Die Anspannung ist groß. Alles läuft perfekt, wie ein Uhrwerk. Noch 17 Minuten bis zum Einlauf der Teams in die Istanbuler Ali-Sami-Yen-Arena. In den Gängen vor den Kabinen ist reger Betrieb. Plötzlich ertönt Pedro Velasquez' Stimme: "Sie brauchen dringend eine Kaffeemaschine!" Kein Problem für den jungen Mann aus Guatemala. Er kümmert sich darum. Und wenn er sich darum kümmert, wissen die Offiziellen, dass alles in besten Händen ist.
Pedro ist 24 Jahre alt und arbeitet bei der FIFA U-20-WM 2013 in der Türkei als Volunteer. Damit gehört er zu den heimlichen Helden dieses Turniers. Insgesamt helfen exakt 1.217 dieser ehrenamtlichen Mitarbeiter in den sieben Austragungsorten, die aktuelle Auflage des zweitwichtigsten FIFA-Turniers zu einem großen Erfolg werden zu lassen.
Eigentlich studiert der junge Mittelamerikaner in Kalifornien und will später im Sport-Business arbeiten. Er ist selbst Torhüter und, so erzählt er, scheiterte mit der Junioren-Auswahl seines Heimatlandes in der Qualifikation für die FIFA U-20-WM 2007 in Kanada knapp an Haiti. Nun erfüllt er sich mit zahlreichen anderen Volunteers, überwiegend ebenfalls Studenten, einen großen Traum: "Ich bin hier, um dem General Coordinator und dem Assistant General Coordinator in Istanbul zu helfen. Es gibt unendlich viele Kleinigkeiten rund um jedes Spiel und die Mannschaften an jedem Spieltag, um die ich mich kümmern darf. Nachdem ich die WM 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika als Fan verfolgt habe, ist es wundervoll für mich, nun ein kleiner Teil dieses Turniers zu sein."
Ein große Familie
Die Volunteers sind unersetzlich. Und sie kommen aus allen Ecken der Welt. 34 von ihnen sind aus anderen Ländern in die Türkei gereist, um die Erfahrung zu machen, an der Organisation und Austragung einer Weltmeisterschaft teilzuhaben. Neben Pedro aus Guatemala sind Volunteers aus Italien, Haiti und zahlreichen afrikanischen Nationen in Antalya, Bursa, Gaziantep, Istanbul, Kayseri, Rize und Trabzon tätig. Die Erfahrungen, die sie für ihre künftige Karriere, aber auch im Umgang miteinander und im Austausch der vielen Kulturen sammeln, ist von unschätzbarem Wert.
"Wir sind alle eine große Familie geworden. Ich habe viele enge Freundschaften geknüpft in den letzten Wochen", erzählt Bensu Öztürk mit funkelnden Augen. Die 20-Jährige aus Istanbul hilft als Volunteer bei den Akkreditierungen in der Ali-Sami-Yen-Arena: "Tagsüber helfen wir und abends gehen wir alle zusammen in Bars oder zum Tanzen." Für die leidenschaftliche Anhängerin von Galatasaray ist die Tätigkeit als Volunteer "ganz klar eine einmalige Erfahrung im Leben". Man erlebe den Fussball hautnah, habe Spaß mit anderen jungen Menschen und einfach eine "wundervolle Zeit".
Die Bewerberzahlen für die Volunteer-Jobs bei der FIFA U-20-WM 2013 waren gigantisch. Unzählige wollten in der Türkei dabei sein. Auch Irem Koroglu, eine Übersetzer-Studentin aus dem südtürkischen Mersin, hat es geschafft. Die 18-Jährige hilft im Mediencenter in Istanbul und unterstützt die Journalisten bei sämtlichen Fragen rund um die Spieltage. "Für mich ist es das Größte, hier rund um die Fussballer arbeiten zu dürfen. Ich träume davon, irgendwann als Übersetzerin oder Journalistin zu arbeiten und Dani Alves zu interviewen. Ich bewundere ihn", sagt sie. Was sie als Volunteer antreibt? "Das Lächeln und die Dankbarkeit der Menschen in ihren Gesichtern zu sehen, wenn ich ihnen helfen konnte, ist unbezahlbar."
Fasziniert vom Austausch der Kulturen
Manche Volunteers sind bereits erfahren. Karim Fathi aus Ägypten war beispielsweise schon bei der FIFA U-20-WM 2009 in seinem Heimatland dabei. Der 20-Jährige will später im Sport-Marketing arbeiten und weiß es sehr zu schätzen, Erfahrungen direkt vor Ort zu sammeln. "Ich hatte mich sowohl für den [FIFA] Konföderationen-Pokal 2013 in Brasilien als auch für die U-20-WM in der Türkei beworben und wurde für beide Turniere akzeptiert. Letztlich habe ich mich entschieden, hierher zu gehen", so der junge Mann aus Kairo.
In Istanbul hilft er, den Besuchern der Spiele bei einem neuen, innovativen Stand der FIFA näherzubringen, in welchen Bereichen der Fussball-Weltverband tätig ist. "Wir erklären den Leuten, dass es nicht nur um Fussballspiele geht. Wir zeigen ihnen, was es mit sozialen Projekten der FIFA wie 'Football for Hope' oder dem 'Goal'-Programm auf sich hat. Es ist toll, zu sehen, wie interessiert und begeistert die Leute reagieren, wenn sie darüber erfahren", schildert Karim.
Begeisterung ist das Schlagwort. Alle Volunteers in der Türkei sind fasziniert vom Austausch der Kulturen. Doch mindestens genauso wichtig ist, dass alle Fussball-Fans fasziniert von der Arbeit der Volunteers sind. Sie stellen so etwas wie das ganz gewisse Etwas bei dieser FIFA U-20-WM 2013 dar. Leute wie Pedro, Bensu, Irem oder Karim, aber natürlich auch alle anderen 1.213 Volunteers bei dieser Endrunde sind Protagonisten. Während die jungen Fussball-Stars auf dem Rasen für Spektakel sorgen, sind sie es, die das Turnier drumherum zum Fest machen. Und das alles mit Leidenschaft und Hingabe. Wenn nötig auch mit einer Kaffeemaschine.