Dienstag 22 September 2020, 21:27

Le Sommer schreibt Geschichte

  • Eugenie Le Sommer: Beste Torschützin in der Geschichte von Les Bleues

  • Die Kapitän der französischen Mannschaft hat 82 Tore in 172 Länderspielen erzielt

  • Sie übertrumpft Marinette Pichons Rekord (81)

Eugenie Le Sommer ist seit Dienstag die beste Torschützin in der Geschichte der französischen Nationalmannschaft. In der EM-Qualifikationspartie gegen Nordmazedonien traf sie schon in der Anfangsphase doppelt.

Die französische Kapitänin brauchte nur 18 Minuten, um das zu erreichen, worauf sie monatelang gewartet hatte! Zuerst ein Freistoß, der alle nach einer Viertelstunde Spielzeit überraschte, und drei Minuten später legte sie nach.

Zwei Tore, die den berühmten Rekord von Marinette Pichon (81) übertrumpften, der 13 Jahre lang gehalten hatte.

Die zehn besten Torschützinnen Frankreichs:

  1. Eugénie Le Sommer - 82 Tore / 172 Länderspiele (Debüt 2009)

  2. Marinette Pichon 81 Tore / 112 Länderspiele (1994 bis 2006)

  3. Marie-Laure Délie - 65 Tore / 123 Länderspiele (2009 bis 2017)

  4. Gaëtane Thiney - 58 Tore / 163 Länderspiele (Debüt 2007)

  5. Camille Abily - 37 Tore / 183 Länderspiele (2001 bis 2017)

  6. Louisa Necib - 36 Tore / 145 Länderspiele (2005 bis 2016)

  7. Élodie Thomis - 32 Tore / 141 Länderspiele (2005 bis 2017)

  8. Hoda Lattaf - 31 Tore / 111 Länderspiele (1997 bis 2007)

  9. Élise Bussaglia - 30 Tore / 192 Länderspiele (2003 bis 2019)

  10. Wendie Renard - 24 Tore / 120 Länderspiele (Debüt 2011)

Über Eugenie Le Sommer

Geburtsdatum: 18. Mai 1989, Grasse (Frankreich) 172 Länderspiele (82 Tore)

Tore zu schießen, Spiele zu gewinnen oder gar Pokale zu erringen sind bekanntermaßen ziemlich schwere Aufgaben. Nicht für Eugénie Le Sommer. Die Französin scheint solche Dinge wie eine Formalität zu erledigen. Ihr hingegen das offene Eingeständnis zu entlocken, dass sie über großes Können verfügt und zu den besten Spielerinnen des Planeten gehört, ist eine nahezu unüberwindbare Herausforderung. Dabei ist nicht gerade von einer kleinen Erfolgsbilanz die Rede. Auf individueller Ebene wurde sie zwei Mal als Frankreichs Fussballerin des Jahres 2010 und 2015, als Torschützenkönigin der französischen Liga 2009, 2012 und 2017 sowie als beste Spielerin des Algarve-Cups 2015 ausgezeichnet. Hinzu kommen sieben Titel in der UEFA Women’s Champions League, zehn französische Meisterschaften und acht nationale Pokalsiege.

Gewiss ist es leichter, zu brillieren, wenn man wie bei Les Bleues oder OL von großartigen Spielerinnen umgeben ist. Aber es gab eine Zeit, in der die Stürmerin ihre Nationalmannschaft fast im Alleingang zum Erfolg führte. Bei der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft Chile 2008 schaffte Le Sommer den Durchbruch. Dies markierte den Beginn einer glänzenden Karriere.

"Ich gehörte schon zu den Leistungsträgerinnen und besten Spielerinnen, das war mir bewusst", räumte sie vor einigen Jahren im Gespräch mit FIFA.com mit zurückhaltendem Lächeln ein. Bei ihrem ersten Auftritt auf der weltweiten Bühne führte die Stürmerin ihr Team bis ins Halbfinale. "Ich stand in allen Partien in der Startelf. Also war ich wohl eine wichtige Spielerin des Teams. Doch ich hätte mir nie vorstellen können, zur drittbesten Spielerin des Turniers gewählt zu werden und so viele Tore zu schießen!"

