Samstag 04 März 2017, 09:13

Karina LeBlanc, mehr als nur Fussballerin

Seit ihrem Debüt in der kanadischen Nationalmannschaft am 21. Juli 1998 hat sich nicht nur im Leben von Karina LeBlanc einiges verändert, sondern auch im Frauenfussball. "Als ich mit meiner Karriere angefangen haben, waren vielleicht acht Zuschauer auf der Tribüne", erinnert sich die Torhüterin, die nach der FIFA Frauen-WM in Kanada zurückgetreten war, im exklusiven Interview mit FIFA.com.

"Als ich sie im Jahr 2015 beendete, waren die Stadien bei der WM in meinem Heimatland ausverkauft und die Spiele wurden auf der ganzen Welt gezeigt. Das Spiel ist im Hinblick auf die Anzahl der Frauen, die es spielen, gewachsen und im Hinblick auf die Anzahl der Menschen, die es unterstützen. Es ist vor allem in Kanada in dem Hinblick gewachsen, dass die Namen der Fussballerinnen allgemein bekannt sind. Für mich hat der Frauenfussball viele Menschen auf der Welt inspiriert", führt sie weiter aus.

Doch nicht nur der Sport an sich hat die Menschen inspiriert, sondern auch die Akteurinnen, die den Frauenfussball dorthin gebracht haben, wo er sich derzeit befindet. 18 Jahre lang trug LeBlanc das Nationaltrikot, nahm an fünf Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Fussballturnieren teil und gewann 2012 mit den Canucks in London die Bronzemedaille.

Dass viele Nachwuchstalente zu der Rekordtorhüterin aufschauen und in ihr ein Vorbild sehen, kommt wenig überraschend. Ein Grund mehr für die in Atlanta geborene LeBlanc etwas zurückzugeben und der weiblichen Seite des Sports treu zu bleiben.

Und wie kann man dies besser tun, als mit der simplen Idee zu starten, seine Medaille mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen? Und was mit Fussballcamps begann, entwickelte sich schnell zu einem Geschäftsmodell. Gemeinsam mit Christine Sinclair, Diana Matheson und Rhian Wilkinson gründete sie ihr eigenes Unternehmen iS4. Im Rahmen von iS4 hilft das Quartett nicht nur jungen Mädchen dabei ihre die Fähigkeiten am Ball zu verbessern sondern teilt auch in Gesprächsrunden seine Erfahrungen, die es im Hochleistungssport sammeln konnte, spricht über Führung, Belastbarkeit, Synergieeffekte und Stärkung.

"Wir sind ein Team, das Teams hilft. Wir sind vier verschiedene Frauen, mit vier verschiedenen Hintergründen und Perspektiven. Wir können auf die Olympischen Spiele zurückblicken und wie uns der Druck verbunden hat. Genau darum geht es in Firmen. Sie versuchen ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen und eine Hochleistungs-Mentalität zu schaffen“, beschreibt LeBlanc die Gemeinsamkeiten zwischen dem Fussballumfeld und der "normalen" Arbeitswelt.

Gastrednerin bei der FIFA-Konferenz für "Gleichberechtigung und Inklusion" Zu erkennen, was alles in ihr steckt, dabei half der 1,73 Meter großen Ausnahmespielerin auch das FIFA-Programms zur Förderung von weiblichen Führungskräften, das sie im Februar 2017 erfolgreich abschloss. "Mir persönlich hat es geholfen zu erkennen, dass ich mehr als nur eine Fussballspielerin bin. Es klingt banal, aber es ist immens. Mein Cheftrainer John Herdman sagte im Jahr 2013 zu mir: 'Wenn Du denkst, dass Deine einzige Aufgabe auf dieser Erde darin besteht, Fussball zu spielen, dann habe ich bei Dir versagt.' Ich werde dieses Gespräch nie vergessen. Und ich habe mich gefragt: Was ist meine Aufgabe?"

Der Fussball half der heute 36-Jährigen, die einen Teil ihrer Kindheit auf der Insel Dominica in der östlichen Karibik verbrachte, Selbstvertrauen zu gewinnen und zu erkennen, dass sie eine Stimme hat. Eine Stimme, die gehört wurde und die ihr eine Ernennung zur UNICEF-Botschafterin einbrachte. Auf der ganzen Welt engagieren sich Schauspieler, Musiker, Sportler und Politiker für das Kinderhilfswerk und treten für die Anliegen und Rechte der Kinder dieser Welt ein.

"Ich erinnere mich an meine erste Reise. Ich hielt ein Fussballcamp in Honduras ab. Dort kennen sie nur ihre eigene Realität. Sie können nicht den Fernseher anschalten und sehen, dass Frauen Fussball spielen. Sie sehen ihre Mütter, die Kinder haben. Ich erinnere mich an Mädchen im Alter von 14 Jahren, die bereits ihre Babys im Arm hielten", erzählt LeBlanc. "Dort einen Ball fallen zu lassen und zu sagen: Hey, das ist, was ich mache, weil ich es gewagt habe zu träumen. Ich habe es gewagt, daran zu glauben, etwas Verrücktes machen zu können. Dies hat meine Ansichten etwas verlagert und ich dachte, vielleicht ist meine Aufgabe auf dieser Erde nicht nur gegen den Ball zu treten. Vielleicht hat mich der Fussball für etwas Größeres vorbereitet."

Es sind Worte wie diese, ihre Erfahrungen und ihre starke Persönlichkeit, die LeBlanc zu einer idealen Gastrednerin der diesjährigen FIFA-Konferenz für "Gleichberechtigung und Inklusion", die am kommenden Montag stattfindet, machen.

"Ich war im letzten Jahr dabei und es war mir eine Ehre. Es ist erneut eine Ehre auch in diesem Jahr teilzunehmen, besonders bei dem Thema. Ich möchte meine Geschichte erzählen, von meiner Reise berichten und von meinen Schwierigkeiten", freut sich die Kanadierin mit dem Faible für ausgefallene Haarkreationen. "Gleichzeitig ist es toll, mich weiterzubilden. Als Athletin war ich von der Entwicklung nahezu besessen. Ich denke Bildung ist der Schlüssel - Konversation ist der Schlüssel. Ich freue mich darauf, ein Gespräch darüber und die Perspektive des Frauenfussballs zu führen. Als Athletin, die gerade in den Ruhestand gegangen ist und den Übergang in die reale Welt gemacht hat, habe ich eine interessante Reise hinter mir und viel gelernt. Ich freue mich, über meine Erfahrungen zu sprechen, aber auch darüber zu lernen.“

Das vollständige Programm der FIFA-Konferenz für "Gleichberechtigung und Inklusion 2017" und nähere Informationen über die Gastredner entnehmen Sie bitte der Broschüre.

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