Zwei Akteurinnen verkörpern Papua-Neuguineas Sportsgeist

Große Sportveranstaltungen sind selten in Papua-Neuguinea und müssen entsprechend gewürdigt werden. Entsprechend groß ist die ansteckende Begeisterung in Port Moresby unmittelbar vor dem Auftakt der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2016 am Sonntag.

Im Kader von Papua-Neuguinea stehen Spielerinnen aus den verschiedensten Regionen des Landes, das mit wunderschönen Küsten, zerklüfteten Berglandschaften und unzähligen kleinen Inseln rund um die Haupt-Landmasse herum aufwarten kann. Dass die Teammitglieder aus den verschiedensten Regionen kommen, ist in Papua-Neuguinea keine Selbstverständlichkeit. Denn nicht wenige Regionen des Landes sind sehr entlegen und nur mit langen und beschwerlichen Reisen erreichbar.

Auch daher ist das nun bevorstehende Turnier für alle Mitglieder des Kaders ein einzigartiges Ereignis. Zwei Spielerinnen haben einen ganz besonders untypischen Weg hinter sich, nämlich Nicollete Ageva und Joy Tsuga. Beide haben enge Bindungen nach Bougainville, einer autonomen Inselprovinz im Nordosten von Papua-Neuguinea, in der es zeitweise zu gewalttätigen Unruhen kam.

Ein überraschender GlücksfallAgeva kickte mit einigen Schulfreundinnen einen Ball herum, als ihr Leben eine ebenso unerwartete wie glückliche Wendung nahm. Denn die große und schnelle Stürmerin fiel einer Trainerin des Just-Play-Förderprogramms der OFC auf und erhielt daraufhin eine Empfehlung für ein Probetraining mit der Nationalmannschaft. Das ist gerade mal ein Jahr her, doch seitdem hat sich vieles im Leben der schüchternen 18-Jährigen verändert.

"Als ich das erste Mal zur Nationalmannschaft kam, hatte ich regelrecht Angst vor den anderen Spielerinnen", sagte Ageva gegenüber FIFA.com. "Ich bin die ganze Zeit in meinem Zimmer geblieben. Aber jetzt bin ich ein ganz anderer Mensch!"

Ageva beeindruckte im Trainingszentrum des Verbandes in Goroka auch die Nationaltrainerin, die ehemalige U.S.-Nationalspielerin Lisa Cole. Nun steht sie mit dem Team von Papua-Neuguinea unmittelbar vor dem Auftaktspiel des Turniers im John-Guise-Stadion, wo die Gastgeberinnen auf keinen Geringeren als Brasilien treffen. Ein größerer Kontrast zu den improvisierten Partien auf dem staubigen Platz in ihrer Heimat ist kaum vorstellbar.

Agevas Eltern haben sich in beträchtliche Unkosten gestürzt, um von Bougainville in die Hauptstadt zu fliegen. "Ich werde bestimmt sehr stolz sein und natürlich auch sehr aufgeregt", so Ageva über ihre Emotionen am großen Eröffnungstag. "Ich will für die Zuschauer mein Bestes geben und  kann das erste Spiel kaum noch abwarten."

Auch Mittelfeldspielerin Tsuga hat Familie in Bougainville, wo sie einige Jahre lebte. Den größten Teil ihres Lebens hat sie allerdings in Port Moresby verbracht. Tsuga stammt aus einer Fussballfamilie: Ihr Vater war für den Verband in Port Moresby in der Schiedsrichterausbildung tätig, ihr Bruder war wie sie ein begeisterter Fussballer. Tragischerweise sind beide in den letzen Jahren verstorben; der Bruder bei einem Verkehrsunfall.

"Der Verlust von zwei Familienmitgliedern ist eine sehr schlimme Erfahrung. Sie bleiben für immer in meinem Herzen", so Tsuga, deren zwei Schwestern ebenfalls leidenschaftlich gern spielen. "Mein jüngster Bruder spielt bisher noch nicht, aber vielleicht wird er ja noch klug genug dafür, wenn er etwas älter ist", frotzelt sie schon wieder mit einem Lächeln im Gesicht. Die kleine Mittelfeldspielerin jedenfalls hat offenbar die nötige Courage für die bevorstehende Herausforderung.

Das Warten hat endlich ein EndeFür die jungen Spielerinnen dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis endlich die Teams aus aller Welt nach Papua-Neuguinea kamen. "Jetzt verändert sich das Gefühl", meint Tsuga, "denn jetzt wird das Turnier bald Realität. Wir haben lange und intensiv trainiert. Die Zeit verging unendlich langsam. Wir alle dachten nur daran, wann es endlich so weit sein würde. Dann kamen wir endlich hier in Port Moresby an und haben all die Sicherheitsvorkehrungen und die anderen Vorbereitungen gesehen. So etwas hat es in Papua-Neuguinea noch nie gegeben. Wir werden das nie vergessen.

Wir sind aufgeregt, wir sind nervös, wir sind stolz. Es ist ein tolles Gefühl, überall die Unterstützung der Menschen zu spüren und Schilder mit Aufschriften wie "Auf geht's, PNG" zu sehen. Wir werden alles tun, um so gut wie möglich zu spielen, damit die Leute stolz auf uns sein können."

Auch die Menschen in Papua-Neuguinea freuen sich auf das Turnier, wahrscheinlich sogar noch mehr als in anderen Nationen, die an derartige Großveranstaltungen gewöhnt sind. Dies wurde nicht zuletzt durch die vielen Gruppen von Einheimischen deutlich, die jedem einzelnen der 15 Gästeteams einen herzlichen Empfang bereiteten. Und auch die Spielerinnen von Papua-Neuguinea empfinden das Turnier trotz oder gerade wegen ihrer jungen Jahre als etwas ganz Besonderes "Es ist toll, dass so viele Menschen in unser Land kommen", so Ageva. "Ich kann den wahren Sportsgeist spüren, den Geist des Fussballs. Das ist ein wirklich aufregendes Gefühl."

Die FIFA und die UNICEF werden gemeinsam mit den an der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft teilnehmenden Teams darauf hinarbeiten, sportliche Champions zu entwickeln, die zusammenstehen und gegen Gewalt Stellung beziehen. Die Kampagne #ENDviolence zielt auf darauf ab, bei Mädchen und Jungen, Frauen und Männern in der gesamten Gesellschaft Respekt, gegenseitiges Verständnis und Toleranz zu erzeugen – mit dem Endziel, die Risikofaktoren für geschlechtsbasierte Gewalt im Pazifik zu senken. Mehr dazu HIER.