Montag 20 August 2018, 07:04

Neid: "Japan ist für mich der Favorit"

  • Silvia Neid analysiert die vier Halbfinalisten

  • Japan Favorit auf den Titel

  • "Es geht im U-Bereich nicht immer nur um Erfolge"

​Der Erfolg der deutschen Fussballerinnen wird immer ganz eng mit einem Namen verknüpft sein: Silvia Neid. Ihre Biographie liest sich wie eine scheinbar endlose Folge von Triumphen, schließlich war sie als Spielerin, Co-Trainerin an der Seite von Tina Theune und Trainern an jedem der acht EM- und zwei WM-Titeln der DFB-Frauen beteiligt.

2016 beendete Neid nach dem Gewinn der Olympischen Goldmedaille ihre Karriere als Bundestrainerin und wurde Leiterin der Abteilung Trendscouting für Frauen- und Mädchenfussball im DFB. Derzeit befindet sich Neid in Frankreich bei der FIFA U-20-Frauen-WM und analysiert für FIFA.com die Stärken der Halbfinalisten.

Wie würden Sie die individuellen Stärken der Top vier Mannschaften beschreiben?

Man hat schon jetzt gesehen, dass England über Tempo und sehr schnelles Umschalten in den vorderen Bereich kommt. Nach vorne haben sie ein gutes Tempo, das zeichnet die Engländerinnen aus.

Spanien und Japan kommen ganz klar über ihre Technik. Jede Spielerin ist hervorragend ausgebildet. Sie verfügen über Ballsicherheit, Kreativität im Spiel nach vorne, erkennen die Lücken und haben dadurch sofort die erste und zweite Abwehrreihe überspielt. Sie sind auch im Angriff total variabel.

Und der Gastgeber?

Frankreich habe ich im letzten Spiel live im Stadion gesehen. Da ist mir aufgefallen, dass sie versuchen, relativ kompakt zu stehen. Sie haben aber nicht die Qualität gehabt, wie die anderen Mannschaften. Ich glaube, dass Japan und Spanien ins Finale einziehen werden.

Wer ist für Sie der Favorit?

So, wie die Japanerinnen gespielt haben [gegen Deutschland] sind sie für mich der Favorit. Sie haben soviel Spielwitz und Ideen. Sie versuchen über die Außenbahnen eine Überzahl herzustellen und sind flexibel im Besetzen der Räume. Es sieht ein kleines bisschen runder aus, als bei Spanien.

Konnten Sie einen neuen Trend ausmachen?

Auffällig ist, dass alle aus einer Viererkette herausspielen. Im letzten Jahr hatte man noch das Gefühl, dass hier und da mit einer Fünferkette gespielt wird. Mittlerweile ist das 4-3-3 recht beliebt. Grundsätzlich kann man sagen, dass die U-20-Nationalmannschaften schon so spielen, wie die Frauen-Nationalmannschaften in ihrem Verband. Jeder Verband hat einen roten Faden und seine eigene Spielphilosophie.

Beobachtet man ein Spiel als Trendscout anders? Sie saßen ja auch jahrelang auf der Trainerbank...

Als Trainerin ist man immer fokussiert auf seine eigene Mannschaft. Wenn ich mir bei einem Turnier den nächsten Gegner angeschaut habe, habe ich direkt überlegt, wie man dagegen spielen kann. Als Trendscouterin schaue ich schon etwas anders. Ich sehe zum Beispiel, dass eine Mannschaft Mittelfeldpressing mit Übergang in den Angriff spielt und schaue wie und warum sie das machen. Man schaut auch in die Richtung, ob das auch andere Mannschaften schon gemacht haben oder ob es einzigartig ist. Dann ist es kein Trend (lacht).

Was hat der deutschen Mannschaft gefehlt?

Japan war ganz klar die bessere Mannschaft. Deutschland war vorne nicht so kreativ, es fehlte auch die Dynamik, um die wichtigen Eins-gegen-Eins-Duelle zu gewinnen. Aber letztendlich geht es bei U-Mannschaften vor allem darum, welche Spielerinnen oben in der Frauen-Nationalmannschaft ankommen. Ich glaube bei Deutschland sind da schon eins, zwei dabei. Das ist ja immer das Ziel von Maren Meinert, so viele Spielerinnen wie möglich zu unterstützen. Es geht im U-Bereich nicht immer nur um Erfolge, aber es ist natürlich auch schön, wenn man gewinnt.