Montag 16 März 2020, 10:18

Glasgow City – ein herausragender Ausnahmeklub

  • Glasgow City gedeiht trotz viel namhafterer Rivalen

  • Die Schottinnen stehen im Viertelfinale der UEFA Champions League der Frauen

  • Gründerin Laura Montgomery über die Situation unabhängiger Klubs

Bei Glasgow City ist man bestens mit der Rolle des ewigen Außenseiters vertraut, der eigentlich nicht dazu gehört. Doch nie zuvor hat dieser außergewöhnliche Klub derart herausgestochen wie in der aktuellen Situation.

Die Liste der Teams in der Viertelfinalrunde der UEFA Champions League der Frauen zeigt dies auf perfekte Weise. Von Arsenal bis Bayern München, von Barcelona bis Paris Saint-Germain sind in der Runde der letzten Acht ausnahmslos Spitzenklubs vertreten. Ausnahmslos? Nicht ganz. Denn mitten unter diesen Schwergewichten mit enormen finanziellen Möglichkeiten findet sich eben auch Glasgow City – die stolze Ausnahme.

Der schottische Serienmeister hat diese Runde bereits zuvor ein Mal erreicht. 2014 allerdings standen noch weitere unabhängige Teams aus Deutschland, aus Skandinavien und anderen Ländern im Viertelfinale. Heute ist von jenen Klubs keine Spur mehr zu sehen. Der stetig wachsende finanzielle Rückhalt durch große Männerteams hat zu einem grundlegenden Wandel im Frauenfussball geführt.

"Es ist wirklich unglaublich, dass wir in dieser Runde der Champions League unter all den Großen stehen. Darauf sind wir überaus stolz", so die Klubmanagerin und Gründerin Laura Montgomery, die selbst früher für Glasgow City spielte, gegenüber FIFA.com. "Ich bin sicher, dass das so manchem gegen den Strich geht, denn es gibt Leute, die hier nur die ganz Großen sehen wollen."

"Der Frauenfussball hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker dem Vorbild des Männerfussballs angenähert. Aber ich denke, dass es noch Raum für einen anderen Ansatz gibt, bei dem Frauen und Mädchen unabhängig und eigenständig im Mittelpunkt stehen. Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Angebote erhalten, eine Partnerschaft mit einem Männerklub einzugehen, haben aber genau aus diesem Grund stets abgelehnt."

"Wir bei Glasgow City hingegen haben den Klub immer nachhaltig entwickelt und werden das auch weiterhin tun. Doch die Voraussetzungen sind definitiv eher gegen uns und andere unabhängige Klubs. Ehrlich gesagt habe ich schon damals, als wir es ins Viertelfinale der Champions League 2014/15 geschafft hatten, nicht damit gerechnet, dass wir das jemals nochmal schaffen würden. Die Entwicklung war schon damals deutlich. Wenn man das Budget, mit dem wir auskommen müssen, mit dem vergleicht, was unsere Gegner zur Verfügung haben, dann ist es ziemlich unglaublich, dass wir es geschafft haben."

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Das gilt insbesondere in der laufenden Saison, denn die Frauenteams von Celtic und den Rangers, den beiden dominierenden Klubs im schottischen Männerfussball, werden jetzt als Profiteams geführt. Somit haben nun die mächtigen Glasgower Kontrahenten den Vorteil, Spielerinnen Vollzeitverträge anbieten zu können. Dennoch will der kleine Stadtrivale seinen bisherigen Spitzenplatz nicht kampflos aufgeben.

"Wir waren schon immer finanziell und ressourcenmäßig unterlegen, schon bevor Celtic und Rangers als Vollzeitprofiteams arbeiten. Schon zuvor konnten sie die Trainingsanlagen, die sportwissenschaftlichen Einrichtungen, das Fachwissen, die Trikotwerbung etc. von den Männern nutzen, und alles was noch damit einhergeht."

Was Glasgow City angeht, ist Montgomery für die Zeit nach der durch den Coronavirus bedingten Zwangspause sehr optimistisch; weniger hingegen, was den schottischen Frauenfussball insgesamt angeht. Ein Nachteil der Erfolge ihres Klubs und der starken Leistungen des Nationalteams, das sich für zwei internationale Endrunden in Folge qualifizierte, könnte darin bestehen, dass möglicherweise Unzulänglichkeiten und Defizite übertüncht wurden.

"Ich fürchte, dass so mancher nur die Fortschritte und Erfolge sieht und dann denkt, dass es dem Frauenfussball bestens geht und dass keine noch größere Unterstützung und Investitionen mehr benötigt werden. Aber genau das ist der Fall. Wenn wir das hohe Niveau halten wollen, das wir in den vergangenen Jahren erreicht haben, dann haben wir viel Arbeit vor uns."

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