Druck und Ehrgeiz

Vier Treffer in sechs Partien, in denen sie durchgehend gute Leistungen zeigte, ermöglichten Frankreich einen unerwarteten vierten Rang und bescherten Le Sommer die Auszeichnung mit dem adidas Bronzenen Ball. Bedenkt man zudem, wer vor ihr auf dem Podium stand, wird erst das wahre Ausmaß ihrer Leistung offenbar. "Ich erinnere mich genau: das waren Alex Morgan und Sydney Leroux", antwortet sie ohne zu zögern auf die Frage nach ihren damaligen Rivalinnen. "Leroux hatte gegen uns in der ersten Runde als Einwechselspielerin zwei Tore erzielt. Und Morgan hatte ebenfalls viele Tore geschossen. Sie haben mich beeindruckt. Dritte hinter zwei großartigen Spielerinnen - da denkt man, das ist nicht schlecht", sagt sie über die zwei Stürmerinnen, die später mit den USA die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft und das Olympische Fussballturnier der Frauen gewonnen haben.

Hätten Le Sommer und Les Bleuettes damals nicht nach Höherem streben können? Im Rückblick spricht die Spielerin von Olympique Lyon fast mit Bedauern über die Halbfinalniederlage gegen Korea DVR, nach der sie im Spiel um Platz drei auch gegen Deutschland verloren. "Das Erreichen des Halbfinales war eine enorme Leistung. Aber es stimmt, dass wir noch nicht diese Siegermentalität hatten", räumt die Stürmerin ein, die damals für Saint-Brieuc spielte. "Der französische Frauenfussball war damals nicht so gut. Alle vorherigen Generationen waren nie weiter als bis ins Viertelfinale gekommen. Unser Einzug ins Halbfinale war schon eine Stufe höher. Folglich hatten wir keinen besonderen Druck. Vielleicht haben wir uns nicht so ins Zeug gelegt, wie es möglich gewesen wäre. In einer ähnlichen Situation wäre es heute vielleicht anders. Im Rückblick denke ich, dass wir ehrgeiziger hätten sein müssen, weil wir eine gute Mannschaft hatten."

Kein Plan B

In jener Auswahl waren zwar mehrere Spielerinnen vertreten, die später wie Le Sommer zu Leistungsträgerinnen Frankreichs wurden - man denke an Wendie Renard, Karima Benameur oder Marie-Laure Délie. Dennoch hat die überwiegende Mehrheit des damaligen Teams den Sprung nach ganz oben nicht geschafft. "Es gibt kaum noch Spielerinnen aus meinem Jahrgang, die damals bei der WM dabei waren und heute noch aktiv sind", bestätigt Le Sommer und verweist darauf, dass der Frauenfussball in Frankreich damals nur wenige Zukunftschancen bot. "Ich hatte immer das Ziel, so weit wie möglich zu kommen und es in die A-Nationalmannschaft zu schaffen. Es war mein Traum und ich wusste, dass ich alles geben würde, um es zu erreichen. Doch es gab vielleicht auch einige, die sich sagten, dass sie einfach zum Spaß Fussball spielen. Es war aber nicht das Wichtigste. Wenn sie den Spitzenfussball erreichen, ist das schön. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm", erklärt sie. "Der Fussball war nicht professionell. Ausbildung und Studium waren eine Sache, der Fussball eine andere. Damals war das für manche Spielerinnen ein Hindernis. Es war schwer, beides unter einen Hut zu bringen."

