Dienstag 28 Februar 2017, 08:33

Jade Moore: Feinheiten machen den Unterschied aus

Demnächst beginnt in den USA der SheBelieves Cup. Für Englands Mittelfeldspielerin Jade Moore und ihre Three Lionesses die Gelegenheit, Wettkampfhärte zu bekommen. Dabei hätte nicht viel gefehlt und gerade Moores Leben wäre ganz anders verlaufen.

Im Fussball sind es oft die Feinheiten, die den Unterschied ausmachen. Das hat auch und vor allem Jade Moore in ihrer Zeit als englische Nationalspielerin erfahren. Schon auf dem Weg zum dritten Platz bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™ lagen Freud und Leid sehr dicht beieinander. Dass Moore jedoch überhaupt zum Kader gehörte, war eine noch engere Entscheidung.

Kurz vor ihrem 17. Geburtstag hatte die Spielerin, die bis dahin erfolgreich alle Nachwuchsmannschaften der Three Lionesses durchlaufen hatte, die Entscheidung getroffen, den nächsten Karriereschritt zu wagen und ins Leistungszentrum der Nationalmannschaft zu ziehen. Dort blieb sie genau eine Woche. Dann wurden bei ihr zwei Löcher in der Herzscheidewand festgestellt.

"Wenn ich so darüber nachdenke, war das eine ziemlich turbulente Zeit", erklärt Moore gegenüber FIFA.com. Heute ist sie – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn – meilenweit weg von der ihr Leben verändernden Diagnose vor fast einem Jahrzehnt. Gerade bereitet sie sich in Philadelphia auf den SheBelieves Cup in den USA vor.

"Wäre eines der beiden Löcher nur einen Millimeter größer gewesen, hätte das einen schweren Eingriff bedeutet und die Geschichte wäre wohl ganz anders verlaufen."

So aber bedeutete buchstäblich eine Millimeterentscheidung einen riesigen Unterschied. Der Herzfehler ließ sich mittels eines über die Schlagader in der Leistengegend eingeführten Katheters beheben. Alles in allem betrug die Pause nach Eingriff und Reha nicht einmal einen Monat. Doch danach machten die blutverdünnenden Medikamente der dynamischen Mittelfeldspielerin zu schaffen. "Jeder Schlag konnte eine längere Pause bedeuten, jeder unglückliche Tritt gegen das Bein führte zu einer Schwellung, zu einem Bluterguss und behinderte mich", erzählt Moore. Aber die eigentliche Herzoperation hat mich nur drei, vier Wochen außer Gefecht gesetzt."

Seit jener Zeit ist die 26-Jährige von einem naheliegenden Antrieb beseelt. Sie hat nicht nur ihre Profilaufbahn vorangetrieben, sondern daneben auch ihren Abschluss in Sporttherapeutik gemacht. Die Starspielerin von Notts County betreibt heute eine eigene Physiotherapie-Praxis. Moore macht denn auch keinen Hehl daraus, dass die Herzoperation und das drohende Karriereende großen Einfluss auf das Unternehmen hatten, das sie vor drei Jahren begann.

"Natürlich hat mich das stark geprägt", sagt sie. "Ich glaube zwar nicht, dass es eine bewusste Entscheidung war – ich habe mich ja nicht erst hingesetzt und das geplant –, aber ich denke schon, dass ich einen anderen Blick auf den Sport und auf mein Leben bekommen habe. Wenn ich so darüber nachdenke, ergeben meine Entscheidungen von damals so gesehen einen Sinn."

Für Moore bedeutet das: Sechs Tage die Woche Arbeit auf dem Trainingsplatz und zusätzlich ein Tag die Woche Arbeit als Physiotherapeutin mit ihren Patienten. "Es ist schwierig genug, Fussball zu spielen", gibt sie zu, "aber ich würde es nicht ändern wollen. Ich gehe gern zur Arbeit, so verrückt sich das auch anhören mag. Ich bin froh, da zu sein, wo ich bin."

Doch wenn Moore bei der Nationalmannschaft ist, gilt ihre Konzentration allein dem Fussball. Der SheBelieves Cup bietet England dabei schon früh im Jahr die Möglichkeit einer hochkarätigen Vorbereitung auf die UEFA EURO der Frauen 2017. Es geht gegen Frankreich, die USA und Deutschland.

In der Saisonvorbereitung in Spanien blieb die Mannschaft von Trainer Mark Sampson ohne Sieg gegen Norwegen und Schweden. Moore ist trotzdem überzeugt, dass sich England in Topform präsentieren wird, wenn es gegen die ersten drei Mannschaften der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste der Frauen geht. Da England obendrein nicht an den Olympischen Spielen teilgenommen hat, ist der SheBelieves Cup eine gute Gelegenheit für den Fünftplatzierten der Weltrangliste, sich wieder auf ein Turnier einzustimmen.

"Das ist dich im Grunde genommen eine Turnier-Vorgruppe", findet jedenfalls Moore. "Drei schwierige Spiele, davon können wir nur profitieren. Es ist eine Ehre für uns, hier zu sein, in dieser Position zu sein, diesen Mannschaften gegenüber zu stehen, zumal wir alle der Meinung sind, diese Art Freundschaftsspiele, in denen man lernt, weil man sich mit den Besten misst, haben uns gefehlt."

Glaubt man Moore, hat sich auf Seiten der englischen Nationalmannschaft etwas verändert, seit sie 2015 mit einer Medaille aus Kanada zurückkehrte. Es gibt ein Bestreben nach ähnlicher Konstanz wie bei der illustren Konkurrenz. "Auch wir wollen uns mit Konstanz einen Namen machen. In diesem Punkt wollen wir zu den anderen aufschließen, ihnen nacheifern. Das ist unser Ansporn", sagt Moore.

"Unser Sieg im Spiel um den dritten Platz war ein großer Schritt, um sagen zu können: England kann mit Mannschaften wie Deutschland mithalten. Wir hatten Deutschland zuvor etliche Jahre nicht geschlagen – Frankreich auch nicht. Das sind Dinge, gegen die eine Fussballnation erst mal ankämpfen muss. Im Verlauf von 90 Minuten bedeuten sie nichts, aber geschichtlich gesehen schon."

Bei ihrem früheren Klub Birmingham City hat man Jade Moore durchaus schon mal als Gehilfin des Mannschaftsphysiotherapeuten gesehen. Auf internationaler Ebene, betont sie, kommt das nicht in Frage: "Mit England bin ich als Fussballerin hier und sonst nichts!" Sollte eine von Moores Mannschaftskameradinnen während des SheBelieves Cup allerdings einen Krampf erleiden, dürfte trotzdem klar sein, auf wessen Hilfe sie hofft.