ersten 45 Minuten.

"Nach dem Wiederanpfiff war Norwegen sofort wieder da. Unser Tor kam jedoch zur rechten Zeit. Dann gab es wieder einen Elfmeter. Da habe ich nur gedacht: 'Natze, mach es nochmal'. Aber eigentlich ist das ja nicht normal, dass man in einem Finale gleich zwei Elfmeter hält. Danach war mir klar, dass es sehr schwer wird für Norwegen heute gegen uns ein Tor zu schießen. Nadine kam mir an diesem Tag unbezwingbar vor. Am Ende hat das eine Tor gereicht, und wir waren überglücklich und stolz", freut sich Neid.

Als Favorit nach Kanada Den Schwung aus der EM haben die deutschen Fussballerinnen mit in die Qualifikation für die FIFA Frauen-WM 2015™ in Kanada genommen. In Staffel eins schwimmt das Ensemble von Neid weiterhin auf der Erfolgswelle. Fünf Siege in fünf Spielen und eine Tordifferenz von 40:0 sprechen eine deutliche Sprache. Unangefochten rangiert Deutschland an der Spitze, und die Qualifikation scheint so gut wie sicher. Eine steigende Erwartungshaltung spürt Neid trotzdem nicht, denn diese ist für sie immer allgegenwärtig.

"Wenn man eine deutsche Frauen-Nationalmannschaft trainiert, dann sind die Erwartungen immer ganz weit oben. Als deutsches Team gehörst du immer zu den Favoriten, das ist einfach so. Aber diese Erwartungshaltung haben wir uns auch hart erarbeitet mit unseren Erfolgen, zwei WM-, acht EM-Titeln und drei Olympia-Bronzemedaillen. So gesehen bin ich dann auch gerne in der Favoritenrolle", blickt die Weltmeistertrainerin von 2007 gelassen auf das Turnier im Sommer 2015.

Doch bis dahin stehen in diesem Jahr noch zwei weitere Wettbewerbe im Fokus der Nationaltrainerin. Auf der einen Seite der Algarve Cup (5.-12. März), bei dem ihre Mannschaft auf China VR, Island und Norwegen trifft, auf der anderen Seite die FIFA WM 2014™ in Brasilien, auf die sich Neid besonders freut.

"Das wird ein tolles Event. Ich glaube, dass unsere Männer-Nationalmannschaft gute Chancen hat, ganz weit vorne mit dabei zu sein. Dafür drücke ich die Daumen und hoffe für meinen Kollegen Jogi Löw, dass er es bis ins Finale schafft. Und dann ist sowieso alles möglich."