Donnerstag 17 November 2016, 09:42

Eine erfolgreiche Woche für die Gerhardts

Es war zweifelsohne eine Woche, die die Familie Gerhardt noch lange in Erinnerung behalten wird. Am Dienstag gab Yannick im Freundschaftsspiel gegen Italien sein Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft der Männer, zwei Tage später bot seine vier Jahre jüngere Schwester Anna rund 13.500 Kilometer entfernt eine großartige Leistung bei der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2016.

Im zweiten Gruppenspiel gegen Mexiko gab sie bei allen drei deutschen Toren die Vorlage – und wie. Immer wieder wirbelte sie auf dem linken Flügel die gegnerische Defensive durcheinander. "Sie ist bei uns in der Spitze von den Gegnern kaum zu stoppen", schwärmt Trainerin Maren Meinert gegenüber FIFA.com. "Im ersten Spiel gegen Venezuela war sie für mich die beste Spielerin auf dem Platz. Gegen Mexiko war es erneut eine sehr gute Leistung. Sie ist nicht nur schnell, sondern sucht inzwischen auch mal den Abschluss."

So geschehen bei der deutschen Führung, als Gerhardt von links in den Strafraum eindrang und mit rechts abschloss. Torhüterin Emily Alvarado konnte nur abblocken und Deutschlands Nummer 2 bewies ein gutes Auge, als sie, statt selbst zu schießen, für die besser postierte Stefanie Sanders auflegte, die aus kurzer Distanz nur noch den Fuß hinhalten musste. "Natürlich freue ich mich, dass das so gut geklappt hat. Drei Vorlagen in einem Spiel sind toll, aber viel wichtiger sind die drei Punkte. Diese Art von Spiel über den Flügel ist einfach meine Stärke", gibt sich die Hochgelobte in den Katakomben des National Football Stadiums von Port Moresby bescheiden. "Es ist großartig, dass wir den Sieg so sicher einfahren konnten. Wir sind super zufrieden mit den beiden Erfolgen und wollen nun auch den dritten Sieg, um mit einem positiven Gefühl ins Viertelfinale zu gehen."

Bereits mit elf Jahren schloss sich die Mittelfeldspielerin dem 1. FC Köln an und schaffte es dort bis ins Bundesliga-Team. Seit diesem Sommer schnürt sie für den Ligarivalen und amtierenden deutschen Meister FC Bayern München die Fussballschuhe.

Moment mal: von der Außenposition mit dem Ball am Fuß mit Geschwindigkeit Richtung Strafraum laufen, Gegenspieler ausdribbeln und entweder direkt selbst abschließen oder in die Spitze passen? Und das von einem Akteur des FC Bayern? Das kommt einem doch bekannt vor. Genau! Arjen Robben. Der niederländische Weltklasse-Außenspieler ist berüchtigt und gefürchtet für jene Alleingänge. Kein Wunder, dass auch Gerhardt genau ihn als Vorbild nimmt. "Wenn ich es schaffe, dann schaue ich mir ihn schon gerne an, auch wenn er von rechts kommt und ich von links. Aber ich mag ebenfalls die Spielweise von David Alaba."

Der Österreicher ist Außenverteidiger, genau wie Gerhardt lange Zeit in den DFB-Juniorenteams. Daher auch die, für eine Außenstürmerin ungewöhnliche, Rückennummer 2. "Im Verein habe ich schon immer links in der Offensive gespielt, bei der Nationalmannschaft immer rechts hinten. Das hat sich nun geändert." Eine kluge Entscheidung von Meinert, wie sich bereits nach zwei Spielen in Papua-Neuguinea herausgestellt hat.

Mit Bruder Yannick, übrigens ebenfalls Außenverteidiger, steht Anna in regem Kontakt und natürlich saß auch er am frühen Freitagmorgen in Deutschland vor dem Fernseher, um seiner Schwester die Daumen drücken. Auf die Frage, wer denn von beiden nun besser Fussball spielen würde, gab sich Anna zum Abschluss des Interviews ganz diplomatisch. "Ich habe ihm als ich kleiner war natürlich schon etwas nachgeeifert, aber inzwischen würde ich mal sagen, dass wir gleichstark sind", erklärt die 18-Jährige mit einem Lachen und entschwindet im Mannschaftsbus.