Mittwoch 10 September 2014, 12:54

Kike: Das Vermächtnis eines intelligenten Stars

Bei denjenigen, die mit Futsal wenig vertraut sind, dürfte die Meldung über den Rücktritt des Spaniers Kike Boned kaum für Aufsehen gesorgt haben. Auch wenn die nackten Zahlen ihm stets wenig bedeutet haben, wäre jeder Starspieler glücklich über eine ähnliche Bilanz. So bestritt er in 19 Spielzeiten als Profi nicht weniger als 170 Länderspiele und erreichte bei jeder der vier FIFA Futsal-Weltmeisterschaften, an denen er teilnahm, das Finale. Zwei Mal holte er dabei den Titel. Darüber hinaus krönte er sich mit seinem Team fünf Mal zum Europameister. Dazu kommen noch all seine Erfolge auf Vereinsebene.

Der ewige Kapitän **und Futsal-Rekordnationalspieler Spaniens hatte sich bereits vor vier Jahren aus der Nationalmannschaft verabschiedet, nachdem Spanien das Finale des Turniers in Thailand gegen Brasilien verloren hatte. Mit nunmehr 36 Jahren hängt er nun die Schuhe endgültig an den Nagel und verlässt als einer der besten Spieler aller Zeiten die sportliche Bühne. Verehrt wird er nicht nur wegen seiner Leistungen als Abwehrspieler, sondern vor allem auch wegen seines Beitrags zur Entwicklung dieses Sports.

Dabei ist er immer bescheiden geblieben. Als man ihn auffordert, zwischen den Begriffen "Legende" oder "Vermächtnis" zu wählen, zögert Kike keinen Augenblick. "Beide klingen gut, aber mir gefällt "Vermächtnis" besser", erklärte er gegenüber FIFA.com. "Das bedeutet doch, dass man etwas hinterlässt, dass man mehr auf das Ganze als auf sich selbst blickt. Ich habe so großen Respekt vor unserem Sport, dass ich immer das, was für den Futsal gut ist, über meine persönlichen Interessen gestellt habe."

Ein Beispiel dafür ist die Geschichte hinter "Kike Boned: el ídolo inteligente" **, sein Buch, das Anfang 2014 herauskam und von seinen 13 Jahren bei Pozo in Murcia handelte, seinem dritten und letzten Verein. "Als man mir das Projekt vorschlug, sagte ich 'Nein', da es ja das Thema eines Buches werden sollte. Ich wollte mich nicht 'entblößen', schließlich war ich immer sehr diskret. Einer meiner Mitspieler sagte mir jedoch: 'Alle Sportarten haben ein Buch, nur Futsal nicht'. Ich habe es dann als etwas Anderes aufgefasst, als ein weiteres Zugangstor zu unserem Sport und habe dem Ganzen, auch dem Titel, zugestimmt. Ich würde mich jedoch nie selbst als intelligenten Star bezeichnen. Ich habe während meiner gesamten Laufbahn immer ganz normal gelebt. Und genau so soll man mich auch in Erinnerung behalten."

Anerkennung und Vergleiche Unter den vielen Ehrungen Kikes ragt die Ernennung zum Botschafter der Nationalen Futsal-Liga in Spanien heraus. Der Spieler aus Valencia erhielt die Ehrung aus den Händen von Javier Lozano, dem Coach, unter dem er 1998 in der Nationalmannschaft debütierte und mit dem er 2000 in Guatemala und 2004 in Chinese Taipei den WM-Titel gewann. Er wird nun an der Entwicklung neuer Projekte mitwirken und dazu beitragen, die Sportart weiter zu verbreiten und zu stärken. "Kike wird viel zu tun haben und neue Wege beschreiten. Er hat das Zeug, uns zu zeigen, wie wir auf der Grundlage unserer Werte weiter wachsen können", lobte ihn Lozano, mittlerweile Präsident der Liga.

Kike erhielt von der FIFA eine verkleinerte Nachbildung der WM-Trophäe von Thailand als Würdigung seiner verdienstvollen Laufbahn. Seine Karriere ist darüber hinaus Gegenstand eines Dokumentarfilms über Futsal. An der Produktion ist auch seine Schwester beteiligt, die noch Sponsoren sucht, um das Ganze zu verwirklichen. Ansonsten hat sein Rücktritt aber für wenig Aufsehen gesorgt.

Er selbst sieht das nicht so dramatisch. "Wir haben den Minderwertigkeitskomplex im Futsal schon vor einiger Zeit abgelegt, müssen uns nun nicht stets aufs Neue beweisen. Es geht nun darum, zu analysieren, was mein Rücktritt für den Futsal bedeutet, nicht für die Welt des Sports, die sehr groß und in vielerlei Hinsicht ungerecht ist. In dieser Hinsicht habe ich in meiner Karriere viel Anerkennung erfahren", sagt Kike, für den Rekorde eine "Last sind, die man abwerfen muss".

Auf die Frage von FIFA.com sein Rücktritt in Zusammenhang mit dem zweier Mega-Stars der spanischen Auswahl - nämlich Xavi und Xabi Alonso - zu setzen, antwortet Kike. "Sie hätten zum Abschied eine bessere Weltmeisterschaft verdient gehabt. Andererseits sollten wir uns alle bemühen, mehr als auf die aktuellen Ergebnisse auf das, was insgesamt geleistet wurde, zu blicken. Deswegen haben sie allergrößte Anerkennung verdient", fordert er.

Neue Prioritäten Auf die Frage, ob er seinen Platz auf der Trainerbank sieht, meinte er: "Im Augenblick ist das noch wenig attraktiv. Es waren 20 Jahre und ich möchte jetzt ein wenig Abstand vom Spielfeld gewinnen, etwas Anderes erleben. Jetzt hat erst einmal die Familie oberste Priorität", erklärt Kike, der die Tage mit seinen drei Söhnen und der Leitung einer Sportanlage in Murcia verbringt.

Kike, der in Thailand 2012 einen Blog zur Weltmeisterschaft schrieb und über Facebook nur die im Verlauf seiner Karriere wichtigsten emotionalen Momente postete, weiß, dass der Futsal immer sein Leben bleiben wird. "Botschafter zu sein, ist eine Rolle, die ich immer schon ausfüllen wollte. Natürlich ist es seltsam, das nun in Anzug und Krawatte zu tun und nicht mehr in kurzen Hosen und ganz verschwitzt! Dennoch werde ich nie aufhören, diesen Sport zu unterstützen, auch wenn ich es irgendwann einmal nur noch von der Tribüne aus machen kann."