Für Eugénie stellte sich diese Frage nie. Sie würde im Fussball erfolgreich sein, es gab keinen Plan B. Dass die heute 31-Jährige ihr Glück mehr als gefunden hat, lag nicht zuletzt an ihrer Erfahrung in Chile. Sie ließ sie erkennen, dass der Fussball ihre Berufung ist. "Es war ein erster Schritt, um mir darüber klar zu werden, zu was ich fähig bin. Ich konnte mich im Vergleich zum Weltniveau einordnen", sagt sie über die Bedeutung des Turniers für ihre Karriere. "Als ich den Bronzenen Ball erhielt, dachte ich bei mir: 'Also gut, du scheinst dennoch zu den Besten zu gehören! Dies bestärkte mich in meinen Traum und meiner Entscheidung. Ich wollte schon immer weiter kommen und begann, an die französische Nationalmannschaft zu glauben. Als ich wusste, wo ich stehe, dachte ich bei mir, dass es möglich ist. Es öffnete mir die Augen, auf welchem Niveau ich wirklich stehe."

Dieses Niveau erlaubte es ihr, drei FIFA Frauen-Weltmeisterschaften zu bestreiten.Und auch wenn ihre Bescheidenheit sie daran hindert, dies zuzugeben, ist die drittbeste Spielerin von Chile 2008 immer noch eine der besten Spielerinnen der Welt.

Erfolge

  • Champions-League-Siegerin: 2011, 2012, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020

  • Französische Meisterin: 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020

  • Französische Pokalsiegerin: 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2019, 2020

  • Torschützenkönigin der Division 1: 2010, 2012, 2017

Über Marinette Pichon

Geburtsdatum: 26. November 1975, Bar-sur-Aube (Frankreich) 112 Länderspiele (81 Tore)

Marinette Pichon hat in ihrer Karriere Tore geschossen. Viele Tore. Aber sie hat auch und vor allem Mannschaften geprägt, sie hat inspiriert. Sie hat sich unsterblich gemacht. Pichons aktive Laufbahn begann 1992 und endete 2007. Aber auch danach hat sie unermüdlich weiter daran gearbeitet, eine Sportart voran zu bringen, über die vor ihrer Zeit in Frankreich kaum berichtet wurde.

Zum Beispiel, indem sie ihren Herzensklub Saint Mémmie Olympique bis in die Division 1 führte. Oder indem sie 2002 als erste französische Spielerin überhaupt in die renommierte amerikanische Profiliga wechselte und zum Dreh- und Angelpunkt bei den Philadelphia Chargers wurde. Nach ihrer Rückkehr nach Frankreich im Jahr 2004 gewann sie mit dem FCF Juvisy, wo sie auch ihre Karriere beendete, das Double aus Meisterschaft und Pokal.

"Ich glaube, ich weiß gar nicht, welche Auswirkungen ich hatte", sagte sie vor zwei Jahren auf FIFA.com. "Ich bin immer erstaunt, wenn mich Leute um Fotos bitten, mich auf meine Karriere ansprechen, mir danken. Mir ist eigentlich gar nicht klar, was ich gemacht haben soll. Ist vielleicht auch ganz gut so."

Bescheiden ist Marinette Pichon, großartig ihre Karriere im blauen Trikot der Nationalmannschaft. Mit ihr im Angriff gelang Frankreich 2003 erstmals der Sprung zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™. Insgesamt bestritt sie 112 Länderspiele, in denen sie 81 Tore schoss. Damit gab es bis heute auch bei den Männern niemanden, der in der französischen Nationalmannschaft mehr Tore geschossen hat. Kurz, Marinette Pichon hat nicht nur Tore geschossen. Sie hat in Frankreich Fussballgeschichte geschrieben.

Erfolge

  • Meisterschaft in Frankreich 2006 mit FCF Juvisy

  • Pokalsieg in Frankreich 2005 mit FCF Juvisy

  • Wertvollste Spielerin der U.S.-Profiliga WUSA 2003 bei den Philadelphia Chargers

  • 112 Länderspiele und 81 Tore für Frankreich