Mittwoch 13 Mai 2015, 12:41

Boquete gegen Cruz: Das besondere Duell

Im Finale der UEFA Women's Champions League kommt es zu einem ganz besonderen Duell. Für die spanischsprachige Gemeinde sind Veronica Boquete und Shirley Cruz zwei Akteurinnen, die im Frauenfussball Maßstäbe gesetzt haben. Auch im Finale zwischen dem 1. FFC Frankfurt und Paris Saint-Germain am Donnerstag in Berlin wird ihnen eine tragende Rolle zukommen.

"Shirley ist eine der besten Spielerinnen der Welt. Das beweist sie schon seit vielen Jahren. Sie ist eine besondere Spielerin", sagt die Spanierin im Gespräch mit FIFA.com. Die Costa-Ricanerin wiederum spart ebenfalls nicht mit Lob: "Ich habe großen Respekt vor ihr, weil sie eine großartige Spielerin ist. Sie hat viel für den spanischen Fussball getan, sie ist sehr gut."

Die beiden Stars standen sich bereits im letzten Jahr in der ersten Runde der Königsklasse gegenüber. Boquete behielt damals mit Tyresö FF gegen PSG die Oberhand. Die Spanierin stieß mit dem inzwischen aufgelösten schwedischen Team bis ins Finale des europäischen Wettbewerbs vor, unterlag dort aber dem VfL Wolfsburg.

Für Cruz wiederum war jene Partie der letzte Stolperstein auf dem Weg zu ihrem vierten europäischen Finale. "Jedes ist anders und auf seine Weise etwas Besonderes. Doch dieses Endspiel ist vielleicht eines, das wir uns am härtesten erarbeitet haben, weil wir einige der besten Klubs wie Lyon oder Wolfsburg bezwingen mussten", erklärt die 29-jährige Spielerin gegenüber FIFA.com. Cruz verließ ihr Heimatland Costa Rica vor neun Jahren, um sich in Frankreich eine Fussballkarriere zu erarbeiten.

Wer ist der Favorit? "Sie sind favorisiert, weil sie über mehr Erfahrung verfügen ", sagt Cruz. "Für PSG ist es das erste Finale. Es wird nicht leicht, doch wir sind nur einen Schritt davon entfernt, uns einen Traum zu verwirklichen. Es wird ein schönes Spiel. Ein Finale muss man genießen, denn es ist schwer, dorthin zu kommen", ergänzt die Mittelfeldakteurin, die mit Olympique Lyon von 2010 bis 2012 drei Mal im Endspiel stand und 2011 und 2012 den Titel holte. Den letzten übrigens gegen Frankfurt.

"Wir haben vielleicht mehr Tradition, doch das ist Vergangenheit. Das einzige, was zählt, ist die Gegenwart, und heute ist PSG genauso 'groß' und favorisiert wie wir. Das Selbstvertrauen, das wir gewinnen können, ist vorhanden. Aber ich bin realistisch, das allein wird nicht reichen. Wir müssen spielen und werden es uns verdienen müssen, Europameisterinnen zu sein", antwortet die 28-jährige Boquete.

"PSG ist defensiv sehr stark. Es ist sehr schwer, gegen sie einen Treffer zu erzielen. Und obwohl sie in Caroline Seger - übrigens eine gute Freundin -  auf eine Führungsspielerin verzichten müssen, bleibt es ein Team mit einem starken Mittelfeld und Offensivspielerinnen, die den Unterschied ausmachen können. Laura Georges in der Defensive, Cruz im Mittelfeld und Asllani oder Fatmire im Angriff ragen besonders heraus, doch jede in diesem Team ist zu außergewöhnlichen Leistungen fähig", analysiert die Spanierin. Sie selbst habe in ihrem ersten Jahr in Deutschland nach Stationen in Schweden, Russland oder den USA fussballerisch einen weiteren Schritt nach vorne gemacht.

"Deutschland hat einen anderen Stil. Es ist eine andere Weise, das Spiel zu verstehen und ein gutes Ergebnis anzustreben. Das Spiel ist direkter und die Partien körperbetonter. Mich daran anzupassen, macht mich zu einer kompletteren Spielerin", sagt die Spanierin, die zu den fünf Nominierten für die BBC-Wahl der Fussballerin des Jahres 2015 gehört.

Nächster Halt Montreal Cruz indes ist nicht weniger vielseitig, und ein schwaches Spiel wird man bei ihr selten erleben. Wenn es an einem Tag als Vorbereiterin mal nicht so gut klappt, glänzt sie eben in der Defensive bei der Balleroberung - und umgekehrt. Vor allem aber leistet die Akteurin seit 2013 dank ihrer Routine und Abgeklärtheit einen wichtigen Beitrag in einem Kader, der im letzten Jahr auf vielen Positionen namhaft verstärkt wurde.

"Es ist immer schwer, sich anzupassen. Man muss mit der Sprache beginnen, denn auf dem Platz ist die Kommunikation wichtig. Außerhalb sind wir eine eingeschworene Einheit, und diese Solidarität lässt uns als Team gewinnen", sagt Cruz, die trotz aller Widrigkeiten in diesem Jahr erneut auf der Kandidatenliste für die Wahl zur besten Spielerin der ersten französischen Liga steht.

Denn es war ein Jahr mit Höhen und Tiefen, und die schlimmste Erfahrung war ein operativer Eingriff am rechten Knie. "Ich war sehr besorgt, weil ich fürchtete, dass es ein Problem mit dem Knochen sein könnte. Doch zum Glück handelte es sich nur um einen Knorpelschaden. Ich malte mir das Schlimmste aus, und es wäre besonders schmerzhaft gewesen, wenn der WM-Traum geplatzt wäre. Doch die Gesundheit ist das Wichtigste, und ich wollte hinterher keinen vorzeitigen Rücktritt riskieren", sagt sie heute erleichtert, da sie sich rechtzeitig erholen konnte. "Mir fehlen noch ein wenig der Rhythmus und die Fitness, doch ich arbeite weiter daran."

Die Vorfreude entschädigt sie für ihre Mühen. Denn für beide ist die WM-Teilnahme in diesem Jahr der große Traum. Boquete und Cruz werden sich am kommenden 9. Juni im Olympiastadion von Montreal beim Debüt ihrer jeweiligen Nationalteams bei einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft als Spielführerinnen erneut die Hände schütteln.

"Es ist schwer, bei einem so aufregenden Saisonfinale jetzt an die WM zu denken. Doch es bleibt natürlich im Hinterkopf und ich freue mich sehr darauf. Es wird ein einmaliges Gefühl sein", träumt die Galizierin. "Es ist eine zusätzliche Motivation, um hart zu arbeiten. Es war ein Traum, und nun besteht das Ziel darin, die Gruppenphase zu überstehen. Doch man muss Schritt für Schritt vorgehen, und zuerst wollen wir die Saison mit PSG zu einem krönenden Abschluss bringen", sagt Cruz zum Abschied.