Mittwoch 15 Januar 2020, 08:30

Schärding - wo Götze und Gnabry wirbelten und Liverpool den Kleinen Platz machen muss

  • Im österreichischen Schärding findet ein hochklassiges U-15-Hallenturnier statt, das allen offen steht

  • Auch Teams aus kleineren Vereinen können sich dort mit den ganz Großen messen

  • Götze, Gnabry und Goretzka liefen dort unter anderem schon auf

Auf dem engen Spielfeld der Bezirkssporthalle im österreichischen Schärding hat die U-15 von Valencia CF gerade ein Tor geschossen. Der Torschütze dreht jubelnd zu seinen Mitspielern ab, auf der bis auf den letzten Platz gefüllten Tribüne brandet Applaus auf, während sich im Hintergrund die Nachwuchsteams von Liverpool FC und Borussia Dortmund auf ihre Spiele vorbereiten und der Treffer auf YouTube live gestreamt wurde.

Solche hochklassigen Hallenturniere findet man in Europa im Winter einige, doch die mit großem Herzblut hier an der österreichisch-deutschen Grenze ausgetragene Veranstaltung ist etwas ganz Besonderes: Valencia hat seinen Treffer nämlich gegen die Altersgenossen der SpVgg GW Deggendorf erzielt, die sich in einem Qualifikationsturnier das Ticket für das große Hauptturnier in der ersten Januarwoche sichern konnten, an dem zahlreiche U15-Teams namhafter Profivereine aus Österreich, Deutschland, England, der Tschechischen Republik, der Schweiz, Spanien und Norwegen teilnahmen.

Dass Qualifikanten sich über ein im Vorfeld stattfindendes Turnier in solch ein erlesenes Teilnehmerfeld spielen dürfen, ist noch kein Alleinstellungsmerkmal – in Schärding allerdings eröffnet man so nicht weniger als fünf kleineren Teams die Teilnahme an einem unvergesslichen Erlebnis, was mehr als nur unüblich ist.

"Das ist die Würze im Fussball. Das ist so wie der Pokal, die Kleinen gegen die Großen. Das reizt alle, es macht unseren Fussball aus, dass man der Breite die Chance gibt, sich mit der absoluten Spitze zu messen," sagt Turnierorganisator Johannes Fesel, der diese Funktion nun seit fast drei Jahrzehnten ausübt, zu FIFA.com.

Gerade weil es eine Tendenz in den großen Nachwuchsakademien gibt, gerne unter sich zu bleiben, sind solche Turniere und Begegnungen ein Highlight. Und der sportlichen Qualität tut dies keinen Abbruch. "Die letzten Jahre gab es viel Lob für die Qualifikanten. Wenn Liverpool 0:1 gegen Winterthur verliert – das ist der Fussball", so Fesel.

Kein Wunder, dass bei diesen Aussichten die Vereine mehrere hundert Kilometern zu den Qualifikationsturnieren anreisen – angefangen ab der niedrigsten Liga in dieser Altersklasse träumen sie alle davon, einmal den Großen ein Bein zu stellen.

Und auch dieses Jahr erwischte es, wie schon in den Vorjahren, große Namen: Der Nachwuchs des UEFA-Champions-League-Siegers von der Merseyside muss nach der Gruppenphase zugunsten der Schweizer aus Winterthur auf den Einzug in die nächste Runde verzichten, während sich die Jungs aus der bayrischen Kreisstadt Deggendorf beim 0:3 gegen Valencia wacker schlagen und am Ende sogar vier Punkte auf ihrem Konto haben werden.

"Ich kenne das Turnier seit 2007. Ich war schon mit dem FC Basel und Grasshoppers Zürich da. Das ist eine gute Erfahrung für die Jungs", findet auch Marco Otero, Technischer Direktor der Valencia-Akademie. "Viele Menschen wirken hier daran, dass die Jungs einen unvergesslichen Tag haben. Das kann man mit Geld nicht bezahlen." Kein Wunder, dass zahlreiche große Namen in den vergangenen Jahren auf dem Boden der Sporthalle nahe des Inns gezaubert haben – mit Mario Götze sogar der Schütze des Siegtores der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft von 2014.

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Was als normales Breitenfussball-Hallenturnier zum 40-jährigen Vereinsjubiläum des Veranstalters Union Esternberg begann, wuchs über die Jahre zu einem immer größeren Event heran. "Viel telefonieren, telefonieren und ein paar Faxe" standen am Anfang, erinnert sich Fesel. "Da hatte ich Telefonrechnungen von mehreren Tausend Schilling." Zuerst nahmen lokale Profivereine teil, dann erfuhren über Mund-zu-Mund-Propaganda immer mehr Nachwuchsakademien von den besonderen Bedingungen in Schärding, der tollen Atmosphäre mit der steilen Tribüne und den Auseinandersetzungen zwischen Groß und Klein.

Im Januar 2021 feiert man das 30-jährige Turnierjubiläum. "Da hoffe ich drauf, dass ich den FC Bayern München hier begrüßen darf, und vielleicht noch ein paar neue Gesichter, zum Beispiel aus den USA oder Schweden", umreißt der 52-Jährige seine Wünsche für das nächste Jahr.