Freitag 22 Mai 2020, 07:00

Gunnarsdottir - einfach "Óstöðvandi"!

  • Sara Björk Gunnarsdottir wurde sechs Mal zu Islands Fussballerin des Jahres gewählt

  • Im November 2019 wurde ihr Buch "Óstöðvandi" (Unaufhaltsam) veröffentlicht

  • "Ich hatte eine Geschichte zu erzählen, mit der sich viele Menschen identifizieren können"

Dass Sara Björk Gunnarsdottir Fussball spielen kann, steht außer Frage. Sechs Mal wurde sie zu Islands Spielerin des Jahres gewählt, gewann in Schweden mit dem LdB FC Malmö bzw. FC Rosengård vier Mal den nationalen Titel und feierte mit dem VfL Wolfsburg drei Mal das Double aus Deutscher Meisterschaft und DFB-Pokal.

Der Weg dorthin war jedoch nicht immer einfach und stellte die 131-fache isländische Nationalspielerin immer wieder vor neue Herausforderungen. Ihre spannende Geschichte erzählt Gunnarsdottir in dem Buch "Óstöðvandi" (übersetzt Unaufhaltsam, Anm. d. Red.), das letztes Jahr im November veröffentlicht wurde.

"Ich wurde 2018 zu Islands Sportler(in) des Jahres gewählt. Es ist eine der größten Auszeichnungen, die man als Sportler in Island erhalten kann. Sie gilt für alle Sportarten, Frauen und Männer können sie gewinnen. Es war eine wirklich große Ehre. Danach bekam ich eine Nachricht von Magnus Helgason - der das Buch geschrieben hat. Er sagte mir, dass es der richtige Zeitpunkt sei, meine Geschichte zu erzählen", erzählt die Mittelfeldspielerin im Interview mit FIFA.com. "Ich bin noch nicht alt - aber ich bin erfahren, habe in meiner Karriere viel erlebt und auch viel durchgemacht. Also dachte ich, ich hätte eine Geschichte zu erzählen, mit der sich viele Menschen, nicht nur Spieler, identifizieren können. Dies war der Grund, warum ich meine Geschichte teilen wollte."

In ihrem Buch beschreibt Gunnarsdottir ihren langen Weg vom Kleinstadtmädchen bis zur Topspielerin in Deutschland. "Für mich geht es mehr um Kämpfe und Rückschläge, die mich zu der gemacht haben, die ich heute bin. Um den Charakter, der mich auszeichnet, wie ich spiele und wie ich als Mensch bin. Zwei Jahre lang hatte ich mit Verletzungen zu kämpfen, mit einem Kreuzbandriss und einem Oberschenkelknochenbruch. Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass ich je wieder Fussball spielen würde", beschreibt die 29-Jährige.

"Es geht [in dem Buch] viel um diese Rückschläge, was ich durchmachen musste und wie ich zu dem Punkt gekommen bin, an dem ich ich mich heute befinde. Es geht auch ein bisschen um mein persönliches Leben. Ich spreche über Beklemmungen im Fussball, wie einen die Leidenschaft beeinflussen kann und wie ich damit umgegangen bin. Am Ende des Buches erkläre ich, dass ich wirklich stolz bin, die Person zu sein, die ich heute bin. Wegen meines Erfolgs, aber hauptsächlich wegen meiner Rückschläge und wie ich damit umgegangen bin."

Ihre Aussagen machen deutlich, warum Gunnarsdottir sich für den Titel "Óstöðvandi" entschieden hat. Es scheint fast so, als könnte nichts und niemand sie aufhalten. Schon als kleines Mädchen wollte sie immer gewinnen, sei es beim Kartenspielen oder eben im Fussball. Wenn andere dachten, dass sie es eh nicht schafft, dann hat sie dies nur noch mehr motiviert.

"Ich war immer im Wettbewerb mit mir selbst. Wollte sehen, wie weit ich komme und mich pushen kann. Nach meinen Verletzungen war es mein Ziel, keine Schmerzen mehr zu haben und wieder zu spielen. Ein Jahr später erreichte ich die U17-, U19- und die A-Nationalmannschaft – alles innerhalb eines Jahres - und dachte: Wow, ich könnte meine Ziele jetzt wirklich hoch setzen. Als ich 20 war, sagte ich den Medien, dass ich die beste Mittelfeldspielerin der Welt werden möchte. Wahrscheinlich haben viele Leute nur darüber gelacht. Ich hatte immer so viel Vertrauen in mich selbst, und meine Mentalität brachte mich dahin, wo ich heute bin."

Damit meint Gunnarsdottir den VfL Wolfsburg, für den seit 2016 auf dem Platz steht und den sie zum Ende der Saison verlassen wird. Doch bevor ihr Vertrag ausläuft, will sie mit den Wölfinnen noch Titel holen. Da kommt es mehr als gelegen, dass die Frauen-Bundesliga am 29. Mai ihren Spielbetrieb wieder aufnimmt.

"Es ist eine Erleichterung, dass wir wieder anfangen. Es wird bis Juni sehr intensiv. Aber wir haben viel trainiert. Wir haben angefangen mit dem Team zu trainieren und sind alle in Topform. Wir sind alle Profis und haben unsere Arbeit gemacht. Ich fühle mich gut, ich fühle mich bereit - das gilt auch für meine Teamkolleginnen. Ich vermisse es einfach, mit der Mannschaft in der Umkleidekabine zu sein, den Ball in die Hand zu nehmen. In dieser Zeit wurde mir klar, wie sehr ich das vermisst habe, wie sehr ich das Spielen vermisst habe. Als wir uns das erste Mal wieder getroffen haben, fühlte ich mich wie ein Kind beim ersten Training. Ich bin dankbar, dass wir anfangen können", freut sich die Isländerin und fügt abschließend hinzu: "Natürlich möchte ich dieses Jahr mit Wolfsburg mit einigen Titeln abschließen und einige Spiele absolvieren. Es war eine aufregende Zeit mit der Liga, dem Pokal und der Champions League. Jetzt haben sich die Dinge ein wenig geändert. Hoffentlich können wir die Liga und den Pokal beenden. Ziel ist es, Wolfsburg mit zwei Titeln zu beenden. Das wäre super."

Und wenn man an den Titel ihres Buches denkt, dann wird es schwer werden, Gunnarsdottir bei der Umsetzung dieses Zieles aufzuhalten …

In Island lautet das Motto: Du kämpfst, egal was passiert! In Island haben wir vielleicht nicht die besten Fähigkeiten - aber wir werden bis zum Ende kämpfen. Das macht uns wirklich aus. Wenn wir das nicht haben, sind wir nicht wirklich wir selbst.
Sara Björk Gunnarsdottir